Anfangs waren wir noch ziemlich zurückhaltend. Doch schon nach einem halben Tag kamen meine neue Kollegin und ich ins Gespräch. Wir gingen schließlich sogar zusammen in die Mittagspause.
Diana studierte in Siegen und interessierte sich auch ein wenig für Motorsport. Allerdings bei weitem nicht so ausgeprägt wie ich. Aber sie hörte mir fasziniert zu, als ich ihr von meinem Bruder erzählte.
Irgendwann schwärmte ich ihr vom Sachsenring vor. Zwangsläufig kam da die Sprache auch auf Luca. Schon als ich ihr von unserem Blickwechsel während des Qualifyings meines Bruders erzählte, war sie begeistert. Diese Begeisterung steigerte sich sogar noch weiter, sie wurde total euphorisch, während ich den Tag mit Luca nochmal durchlebte.
Auch jetzt wieder raubte mir allein die Erinnerung daran den Atem. Mit einem traurigen Seufzen endete ich: „Und jetzt sehe ich ihn wohl nie wieder."
„Wieso?", sie schien verwirrt, „Habt ihr keine Nummern getauscht? Ich meine, nach so einem Tag..." Ich schüttelte stumm den Kopf. Diana entgleisten die Gesichtszüge. Sie brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen, bevor sie meinte: „Wieso nicht? Das heißt dann ja, ihr habt gar keinen Kontakt mehr. Gibt's denn keine Chance, ihn nochmal zu sehen?"
„Doch, doch. Die Chance gibt es. Aber sie ist halt wirklich klein.", seufzte ich und band ihr meine Sorgen auf die Nase, „Ich fahre in zehn Tagen nach Österreich. Da ist das nächste Rennen. Ich habe dann auch mal die Möglichkeit, ins Fahrerlager zu kommen. Aber trotzdem ist die Chance, ihn da zu treffen, ziemlich gering."
Frustriert stöhnte Diana auf: „Das ist ja echt blöd." Ich konnte ihr da nur zustimmen. Es war am besten, wenn der kleine Funke Hoffnung, der in meiner Brust aufkeimte, möglichst klein gehalten wurde. Dann war ich nicht so enttäuscht, wenn ich Luca am Ende nicht sah.
Wem machte ich eigentlich etwas vor? Natürlich wäre ich enttäuscht, vor allem weil die nächste Möglichkeit eben ein Jahr entfernt lag.
„Und...", Diana überlegte angestrengt, „...wenn du versuchst, ihn irgendwie über den Sender hierher zu kriegen?" „Keine schlechte Idee.", musste ich zugeben, „Aber es ist bei einem Lokalsender und einem italienischen Motorradfahrer ein bisschen schwierig, das unter einen Hut zu bringen." „Ach, das sollte das kleinste Problem sein.", zwinkerte Diana und steckte sich eine Pommes in den Mund.
Zufällig fiel mein Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk. „Oh Mist! Beeil dich, Diana. Wir müssen in fünf Minuten wieder im Sender sein!"
Hastig trank ich meine Cola aus und stand schon von der Bank in der Fußgängerzone auf, auf der wir zum Essen gesessen hatten. Diana stopfte die letzten Reste ihrer Pommes in sich hinein und gesellte sich dann zu mir. Gemeinsam traten wir den Rückweg zum Sender an.
Zum Glück war der Weg nicht weit, sodass wir gerade noch pünktlich in der Redaktion ankamen.
Außer Atem, und das vor allem vom Lachen, ließen wir uns auf unsere Plätze sinken und machten uns ans Werk.
„Klingt ja wirklich nett.", ich hatte gerade meiner besten Freundin von Diana erzählt. „Du würdest sie mögen.", fand ich und stellte mich mit meinem Handy am Ohr ans Fenster. Draußen auf der Straße herrschte immer noch ein reges Treiben. Ich war froh, dass ich den Tag hatte hinter mir lassen können. Die Arbeit war echt anstrengend gewesen und hatte sich zum Ende hin endlos in die Länge gezogen. Ich war wirklich müde und nur dem Anruf von Lilia war es geschuldet, dass ich jetzt noch wach war.
Doch es tat gut, mit ihr zu sprechen. Sie fehlte mir hier und ihre ständige gute Laune munterte mich doch tatsächlich noch ein bisschen auf.
Seufzend kroch ich zurück ins Bett und unter meine warme Decke.
„Du, mal was Anderes.", sagte sie dann unvermittelt, „Du hattest mir geschrieben, dass Marec letztens bei dir war. Was wollte er?"
Marecs Besuch hatte ich schon fast wieder vergessen. Ich musste mir die Erinnerungen erst wieder ins Gedächtnis rufen, bevor ich ihr in allen Einzelheiten vom Besuch meines besten Freundes berichten konnte.
Sie hörte mir aufmerksam zu, gab am anderen Ende der Leitung keinen Ton von sich. Erst als ich geendet hatte, blies sie geräuschvoll die Luft aus ihren Wangen und meinte dann: „Also wenn du mich fragst, steht er auf dich." Die Worte mussten kurz sacken, doch als mir langsam klar wurde, was sie da gerade von sich gegeben hatte, brach ich in schallendes Gelächter aus. „Niemals!", ich musste nach Luft schnappen, „Marec will nichts von mir." „Das hätte ich dir vor ein paar Wochen auch noch genauso unterschrieben. Aber in letzter Zeit benimmt er sich ziemlich seltsam, findest du nicht?" Ich seufzte: „Naja..." Ein paar Auffälligkeiten gab es da schon. Aber ich konnte trotzdem nicht glauben, dass Marec auf mich stehen könnte.
Lilia wusste nichts von den Gefühlen, die ich für ihn gehabt hatte, sie ahnte es höchstens. Sie wusste also auch nicht, dass er mich schon einmal hatte abblitzen lassen. Sie konnte also auch nicht wissen, welches Chaos sie gerade mit ihren Worten in mir hinterließ.
Meine wirren Gedanken wurden von einem herzhaften Gähnen meinerseits unterbrochen. Lilia lachte mir leise ins Ohr und sagte dann: „Ich glaube du solltest ins Bett." Ein wenig verpeilt nickte ich.
„Wie gut, dass ich dich schon so lange kenne und ganz genau weiß, dass du eben genickt hast.", lachte sie, „Also dann, gute Nacht. Schlaf gut. Und Vanessa, denk über meine Worte nach. Vielleicht liege ich ja auch falsch, aber er benimmt sich schon ziemlich auffällig."
Doch nachdem sie aufgelegt hatte, blieb mir keine Minute mehr, um über irgendwas nachzudenken. Ich war fast sofort eingeschlafen.
Dafür ließ mich der Gedanke den ganzen nächsten Tag nicht los. Weder bei der Arbeit, noch später nach Feierabend wieder im Hotel.
Allerdings kam ich am Ende doch zu dem Schluss, dass es mehr als unwahrscheinlich war, dass Marec mehr als freundschaftliche Gefühle für mich hatte. Und das war auch gut so.
Eine Freundschaft konnte an Gefühlen schnell zerbrechen. Marec dagegen wollte ich auf keinen Fall verlieren. Schon gar nicht als meinen besten Freund. Deshalb gehörten hier einfach keine Gefühle hin.
Damit versuchte ich, das Thema für mich abzuhaken und mich auf andere Dinge zu konzentrieren.
Mit einem Blick auf den Kalender stellte ich fest, dass es noch neun Tage waren, bevor ich meine Reise nach Österreich antreten würde.
Ich kramte einen Stift aus meiner Tasche und kreiste deutlich den nächsten Donnerstag ein. Dann zog ich ein dickes Kreuz über den heutigen Tag.
Leicht vor ich hin lächelnd trat ich einen Schritt zurück und betrachtete mein Werk.
Schließlich räumte ich den Stift wieder weg und schaltete den Fernseher an. Vielleicht lief ja irgendwas Interessantes.
Leider war dem nicht so. Deshalb aktivierte ich dann doch noch meinen Laptop und surfte durchs Internet. Aber auch Facebook hatte nicht viel Spannendes zu bieten. Frustriert wollte ich den Laptop schon wieder zuklappen.
Doch ich hielt inne. Vielleicht konnte ich ja einen Italienischkurs finden. Also suchte ich nach allen Arten von Kursen hier, in Gelsenkirchen (weil ich ja dort studieren wollte) und auch online.
Ich wurde vom Klingeln meines Weckers geweckt. Der Laptop lag noch immer aufgeklappt auf meinen Beinen. Seufzend klappte ich den Deckel zu und legte ihn zur Seite. Da war ich wohl gestern beim Suchen eingeschlafen.
Nur eine halbe Stunde brauchte ich, um mich für die Arbeit fertig zu machen. Der Verkehr in der Stadt war um diese Uhrzeit echt unerträglich. Da war es besser möglichst früh loszufahren, um dann auch wirklich pünktlich da zu sein. Aber ich hatte noch genug Zeit, um ein weiteres Kreuz in meinem Kalender zu machen.
Seitdem Diana da war, waren die Arbeitstage deutlich lustiger. Wir hatten schnell ein System gefunden, um uns die Arbeit sinnvoll zu teilen und das so, dass keiner Überstunden schieben musste.
Das bedeutete für mich, dass ich am Abend mehr freie Zeit hatte, die ich irgendwie füllen musste.
Ich surfte wieder eher lustlos durch Facebook, als mein Handy eine neue Nachricht ankündigte. Sie war von Marec.
- Wenn du in Österreich dabei bist, willst du dann wieder meinen Schirm halten? -
Ich stutzte kurz. Zu seinen Minibike-Zeiten hatte es da nie eine Frage gegeben. Aber jetzt schien irgendwie alles anders auszusehen.
- Klar mach ich das! -
Ganz kurz überlegte ich, ob ich nicht doch lieber bei meinem Bruder stehen sollte, doch da war die Nachricht schon verschickt.
Marecs Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
- Super! Vielleicht kannst du ja das süße, blaue Kleid anziehen. Das, was du damals in Schlüsselfeld schon mal anhattest ;) -
Das war neu. Seit wann interessierte sich Marec für mein Outfit? Und vor allem: seit wann merkte er sich, wann ich welches Kleid trug?
Ganz kurz hatte Lilias Worte wieder im Ohr, doch dann schüttelte ich den Kopf. Ich schickte ihm noch eben ein Daumen-hoch-Emoji und legte das Handy dann beiseite, um zu schlafen.
Noch eine Woche bis Österreich! Ständig hatte ich diesen Gedanken im Kopf und ständig raubte er mir in der Redaktion die Konzentration. Meine Finger hatten am Morgen sogar leicht gezittert, als ich ein weiteres Kreuz auf meinen Kalender setzte.
Seitdem ich Feierabend hatte drängte alles in mir auf Bewegung. Also zögerte ich heute gar nicht lange, sondern zog mich um und ging raus zum Joggen.
Im kühlen Schatten der Bäume und mit dem leichten Wind des Abends um die Nase war das Laufen tatsächlich sehr angenehm. Ich merkte, dass ich mich langsam an meine abendliche Runde gewöhnte und irgendwie wollte ich sie nicht wieder aufgeben. Und das obwohl ich doch sonst ein totaler Sportmuffel war!
Aber beim Laufen bekam ich den Kopf so frei wie sonst selten. Zumindest schlichen sich nur die angenehmen Gedanken in den Vordergrund und das war im Moment überdeutlich Österreich.
Allerdings war ich durch meine Gedanken auch so abgelenkt, dass ich gar nicht mehr richtig auf den Weg vor mir achtete. Und so kam es, wie es kommen musste. Ich übersah eine Wurzel, die vom Wegesrand bis in die Mitte reichte und stolperte darüber.
Der Schmerz schoss von meinem Knöchel nach oben und ich sackte am Wegesrand zusammen. Vorsichtig besah ich mir meinen Fuß, aber ich konnte nichts entdecken. Es war bestimmt nicht so schlimm. Trotzdem beschloss ich, die Runde lieber abzubrechen und mich auf den Rückweg zu machen.
Ich kam nur langsam voran und konnte einen leisen Fluch hin und wieder nicht unterdrücken. Jetzt wusste ich wieder, warum ich Sport nicht mochte. Da war ich einfach eine Gefahr für mich und meine Umwelt. Um alle meine Sportverletzungen zu zählen reichten meine Finger schon längst nicht mehr aus.
Doch nach einer heißen Dusche sah die Welt schon wieder besser aus. Wenn ich den Fuß hoch lagerte und mit einem kalten Lappen etwas kühlte, dann schmerzte er auch nicht mehr. Er war ja auch nur ein bisschen dick geworden und bewegen konnte ich ihn auch noch.
Der Freitag sollte nochmal alle meine Nerven beanspruchen. Schon beim Aufstehen fiel mir auf, dass der Knöchel inzwischen eine hübsche blaue Färbung angenommen hatte. Aber er tat beim Laufen nicht weh, also konnte es ja nicht so schlimm sein.
In der Redaktion wartete schon ein riesiger Stapel Anweisungen auf meinem Schreibtisch. Meine sonst täglichen Aufgaben gab ich erstmal an Diana weiter, die alles andere als begeistert darüber war. Doch der Stapel verlangte meine Aufmerksamkeit und den zu sortieren würde einige Zeit brauchen.
Damit sollte ich recht behalten. Der Stapel entpuppte sich als ein bunter Mix aus ausgedruckten Emails, Flyern, Artikeln aus Zeitungen und Zeitschriften, Visitenkarten und Zetteln, auf denen in fetter, roter Handschrift entweder Kontaktdaten (ohne Name, versteht sich) oder Anweisungen (bei denen eigentlich nur noch die Schimpfwörter und die Drohungen fehlten) zu finden waren.
Ich sortierte den Haufen erstmal grob auf drei Stapel. „Chef anrufen und fragen, was er damit meint", „in der Redaktion absprechen" und „brauchbar". Letzterer blieb mit Abstand der kleinste Stapel.
Mit dem arbeitete ich aber zuerst weiter. Ich sortierte ihn noch weiter in „Studiogäste", „Beitragsthemen", „Moderation oder Kollegengespräch" und „cool, aber noch keine Idee".
Den Stapel mit den Beitragsthemen gab ich an Diana weiter. Sie sprach dann alles Weitere mit den anderen in der Redaktion ab und kümmerte sich dann um Interviews und weitere Infos.
Um die Studiogäste kümmerte ich mich. Die anderen beiden Stapel legte ich erstmal zur Seite und konzentrierte mich auf den Haufen „in der Redaktion absprechen". Es stellte sich schnell heraus, dass der Großteil davon eher unbrauchbar war und so wanderten gut zwei Drittel dieses Stapels sofort in den Papierkorb.
Auch der dritte Stapel schrumpfte nach einem Anruf beim Chef rapide. Das meiste war eigentlich an die Marketingabteilung gerichtet gewesen und nur zufällig auf meinem Tisch gelandet.
Die Mittagspause verbrachte ich wieder mit Diana. Das war mal eine halbe Stunde Entspannung zwischendurch, bevor der Chef vor der Tür stand und uns über die Schultern schaute.
Ich konnte so nicht produktiv arbeiten. Wenn ständig jemand hinter mir stand und mich beobachtete, machte mich das nervös und unkonzentriert.
Mein Chef war allerdings der Meinung, das wäre so, weil ich in Gedanken schon an der Rennstrecke war. Das brachte ihn doch tatsächlich dazu, nochmal über meinen freien Tag nachzudenken! Doch mit meinem Diskussionstalent, das ich von meinem Vater geerbt hatte, konnte ich ihn davon überzeugen, dass es nicht damit zusammenhing.
Allerdings wollte er dann eine Erklärung dafür haben, warum es so war. Da kam mir mein blauer Knöchel gerade recht.
Dummerweise hatte ich absolut nicht mit der Fürsorge des Chefs gerechnet. Der fuhr mich nämlich kurz vor Feierabend zu einem Arzt und blieb sogar bis das Ergebnis feststand.
Der Knöchel war zum Glück nur verstaucht und mit ein paar Tagen Ruhe sollte die Schwellung und auch die Blaufärbung schnell zurückgehen.
Danach wurde ich endlich in mein wohlverdientes Wochenende gelassen. Ich ging ziemlich früh ins Bett, denn am nächsten Morgen wollte meine Familie auf der Matte stehen.
Flo fiel mir sofort um den Hals. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er jedes Mal wenn ich ihn sah wieder ein Stück gewachsen war.
Nachdem meine Familie ihr Zimmer in der Pension bezogen hatte, suchten wir uns zuerst etwas zu Essen. Da wir aber am Abend bei einer Schulfreundin von Mama eingeladen waren, gab es nur einen kleinen Snack.
Der Abend wurde mit Sophia, Mamas Schulfreundin, und Max, ihrem Mann, sogar ziemlich lustig. Mein Bruder spielte die meiste Zeit mit Barongo, dem Hund der beiden und wir saßen zusammen und genossen das gute Wetter bei einem Glas Wein und einer echten Thüringer Rostbratwurst.
Der Sommer zeigte sich auch am Sonntag von seiner besten Seite.
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Freien setzten wir uns ins Auto und fuhren nach Amsterdam. Das war nur zwei Stunden Fahrt von Osnabrück entfernt und da noch keiner von uns dort gewesen war, freute sich die ganze Familie auf den kleinen Ausflug ins Nachbarland.
Da ich ja aber am Montag wieder arbeiten musste, konnten wir den Trip nicht ewig ausdehnen, sondern fuhren schon am späten Nachmittag wieder zurück.
Dadurch konnten wir uns aber in Osnabrück ein Restaurant suchen und gemütlich Essen gehen. Das Restaurant, das wir uns ausgesucht hatten, hatte auch eine Cocktailbar, sodass wir den Abend sogar noch mit ein paar Mojitos ausklingen lassen konnten.
War der Freitag noch so stressig gewesen, der Montag war ein wirklich entspannter Arbeitstag. Diana und ich konnten uns wirklich auch mal nebenbei ein bisschen unterhalten und das nicht nur über die Arbeit.
Als wir mit den Beiträgen für den nächsten Tag soweit durch waren, dass Diana nur noch die Töne zusammenschneiden musste, konnte ich mich auf meinen Sonderauftrag konzentrieren.
Nach ein paar Nachrichten hatte ich einen Motorradfahrer gefunden, der sich für ein Interview zur Verfügung stellen würde und gleichzeitig auch noch aus der Region kam. Das Beste war, dass er auch am Red Bull Ring in Österreich starten wollte, also konnte ich ihn dort schon mal kennenlernen.
Nachdem das geklärt war, fing ich an mir Gedanken über die Fragen zu machen. Bis zum Feierabend hatte ich sogar schon drei zusammen, die wirklich gut waren.
Den Abend verbrachte ich mit meiner Familie. Wir gingen wieder essen, aber diesmal hatten wir auch Diana eingeladen. Sie hatte sich eigentlich mit einer Freundin treffen wollen, aber die hatte kurzfristig abgesagt.
Später, ich war gerade seit zehn Minuten zurück im Hotel, rief Lilia mich an. Sie hatte eigentlich nur wissen wollen, wie es mir ging, aber als ich ihr von Marecs Nachrichten erzählte, kannte sie kein anderes Thema mehr.
Schließlich telefonierten wir bis nach Mitternacht, sodass sie mir gleich auch noch zum Geburtstag gratulieren konnte.
Ich fieberte schon seit gefühlten Ewigkeiten auf den Feierabend hin, denn ich wollte diesen Tag unbedingt mit meiner Familie verbringen.
Doch es war erst kurz vor drei, also musste ich noch mindestens zwei Stunden hier verbringen.
So in meinen Gedanken bemerkte ich gar nicht, dass es an der Tür zur Redaktion klopfte. Erst als mein Bruder lautstark anfing zu singen und schließlich alle meine Kollegen einstimmten, hob ich den Blick.
Da stand mein sechs Jahre jüngerer Bruder mit einer schier riesigen Kuchenplatte in der Hand und sang mit hochrotem Kopf: „Happy Birthday to you, happy birthday to you! Happy birthday, Lieblingsschwester! Happy birthday to you!"
Mal abgesehen davon, dass es völlig schief war...
Als ich den Kuchen an die Seite gestellt hatte, schloss ich meinen Bruder in die Arme und wischte mir heimlich hinter seinem Rücken die Tränen aus den Augen. Für nichts auf der Welt würde ich meine kleine Nervensäge hergeben!
Leider musste er dann auch schon wieder zurück zu unseren Eltern. Die warteten nämlich unten vor der Redaktion auf ihn.
Mit dem Kuchen und der Vorfreude auf den Abend verging die Zeit dann doch etwas schneller. Diana nahm mich auch nochmal fest in den Arm, als ich mich für heute verabschiedete. „Genieß den Abend. Deine Familie ist toll!", sagte sie und schob mich zur Tür hinaus.
Als ich schließlich in meinem Hotelzimmer vor meinen Geschenken stand, wusste ich, dass noch nie ein so wahres Wort gesprochen worden war.
Abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, die meine Eltern mir von meinem Onkel mitgebracht hatten, den Küchenutensilien für meine erste eigene Wohnung, die ich ja schon im Herbst in Gelsenkirchen beziehen würde, von meinen Großeltern und meiner ersten Zimmerpflanze von meinem Bruder, fand ich drei Dinge auf meinem Bett. Da war zum einen das wunderschöne, selbstgestaltete Fotoalbum von meinem Bruder. Auf der ersten Seite hatte er einen kleinen Text verfasst, der mir schon wieder die Tränen in die Augen trieb. Dann lag da noch ein handgeschriebener Gutschein von meinen Eltern. Die beiden wollten mich bei der Einrichtung meiner Wohnung unterstützen. Und zuletzt fand ich noch einen Schlüssel.
Aber das war nicht irgendein Schlüssel. Es war ein Autoschlüssel!
Unten auf dem Parkplatz vor dem Hotel stand ein kleiner, dunkelblauer BMW 116i und hier hielt ich den Schlüssel dazu in der Hand. Mein eigenes Auto!
Ich konnte es gar nicht richtig fassen.
Die Gelegenheit zur Probefahrt bekam ich schon am nächsten Tag. Ich fuhr mit dem Auto zur Arbeit und stellte den BMW ganz stolz auf den für mich vorgesehenen Parkplatz.
Meinen Kollegen fiel der neue Wagen auch auf und so wurde ich an diesem Tag regelmäßig auf das Auto angesprochen. Und ich hätte vor Stolz platzen können! Man konnte wohl sagen, das mit dem Auto und mir, das war Liebe auf den ersten Blick.
Den Abend verbrachten meine Familie und ich schließlich mit dem Packen. Denn morgen ging es ja schon nach Österreich!
Allerdings musste ich zunächst noch einen halben Arbeitstag hinter mich bringen. Meine Kollegen lachten mich schon nach einer halben Stunde aus, so unkonzentriert war ich. Sie nahmen mir lieber meine Aufgaben ab, bevor noch etwas schiefging.
Schließlich widmete ich mich lieber unwichtigen Aufgaben, damit ich wenigstens etwas zu tun hatte und die Zeit verging.
„Ich glaube, du kannst jetzt mit gutem Gewissen gehen.", zwinkerte mir unsere Moderatorin zu und wünschte mir noch ein schönes Wochenende.
So schnell wie an diesem Tag hatte ich die Redaktion wohl noch nie verlassen.
Meine Familie war schon am Morgen aufgebrochen. Meine Großeltern fuhren aber mit mir, da ich nochmal Zuhause vorbeifuhr.
Dort warteten meine Eltern und mein Bruder auf mich. Sie hatten in der Zeit Papas Auto beladen. Jetzt sprang ich nur aus meinem Auto (Ich hatte ein Auto!) heraus und in den Transporter hinein und schon waren wir auf dem Weg nach Österreich!
Die Fahrt war lang und da ich sowieso immer müde wurde, wenn ich nicht selbst am Steuer saß, verbrachte ich den größten Teil der Zeit mit schlafen.
Spät am Abend, man konnte es eigentlich auch schon als Nacht bezeichnen, kamen wir im Fahrerlager des Red Bull Ring an.
Mein Vater lenkte den Transporter zielsicher auf den freien Platz neben einem Wohnwagen, der mir nur allzu bekannt vorkam.
Und schon als ich gerade mühsam aus dem Auto gekämpft hatte, fiel mir Marec um den Hals und erklärte mir ausführlich, wie er den Platz neben ihm erfolgreich gegen alles und jeden verteidigt hatte, nur damit wir uns dahin stellen konnten.
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Italian Dream
FanfictionFür sie ändert sich an einem Wochenende das ganze Leben. Für ihn auch, nur weiß sie das nicht und wird es so schnell auch nicht erfahren. Oder doch? Luca Marini ist ein junger, ambitionierter Motorradrennfahrer, gerade frisch in die Weltmeisterschaf...