Frust

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Marec brachte es tatsächlich fertig, sich eine ganze Woche nicht zu melden. Erst als er am nächsten Donnerstag auf dem Weg nach Assen zum ersten Saisonrennen des Junior Cups war, schickte er mir eine Nachricht. Er fragte, ob ich am Wochenende da sein würde. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich nur für ihn vermutlich nicht nach Assen gefahren wäre. Aber da mein Bruder auch an den Start ging und ich meine Familie wiedersehen wollte, nahm ich die Fahrt von zwei Stunden auf mich.
Allerdings erst am Freitag, denn die Vorlesungen waren wieder losgegangen und ich hatte mir zumindest vorgenommen, diese konsequent zu besuchen. Freitags war aber schon um 15 Uhr Schluss, sodass ich gegen 17 Uhr an der Strecke sein konnte.
Die Fahrt verlief reibungslos und mit meinem Parkticket kam ich direkt bis an den Tunnel, der ins Fahrerlager führte. Dort war ein großer Parkplatz für die Begleitfahrzeuge. Durch den Tunnel musste ich dann zu Fuß gehen, aber das war kein Problem und dank meines Tickets durfte ich auch problemlos ins Fahrerlager. Das teilten sich die Rahmenklassen hier sogar mit den Fahrern und Teams der World Superbike (WSBK). Diese war so was wie die zweite große Weltmeisterschaft neben der MotoGP, nur dass hier keine Prototypen, sondern seriennahe Superbikes gefahren wurden. Die MotoGP war deutlich bekannter. Wahrscheinlich wurden deswegen dort die Fahrer vom Rahmenprogramm abgeschottet.
Als ich unser Teamzelt erreichte, begann gerade die Vorbereitung auf das erste Qualifying. Da der Junior Cup im Rahmenprogramm unterwegs war, gab es nur wenige Sessions für die Fahrer. Deshalb begann es am Freitag sofort mit dem ersten Qualifying, was für Fahrer, die sich auf neuen Strecken schwertaten (wie Flo) gar nicht so einfach war. Der Junior Cup bekam jeden Tag genau einen Turn und das war jeweils der letzte des Tages. Am Sonntag war dieser dann das Rennen.
Damit er sich nicht wieder beschweren konnte, ging ich direkt nach dem Abstellen meiner Tasche rüber zu Marec, um ihn zu begrüßen. Aber ich blieb nicht lang, denn auch er musste sich vorbereiten.
Flo steckte schon komplett in seiner Lederkombi und machte ein paar Dehnübungen, als ich zurückkam. Die KTM lief warm und der Helm lag neben seinen Handschuhen bereit. Über das bluetoothfähige Radio im Zelt lief die typische Playlist mit allerlei Clubmusik, welche Flo vor einem Turn gerne hörte.
Es war komisch in der Boxengasse einer MotoGP-Strecke zu stehen, aber kein einziges MotoGP-Motorrad um sich herum zu haben. Ja, auch die WSBK war eine Weltmeisterschaft, aber es war trotzdem anders. Für Flo ging hier gerade ein kleiner Traum in Erfüllung. Im Gegensatz zu mir, die ich Vale und inzwischen vielleicht auch Luca und Fabio als meine Lieblingsfahrer bezeichnete, war er riesiger Tom Sykes-Fan. Aber ehrlich gesagt kannte ich mich da nicht so aus wie in der MotoGP.
Immerhin hatten die Teams hier auch Bildschirme an der Boxenmauer, über die wir das erste Qualifying verfolgen konnten. Wie schon erwartet brauchte Flo relativ lange, um sich auf die Strecke einzustellen. Aber bei Marec lief es auch nicht viel besser, obwohl er die Strecke schon kannte. Am Ende von Q1 stand Marec auf Platz 11 und Flo war 13., aber die beiden konnten sich ja morgen in Q2 noch mal verbessern.
Nach dem Turn nahm ich mir viel Zeit, um mit meiner Familie zu essen. Flo und Papa wollten gleich noch ein paar Kleinigkeiten am Motorrad verbessern. Mama würde sich wahrscheinlich mit Marecs Mutter zusammen setzen. Da kam dann meist auch noch Felix' Mutter dazu. Kilian war meistens nur mit seinem Vater unterwegs und da würde es auch nicht mehr lang dauern, bis der sich zu Papa setzte.
Ich war ein wenig überrascht, als Felix zielstrebig unser Zelt ansteuerte. Wir verstanden uns zwar gut und vielleicht war das auch eine lockere Freundschaft, aber wir waren nicht so eng, dass wir gezielt zu dem anderen gingen. Wir hatten halt über gemeinsame Freunde (vor allem Kilian und Marec) relativ viel miteinander zu tun.
Doch als hinter ihm auch Kilian, Marec und noch zwei weitere Fahrer, die manchmal mit uns rumzogen, auftauchten, war die Überraschung nicht mehr so groß. Vielleicht hatte Marec ja endlich mal so was wie Sehnsucht.
„Wir wollen 'ne Runde drehen. Kommst du mit?", fragte Kilian gerade heraus. So war er schon immer gewesen. Ich nickte: „Ja, klar. Ich hol mir noch eben eine Jacke und was zu trinken." Und damit meinte ich eindeutig Alkohol.
Im Wohnwagen nahm ich mir eine große Dose Energy Drink aus dem Kühlschrank und füllte etwa die Hälfte ihres Inhaltes in einen Becher. Dann nahm ich mir den Wodka aus dem Eisfach und kippte sowohl in die Dose als auch in den Becher einen ordentlichen Schluck davon. Aus beiden Gefäßen probierte ich einen ganz kleinen Schluck, um die Stärke abzuschätzen. Die war aber ziemlich gleich geraten, also war es egal, welche ich mir nahm.
Schließlich zog ich mir noch eine Jacke an und ging dann wieder nach draußen. Den Becher stellte ich neben Papa ab, der sich bedankte, ohne den Blick vom Motorrad zu heben. Flo studierte noch ein wenig den Streckenplan und die Zeitenlisten. Er war da sehr gewissenhaft, aber wenn er wollte, konnte auch er sich auch jederzeit problemlos mit seinen Kumpels im Fahrerlager treffen. Niemand zwang ihn dazu, sich auch abends noch über seine Unterlagen zu setzen.
„Okay gehen wir.", meinte ich, als ich wieder zu den Jungs und jetzt auch Gina stieß. Wir Mädels ließen die Jungs vor gehen und folgten ihnen mit etwas Abstand. Gina war etwas größer als ich und etwa gleichalt. Wir beide hatten jetzt das erste Semester unseres Studiums hinter uns.
Irgendwie verlief unser Gespräch recht schnell in eine unerwartete Richtung. Gina outete sich als Marquez-Fan, doch da sie anscheinend nichts von Luca und mir wusste, erzählte ich ihr das auch nicht. Als es jedoch um Fabio ging, waren wir uns schnell einig. Allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Ich kannte ihn und würde mich deshalb durchaus als Fan bezeichnen. Gina war er in seiner ersten Moto3-Saison aufgefallen.
Wie es der Zufall wollte, kündigte mein Handy eine Nachricht von Fabio an.

Hey, wie schaut's aus? Wie ist denn der erste Tag für deinen Bruder gelaufen?

„Soll ich ihn mal anrufen?", fragte ich unvermittelt und brachte Gina damit ein wenig aus dem Konzept. „Äh was? Sprechen wir noch über denselben Fabio?" „Klar.", zuckte ich mit den Schultern und wählte seine Nummer für einen Videoanruf.
Es klingelte gerade zwei Mal, dann erschien sein Gesicht auf meinem Handybildschirm. „Na, was ist los? Wenn du mich anrufst, ist doch immer was im Busch.", grinste er verschmitzt.
Heute ist es ganz harmlos. Versprochen.", lachte ich, „Ich habe einen Fan von dir gefunden." Er zog die Augenbrauen nach oben und fragte gespielt ernst: „Ich habe Fans?" „Na mich auf jeden Fall! Weißt du doch!", gab ich zurück und er ließ sich lachend nach hinten umfallen.
Als er wieder im Bild auftauchte, drehte ich mein Handy so, dass er auch Gina neben mir sehen konnte. „Das ist Gina. Sie fährt gegen meinen Bruder." „Hi, Gina.", Fabio winkte ihr grinsend. Er hatte heute wohl gute Laune. Gina war etwas perplex und brachte kaum ein „Hi" heraus.
Doch Fabio achtete nicht weiter darauf, sondern bohrte noch mal nach: „Apropos Flo, jetzt erzähl schon, wie es heute lief!" „Na ja, es ging schon. Er braucht halt immer ein Stück auf neuen Strecken.", ich zuckte mit den Schultern und Fabio nickte verstehend: „Ja, hattest du schon mal erwähnt."
Dann wandte er sich an Gina: „Und du fährst auch?" Sie nickte nur. „Wie cool!", fand Fabio, „Ich kenne kaum Mädels, die Motorradfahren." Gina war offensichtlich sprachlos.
Och, also damit hat Flo ständig zu tun.", schmunzelte ich, „Aber er ist einfach zu sehr Gentleman und überholt keine Mädchen." „Oder er schaut sich einfach gern hübsche Hintern an.", kommentierte Fabio trocken. Gina prustete los und auch ich stimmte in ihr Lachen ein.
Fabio grinste uns breit an und stand von seiner Couch auf. Ich kannte von unseren regelmäßigen Videotelefonaten inzwischen den Weg von seinem Wohnzimmer in die Küche. Allerdings war der Anblick, der sich uns dort bot, eher selten. Fabio hob den Deckel von einem Topf dort auf dem Herd und rührte darin herum.
Wo steckt eigentlich Aurelie?", fragte ich ihn. „Steht im Stau.", seufzte Fabio, „Deswegen versuche ich hier die Suppe hinzukriegen, aber ich glaube nicht, dass das da schmeckt."
Gina tippte mich unauffällig an, um mich dann leise flüsternd zu fragen: „Wer ist Aurelie?" „Seine Freundin.", gab ich genauso leise zurück, obwohl er uns eh nicht verstanden hätte. Er stellte sich mit Deutsch ungefähr genauso blöd an wie ich mit Französisch.
Hast du mal wieder was von Luca gehört?", fragte Fabio unvermittelt. Ich spürte, dass mir die Farbe aus dem Gesicht wich. „Du weißt doch, dass ich keinen Kontakt mehr zu ihm habe." „Ich weiß, dass du ihm auf seine Nachricht nicht geantwortet hast.", entgegnete Fabio. „Ich wusste nicht, was ich schreiben sollte!", verteidigte ich mich, „Es kam mir alles falsch vor."
Er winkte ab: „Hätte ja sein können, dass Valentino was erzählt hat. Mit dem schreibst du doch noch, oder?" Ich nickte und Fabio hakte weiter nach: „Hatte er dir eigentlich gesagt, was mit Luca war?" „Jein. Hat wohl immer noch Probleme mit der Schulter.", viel mehr wusste ich ja auch nicht. „Was hatte Luca da eigentlich?", fragte der Franzose weiter.
Ich wollte ihm gerade antworten, als Marec in meinem Blickfeld auftauchte. Mit einem Schritt stand er zwischen Gina und mir. Aus den Augenwinkeln konnte ich ihr Augenverdrehen sehen, doch man hörte ihrer Stimme nichts an, als sie sagte: „Ich bin mal eben bei den anderen."
„Mit wem sprichst du?", wollte Marec wissen. „Fabio.", antwortete ich knapp. Marec zog die Augenbrauen zusammen und fragte skeptisch: „Warum?" „Weil wir befreundet sind." „Aber er ist auch mit dem Marini befreundet.", das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Ich nickte: „Ist er." Sein Gesichtsausdruck wurde noch ein gutes Stück finsterer.
„Bist du etwa eifersüchtig?", fragte ich ihn. Ich konnte mein Unverständnis nur schwer verbergen. Da benahm er sich wie der letzte Idiot und meldete sich ewig nicht und dann war er eifersüchtig, weil ich mit Fabio sprach. Das sollte verstehen wer will.
„Quatsch!", widersprach er heftig, „Ich hätte halt auch gerne was von dir, wenn wir uns schon so wenig sehen." Ich seufzte und wandte mich endlich wieder an Fabio: „Entschuldige bitte, Marec hätte gern ein bisschen Aufmerksamkeit." Diese kleine Spitze konnte ich mir nicht verkneifen. Fabio rührte noch immer in seiner Suppe und wirkte absolut nicht böse: „Alles gut, Aurelie ist sowieso in fünf Minuten hier. Lass uns die Tage noch mal reden." „Klingt gut. Bis dann.", verabschiedete ich mich.
„Warum ruft der dich an?", fragte Marec sofort, als ich mein Handy in die Hosentasche steckte. Ich seufzte und nahm erst einen Schluck von meinem Getränk, bevor ich ihm antwortete: „Ich habe ihn angerufen. Gina hat mir erzählt, dass sie ein Fan von ihm ist, also haben wir uns ein bisschen mit ihm unterhalten."
Skeptisch musterte er mich: „Und warum hat ihr dann über Marini gesprochen?" „Könntest du ihn bitte beim Vornamen nennen?", genervt rieb ich mir über die Nasenwurzel, „Luca ist verletzt und Fabio wollte wissen, ob ich von Valentino etwas Neues gehört habe." „Mit dem hast du auch noch Kontakt?", Marec wirkte überrascht. Ich nickte einfach nur und erzählte ihm nicht, dass Valentino und ich noch immer täglich Nachrichten austauschten.
Es war Felix, der eher zufällig die Situation auflöste. „Hey ihr zwei, wollt ihr mit aufs Gruppenselfie?" „Ja, wir kommen!", rief ich ihm zu und setzte mich in Bewegung. Marec hielt problemlos mit mir Schritt und zischte mir noch ins Ohr: „Darüber sprechen wir noch mal." „Ist klar.", gab ich zurück.
Nachdem einer der Jungs uns dank seines Selfiesticks sogar alle aufs Foto bekommen hatte, suchten wir uns eine Ecke im Fahrerlager, die relativ ruhig war. Erstens störten wir hier niemanden und zweitens gab es einige Poller, auf die wir uns setzen konnten.
Kilian hatte seinen Bluetooth-Lautsprecher dabei und ließ im Hintergrund natürlich in Fahrerlager gerechter Lautstärke etwas Musik laufen.
Besitzergreifend legte Marec seine Arme um mich und sein Kinn auf meiner Schulter ab. Ich folgte den Gesprächen um mich herum nur bedingt.
Doch als ich meinen Namen aufschnappte, horchte ich auf. Einer der Jungs, mit denen wir nicht regelmäßig unterwegs waren, Ronny, hatte Marec gefragt, wieso wir beide denn jetzt so plötzlich doch Interesse füreinander hätten. „Hast du sie dir mal genau angeschaut?", entgegnete Marec, „Wie kann man daran bitte kein Interesse haben?" Dabei schob er mich ein paar Zentimeter von sich und deutete auf meinen Körper.
„Marec", ich befreite mich aus seinem Griff, „lass das." Doch anscheinend interessierte ihn mein Protest äußerst wenig: „Komm schon, Süße. Die anderen können ruhig neidisch sein. Immerhin können die nicht von sich behaupten, dich als Freundin zu haben." „Wenn du so weiter machst, du auch nicht mehr lange.", nuschelte ich vor mich hin, doch es schien nicht so, als hätte er es gehört.
Felix versuchte, das Thema zu wechseln: „Was machst du jetzt eigentlich, Vanessa? Du hast doch letztes Jahr dein Abi gemacht, oder nicht?" „Ja, genau. Ich studiere jetzt in Gelsenkirchen Journalismus und PR." „Ist das nicht cool?", fuhr Marec dazwischen. Felix verdrehte nur die Augen und wandte sich lieber wieder an Kilian.
Und so ging der ganze Abend weiter. Wann immer ich mich mit jemandem unterhalten wollte, funkte Marec dazwischen. Er hatte ein unglaubliches Talent dafür, mich in unangenehme Situationen zu bringen.
So kam es auch, dass ich auf dem Weg zurück zu unseren Wohnwagen wenig gesprächig war. Marec versuchte die ganze Zeit, mir irgendwas zu erzählen. Aber ich hörte ihm nicht weiter zu.
Stattdessen unterbrach ich ihn irgendwann: „Sag mal, ist dir eigentlich klar, wie mies du dich manchmal benimmst?" „Was meinst du?", Marec stand eindeutig auf dem Schlauch. „Du unterbrichst deine Freunde, redest ständig dazwischen, wenn ich mich mit jemandem unterhalten möchte, hörst nicht zu", zählte ich auf, „und fährst mir regelmäßig über den Mund."
„Es ist einfach ungewohnt, hier meine Freundin mit an der Strecke zu haben.", zuckte er mit den Schultern, doch ich durchschaute ihn: „Ganz miese Ausrede, mein Lieber." „Ist ja schon gut.", seufzte er, „Vielleicht bin ich ein bisschen eifersüchtig." Das kam überraschend. „Eifersüchtig?" „Ja, das kannst du mir doch nicht übel nehmen.", er schlug einen komischen Tonfall an, „Ich meine, wir haben so lange gebraucht, um uns zu finden, da will ich dich nicht schon wieder an einen anderen verlieren." Wenn die Situation nicht so skurril wäre, wäre es lustig.
Aber so blieb mir der Mund offen stehen. „Du... Also... Ich... Du hast dich eine Woche lang nicht gemeldet und erzählst mir jetzt, dass du eifersüchtig bist." Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
Doch auch dafür hatte Marec die passende Ausrede: „Ich war mit ein paar Freunden feiern und hab da mein Handy verloren." Ich glaubte ihm nicht.
Trotzdem winkte ich ab und meinte: „Komm, lass uns einfach schlafen gehen." „Okay. Wir sehen uns morgen.", stimmte er zu. Ein wenig zaghaft machte ich einen Schritt auf ihn zu, doch Marec zögerte keine Sekunde. Er zog mich in seine Arme und küsste mich ein bisschen zu stürmisch. Sobald sich mir die Möglichkeit bot, löste ich mich von ihm und ließ ihn stehen.
Als ich endlich im Bett lag, starrte ich noch eine ganze Weile frustriert an die Decke. Meine Befürchtungen bestätigten sich wohl doch noch. Mit Marec war einfach kein vernünftiges Gespräch zu führen. Zumindest keines, dass uns in dieser Beziehung vorangebracht hätte.
Vermutlich war es einfach ungünstig, so ein Gespräch mit ihm hier an der Strecke führen zu wollen. Ich hatte ja schon vor einigen Jahren festgestellt, dass er hier unter den anderen Fahrern seine Maske nie ablegte.
Viel erschreckender empfand ich die Erkenntnis, dass ich ihm anscheinend absolut nicht vertraute. Luca hätte ich jede dieser Ausreden geglaubt, wobei er sich wahrscheinlich eh niemals so verhalten hätte, dass solche dämlichen Ausreden nötig geworden wären.
Ich quälte mich noch lange mit den Gedanken, wie wir diese Beziehung zum Funktionieren bringen könnten. Doch solange sich an Marecs Verhalten sich nicht grundlegend etwas änderte, wusste ich nicht, ob ich überhaupt Lust hatte, dafür zu kämpfen. Vielleicht hätte ich ihm einfach nie diese Chance geben sollen.

Leider wurde auch der nächste Morgen nicht besser. Da wir bis zum späten Nachmittag quasi nichts zu tun hatten, schliefen wir deutlich länger als normalerweise an der Strecke. Nach dem Aufstehen und einem gemütlichen Frühstück beobachtete ich Marec von unserem Zelt aus.
Er sah nicht so aus, als hätte er gestern noch lange über meine Worte nachgedacht. Seine Laune erschien mir auch blendend. Super, also machte ich mir wieder die Gedanken. Wahrscheinlich erwartete er, dass ich ihm nachher einfach die Lösung auftischte. Oder dass ich plötzlich wieder gute Laune hatte und den Abend gestern einfach vergaß.
Grummelnd zog ich meine Jacke enger um mich und drehte ihm den Rücken zu.

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