„Wie schön, dass du hier bist!", Lucas blaue Augen leuchteten mich an und verschlugen mir für einen Moment die Sprache. Ohne auf eine Antwort zu warten, schlang er seine Arme um mich und drückte mich an sich.
Ich war mehr als überrascht, doch ich erwiderte seine Umarmung. „Hi.", flüsterte ich heiser. Immer noch mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht löste er die Umarmung und ließ seinen Blick über mich schweifen. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
„Gut siehst du aus!", schloss er seine Beobachtungen. Verlegen senkte ich den Blick und murmelte: „Danke."
Luca hatte seit dem Sachsenring deutlich an Schüchternheit verloren. Stattdessen war sein ganzes Auftreten viel offener. Aber irgendwie zog er mich dadurch nur noch mehr in seinem Bann. Interessiert beobachtete ich das amüsierte Zucken seiner Mundwinkel, während er mir von einem Streich erzählte, den er Lorri bei den Vorbereitungen auf den GP gespielt hatte.
Ich musste einfach in sein ausgelassenes Lachen einstimmen. Es war gar nicht so sehr, was er erzählte, sondern einfach sein Lachen selbst.
„Sag mal,", fragte ich, als wir uns wieder beruhigt hatten, „kann es sein, dass Lorri seinen Spitznamen gar nicht so toll findet?" Wieder begann Luca zu lachen, dann erklärte er: „Weißt du, Lorri heißt er, weil er vor ein paar Monaten eine Wette verloren hat und dann in einen Club als Frau namens Lorri gehen musste. Jeder, der dabei war und ihn ein bisschen ärgern möchte, nennt ihn jetzt noch so. Aber wenn du dich mit ihm gut stellen möchtest, dann nenn ihn lieber Balda. Das ist sein eigentlicher Spitzname."
„Und deiner?", wollte ich wissen. Verwirrt zog Luca die Augenbrauen zusammen und legte den Kopf etwas schief. Das hatte irgendwie was von einem Hundewelpen.
Ich wiederholte: „Was ist dein Spitzname?" „Maro.", antwortete er, ohne zu zögern. Nachdenklich spielte ich mit dem silbernen Flügelanhänger an meiner Kette und meinte: „Maro also. Ich glaub, Luca gefällt mir besser."
„Dann nenn mich doch weiter Luca.", mir wurde ganz warm, als er mir wieder sein gewinnendes Lächeln zuwarf.
Dass sich die Boxengasse langsam wieder leerte, weil sich die Fahrer des Junior Cups und ihre Betreuer wieder in ihr eigenes Fahrerlager zurückzogen, bekam ich nur am Rande mit. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Marec gemeinsam mit seinem Motorrad zurückgebracht wurde. Das war schon mal gut. Dann hatte er sich zumindest nicht verletzt.
Mein Bruder riss mich allerdings unsanft aus meiner Trance heraus. Ungeduldig zupfte er an meinem T-Shirt, bis ich endlich reagierte und ihn böse ansah. „Du, wir wollen dann wieder rüber. Wir dachten, du willst vielleicht mit." „Nein. Geht schon. Ich find auch alleine rüber." Da war ich mir zwar nicht sicher, aber definitiv würde ich nicht mein Gespräch mit Luca abbrechen.
Flo zuckte nur mit den Schultern und ging. Ich sah ihm noch kurz hinterher, wandte mich dann aber sofort wieder Luca zu.
Der musterte interessiert meine Familie, die gerade die Boxengasse verließ. „War das dein Bruder?" Ich nickte. „Wie alt ist er denn?", wollte Luca wissen und richtete seinen Blick jetzt wieder auf mich.
„Er ist jetzt zwölf.", manchmal fragte ich mich echt, wo die ganzen Jahre geblieben waren. „Wirklich?", hakte Luca noch mal nach, „Er sieht irgendwie älter aus." „Ja, er ist ziemlich groß.", bestätigte ich.
Frech grinste Luca mich an und neckte: „Na größer als du ist er ja schon mal." Ich seufzte nur: „Ja, leider wahr. Dabei ist er doch so viel jünger als ich."
„Hey, du hast die perfekte Größe. Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen.", das Lächeln, mit dem er mich bedachte, wurde nun noch eine Spur sanfter. Doch es dauerte nur einen Moment. Dann wandte er verlegen den Blick ab.
Er ließ seine Augen über die Boxengasse gleiten und fragte beiläufig: „Wenn du sagst, er ist so viel jünger als du... Wie alt bist du dann?" „Ich bin letzte Woche 19 geworden.", erwiderte ich und konzentrierte mich darauf, die Uhrzeit auf der Uhr, die über der Strecke hing, zu lesen.
Lucas Kopf schoss in die Höhe. „Wirklich?", sein Gesichtsausdruck hatte etwas ungläubiges, „Ich auch."
Er stemmte sich nach oben auf die Boxenmauer und machte es sich dort bequem. Von da sah er auf mich herunter und fragte: „Setzt du dich zu mir?"
Skeptisch betrachtete ich die Mauer. So wirklich begeistert war ich nicht von der Idee, da hinauf zu klettern. Ich kannte mein Talent und vermutlich würde ich schneller auf meinem Hintern landen, als Luca gucken konnte.
Der hielt mir jetzt seine Hand hin und bot mir an: „Ich helfe dir auch hoch." Ich gab mir einen Ruck und ergriff seine warme Hand.
Ein kleiner Stromstoß jagte durch meinen Körper und brachte alles in mir zum Kribbeln. Fast hätte ich seine Hand wieder losgelassen, doch Lucas fester, sicherer Griff hielt mich davon ab.
„Okay, also bei drei drückst du dich mit deiner anderen Hand nach oben und ich halte dich hier fest, alles klar?", ich nickte, „Gut, dann eins... zwei... drei!"
Ich machte es genau, wie Luca es mir erklärt hatte und tatsächlich saß ich nur ein paar Sekunden später neben ihm auf der Boxenmauer. „Siehst du.", meinte Luca und klopfte mir sanft auf die Schulter, „War gar nicht so schwer." Ich wiegte meinen Kopf in einer Mischung aus Nicken und Kopfschütteln hin und her.
Ein paar Minuten lang beobachteten wir schweigend das Treiben in der Boxengasse. Dann sagte Luca plötzlich: „Meine Familie wollte eine riesige Party für mich schmeißen. Wahrscheinlich hatte meine Mutter sogar schon alles, was wir an Verwandtschaft haben,eingeladen."
Er schnaubte, bevor er weitersprach: „Dabei mag ich überhaupt keine Partys. Zumindest nicht, wenn ich im Mittelpunkt stehe. Da kam mir das Rennen hier gerade recht. Wenn irgendwo ein Grand Prix ist, bin ich immer schon mindestens ab Mittwoch unterwegs. Da bleibt wenig Zeit für Partys, vor allem weil der Rest der Familie unter der Woche arbeiten ist."
„Das kenne ich.", seufzte ich, „Ich mag Partys, aber ich bin auch nicht gern der Mittelpunkt. Aber seitdem mein Bruder Rennen fährt, ist da nur noch selten mal ein Wochenende frei."
„Was-", das lautstarke Klingeln seines Handys unterbrach Luca. Ich war mir ziemlich sicher, dass er auf Italienisch fluchte, während er das Gerät aus seiner Hosentasche herausfischte.
Von seinem Gespräch verstand ich nichts und wieder nichts. So schön Italienisch auch war, wenn man es verstand, irgendwie war es für mich gerade ziemlich frustrierend, dass ich nichts weiter tun konnte, als Lucas Gesichtszüge zu beobachten.
Er war ziemlich angespannt und hatte die Augenbrauen zusammengezogen, während er sich einen Knoten in die Zunge redete. Nein ernsthaft, wie konnte man so viele Worte so schnell aneinanderreihen?
Und dann war er still. Nach einer relativ kurzen Antwort seines Gesprächspartners wich die Spannung deutlich aus seinem Körper und das strahlende Lächeln kehrte zurück. Nur wenig später legte er auf.
„Das war Valentino.", erklärte er und sprang von der Boxenmauer, „Er hat mich gefragt, ob ich heute Abend mit ihm essen will."
Er hielt mir seine Hand hin und half mir auch wieder von der Mauer herunter. Dann hieß es jetzt wohl schon wieder Abschied nehmen. Ich wollte ihn schon in den Arm nehmen, als er plötzlich schüchtern einen Schritt rückwärts machte.
Was war denn jetzt?
„Ich... na ja ich...", stammelte er, „ich habe ihn gefragt, ob... ähm... ob du vielleicht... mitkommen könntest. Also natürlich nur, wenn du willst!"
„Fragst du mich gerade ernsthaft, ob ich mit dir und Valentino Rossi essen will?!?", ich bekam meinen Mund nicht mehr zu. Luca deutete diese Reaktion wohl ein bisschen falsch, denn er zog den Kopf ein und meinte kleinlaut: „Ähm ja, schon irgendwie."
Bevor er sich noch weiter zurückziehen konnte, sprang ich ihn förmlich an und schlang meine Arme um seinen Hals. „Definitiv ja!"
Ein erleichtertes Lachen entwich ihm, während er mich für einen Moment fest an sich drückte. So war sein Körper an meinem um einiges angenehmer, als wenn er in der Kombi steckte.
Als wir uns wieder voneinander lösten, senkte ich mit einem verlegenen Lächeln den Blick und strich mir eine Strähne meiner Haare aus dem Gesicht. Luca legte mir federleicht eine Hand an die Wange und meinte: „Vale sagt, er braucht noch ein bisschen. Wir treffen uns 20.00 Uhr mit ihm in seinem Motorhome."
Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass wir nur noch eine Dreiviertelstunde Zeit hatten. „Ich... würde mir gern noch etwas Anderes anziehen.", sagte ich leise.
„Klar!", rief Luca aus, aber senkte im nächsten Moment verlegen die Stimme, „Also nicht, dass du, so wie du bist, nicht auch super aussehen würdest, aber... ich verstehe, wenn du dich umziehen willst. Ich hol eben den Roller und dann fahren wir zu dir. Von da können wir dann zu Vale fahren."
Er wartete gar keine Antwort ab. Im nächsten Moment war er verschwunden und trabte auf die Box seines Teams zu. Ich blieb verwirrt zurück.
Doch nur ein paar Minuten später hielt Luca auf demselben Roller vor mir, mit dem ich am Sachsenring abgeholt worden war. „Los, steig auf!", rief er mir zu. Ich folgte seiner Anweisung, doch als ich die Hände auf seinen Hüften platzieren sollte, zögerte ich dann doch.
Luca drehte sich grinsend herum und grinste: „Du musst dich schon ordentlich festhalten." Dann sah er wieder nach vorn und gab Gas. Vor Schreck quietschte ich auf und umschlang Lucas Hüfte.
Ich konnte sein Lachen spüren, während er auf den Weg zu unserem Fahrerlager abbog.
„Geht's dir gut?", rief er gegen den Wind an. Da war ich mir nicht so ganz sicher. Meine Knie waren dem Boden vermutlich noch nie so nahegekommen und irgendwie hatte ich Angst vor dem Moment, wenn ich wieder von dem Roller absteigen musste.
Trotzdem nickte ich, aber ich umklammerte ihn nur noch fester.
Mein Herz raste, als ich wieder auf meinen zitternden Beinen stand. Luca zuckte nur entschuldigend mit den Schultern und erklärte: „Ich kann nicht anders. Tut mir echt leid, aber ich bin halt Rennfahrer." Doch hinter seiner unschuldigen Miene konnte ich ein Schmunzeln erkennen.
Luca begleitete mich bis zu unserem Zelt, blieb allerdings hinter mir. Dort saßen meine und Marecs Eltern zusammen. Vor ihnen der gedeckte Abendbrottisch. Auch mein Bruder und Marec saßen mit am Tisch. Die beiden steckten die Köpfe zusammen und bemerkten meine Ankunft gar nicht.
Mein Vater dagegen begrüßte mich so laut, dass es auch sämtliche Nachbarzelte hörten: „Na, du riechst auch auf zehn Kilometer Entfernung, wenn es was zu essen gibt, oder?"
„Na ja...", entgegnete ich, „...eigentlich wollte ich euch nur eben Bescheid sagen, dass ich heute nicht mit hier esse." „Wo isst du dann?", fragte meine Mutter und Marecs Mum stimmte gleich mit ein: „Du musst doch was essen!"
„Das mache ich auch.", beruhigte ich sie, doch meine Mutter sorgte sich weiter: „Was isst du dann?"
Ich wandte mich zu Luca um und winkte ihn an meine Seite. Schüchtern trat er neben mich und sah in die Runde. Neugierig wurde er beäugt. „Ich geh mit Luca essen.", erklärte ich lächelnd.
Marecs Kopf schoss nach oben. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er Luca. Doch das ignorierte ich einfach.
„Ich geh mich schnell umziehen. Könnt ihr euch eben um Luca kümmern?", fragte ich an meine Eltern gerichtet und zu Luca gewandt: „Gib mir fünf Minuten." Er konnte nur nicken, dann verschwand ich auch schon im Wohnwagen.
Schnell suchte ich mir eine enge, schwarze Jeans und ein gelbes Neckholder-Top aus dem Schrank und schlüpfte in schwarze Chucks mit Keilabsatz. Dann zog ich mir noch einen feinen Lidstrich und trug etwas Wimperntusche auf. Nach einem abschließenden Blick in den Spiegel befand ich das Ergebnis für vorzeigbar und verließ den Wohnwagen wieder.
Mein Vater hatte sich Luca gewidmet und ihn in ein intensives Gespräch verwickelt. Es war lustig anzusehen, wie er sich mit Händen und Füßen verständigte, weil ihm die englischen Worte fehlten.
Luca sah sofort zu mir, als ich wieder im Zelt stand. Ich konnte seinen intensiven Blick spüren, wie er über meinen Körper wanderte. „Ich sehe, meine Tochter lenkt dich zu sehr ab. Vielleicht können wir uns in den nächsten Tagen noch mal unterhalten. Viel Spaß euch beiden.", grinste mein Dad und zeigte mir unauffällig ein „Daumen-hoch" für mein Outfit.
„Danke.", lächelte ich ihn an und gesellte mich an Lucas Seite. Der beugte sich zu mir und flüsterte mir zu: „Du siehst unglaublich schön aus, Bella." Ich konnte ihn nur anstrahlen.
„Wollen wir?", fragte er schließlich und ich nickte. Er führte mich zurück zum Roller und stieg auf.
In mehr oder weniger freudiger Erwartung einer weiteren Fahrt auf diesem Ding blies ich meine Wangen auf. Luca lachte und versuchte, mich zu beruhigen: „Keine Sorge, ich fahr vorsichtig."
Und das tat er dieses Mal wirklich. Er legte sich kaum in die Kurven, sodass meine Knie einen angenehmen Abstand zum Boden hatten. Außerdem fuhr er deutlich langsamer, obwohl er dadurch Gefahr lief, von Fans, die auf der Jagd nach Autogrammen waren, vom Roller geschubst zu werden.
Wir mussten nicht nur einmal anhalten, weil Luca Autogramme schreiben und Fotos machen sollte. Auf einigen dieser Selfies war ich hundertprozentig auch zu sehen. Die Damenwelt war mehr als skeptisch. Ich wurde nicht unbedingt freundlich angesehen. Manch eine konnte wohl auch nur mühsam den Drang unterdrücken, mich von Lucas Roller zu schubsen und sich selbst dort zu platzieren.
Schließlich erreichten wir doch noch unbeschadet das Fahrerlager. Dank Luca konnte ich ohne kontrolliert zu werden, die Schranke passieren.
Er hielt direkt auf ein yamahablaues Motorhome zu. An dessen Seite prangte eine riesige, knallgelbe 46. Vor dem Truck tummelten sich die Fans und warteten auf ihr Idol.
Luca fuhr ohne mit der Wimper zu zucken einfach mitten durch die Menge. Er ignorierte die Autogrammjäger, die ihm ihre Hefte und Plakate vor die Nase hielten weitestgehend. Manchmal schob er besonders aufdringliche Exemplare etwas zur Seite. Ich krallte mich so fest, dass man mich wahrscheinlich nur noch mit Gewalt von seiner Jacke lösen konnte.
Ein schwarz gekleideter Security-Mensch öffnete uns ein Tor und ließ uns in einen separaten Bereich direkt vor Rossis Tür. Die Erleichterung durchflutete mich und sofort wich die Spannung aus meinem Körper.
Luca stoppte den Roller und ließ mich absteigen. Dann stellte er den Motor ab und rollte das Gefährt aus dem Weg.
Er trat an meine Seite und führte mich über die Treppe nach oben zur Tür des Trucks. Die Anspannung war zurück. Jetzt allerdings noch in Verbindung mit Aufregung. Ich würde gleich meinem Helden gegenüber stehen! Wie verhielt man sich da? Das Zittern meiner Hände konnte ich nicht unterdrücken.
Mein Begleiter spürte meine Nervosität. Sanft strich er über meinen Rücken und irgendwie wirkte das tatsächlich beruhigend. Bis er an der Tür klopfte. Da schlug mein Herz plötzlich wieder bis zum Hals und das in einem Tempo, als wollte es Weltmeister werden.
Von drinnen erklang eine Stimme. Ich verstand nicht, was derjenige sagte. Er sprach Italienisch. Allerdings vermutete ich, dass es sich bei der Stimme um Valentino handelte.
Luca antwortete ebenfalls auf Italienisch und kurz darauf schwang die Tür auf.
Und da stand Rossi. Offensichtlich frisch geduscht, denn er war nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet. Grinsend sah er uns an, dann machte er eine einladende Handbewegung und ließ uns rein.
Drinnen nahm er zuerst Luca in dem Arm und herzte ihn überschwänglich. Der wurde rot wie eine Tomate und schob Valentino von sich.
Der lachte nur und wandte sich zu mir.
Ich glaube, in diesem Moment blieb mein Herz stehen. Mein Körper reagierte nicht auf mich. Ich war unfähig mich zu bewegen. Mein Gesicht nahm die gleiche Farbe an wie Lucas.
Der beobachtete mich ganz genau. Vermutlich hatte er Angst, dass ich jeden Moment umkippte. Was gar nicht so unwahrscheinlich war.
Luca murmelte irgendetwas auf Italienisch und Rossis Grinsen wurde noch breiter. Oh Gott, was erzählte er ihm? Eine Sekunde lang war ich versucht, einfach aus der Tür zu stürmen und nicht wieder zurückzukommen.
Doch dann sprach Valentino mich an: „Hi, du bist Vanessa, oder?" Ich brachte nur ein Nicken zustande. Mit ausgestreckter Hand kam er auf mich zu. Er musste das Zittern meiner Hand deutlich spüren, als seine kräftigen Finger meine umschlossen.
„Okay, ihr zwei. Macht es euch doch noch mal kurz gemütlich. Ich zieh mir eben was an und dann können wir auch los.", meinte Valentino und verschwand hinter einer Tür. Vermutlich lag dahinter das Schlafzimmer.
Luca ging ein paar Schritte weiter hinein in den Truck und ließ sich dort auf eine riesige Couch fallen. Mit der flachen Hand klopfte er neben sich. Zögerlich setzte ich mich in Bewegung und sank vorsichtig auf den Rand der Couch.
Lachend schüttelte Luca den Kopf und sagte dann: „Du schlägst dich ganz gut. Ich dachte vorhin schon, du kippst um. Aber jetzt bist du schon gar nicht mehr rot." Na toll, jetzt färbte sich mein Gesicht schon wieder ein. Das bemerkte auch Luca: „Okay, ich habe nix gesagt."
Dann kam Valentino auch schon zurück. An Stelle des Handtuchs trug er jetzt eine tief sitzende Jeans und ein Yamaha-Team-Shirt. Mit den Fingern fuhr er sich noch ein paar Mal durch die Haare, dann wandte er sich uns zu: „Gut, ich bin so weit. Lasst uns gehen."
Wir sprangen beide sofort auf. Valentino hielt uns die Tür auf, bevor er uns nach draußen folgte und hinter sich abschloss. Unten vor dem Truck neben den beiden Rollern, der zweite war mir vorhin gar nicht aufgefallen, nahm er mich zur Seite und meinte: „Fahr lieber bei Luca mit. Da wirst du vielleicht nicht so schnell umgeschubst."
Ich sah zu ihm auf und lacht dann. „Da könntest du wirklich recht haben." Valentino nickte und wandte sich seinem Roller zu. Doch im Weggehen rief er mir noch zu „Du solltest öfter lachen. Das steht dir wirklich gut." Spätestens jetzt war das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht zu verbannen.
„Auf in den Kampf!", rief Valentino uns zu, nachdem ich hinter Luca auf dem Roller Platz genommen hatte. Er gab Gas und wir folgten ihm.
Doch schon hinter dem Tor war kein Durchkommen mehr. Unser einziger Vorteil war, dass Valentino vor uns fuhr, oder es versuchte. So wurden Luca und ich nicht weiter beachtet. Valentino dagegen musste Autogramme schreiben und Fotos machen. Wir kamen nur im Schneckentempo voran, und das, vor allem weil sich irgendwie immer mehr Fans um uns versammelten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schafften wir es dann aber doch aus dem Getümmel heraus und waren schon nach drei Minuten bei der Hospitality von Yamaha. Da wurden die Roller dann wieder abgestellt und Valentino führte uns zur Tür. „Die gehören zu mir.", rief er dem Security-Typ an der Tür zu. Der musterte mich zwar ziemlich kritisch, aber er ließ uns rein.
„Sucht euch einen Platz aus. Ich bin in zwei Minuten bei euch.", meinte Valentino und machte erst mal die Runde, um alle zu begrüßen. Luca und ich gingen zu einem Platz im hinteren Teil des Raumes, der ein bisschen von den anderen abgegrenzt war.
Luca erzählte mir gerade von seiner Schule, an der er dieses Jahr sein Abitur geschrieben hatte. Da tauchte Valentino neben ihm auf und ließ sich schwerfällig auf einen Stuhl plumpsen.
„Erzählt er dir gerade, wie schlau er ist?", scherzte er und wuschelte Luca durch die Haare. Luca schnaubte und verdrehte die Augen. Ich lachte und nickte: „Oh ja, aber da kann er wirklich stolz drauf sein." „Hast du auch dein Abi?", wollte Valentino wissen und ich nickte eifrig.
„Was wollt ihr essen?", wechselte er dann das Thema, „Es gibt Sushi, Paella, Lasagne und eins, zwei österreichische Spezialitäten. Leberknödelsuppe und Wiener Schnitzel." „Oh, Schnitzel!", Lucas Augen leuchteten.
Ich lächelte über seine Reaktion, stimmte ihm aber zu: „So ein Schnitzel klingt verdammt gut." „Na, da sind wir drei uns ja einig. Ich hol eben die Teller." Damit verschwand Valentino auch schon wieder.
Luca nutzte die Chance und erzählte seine Geschichte zu ende. Dann kam Valentino allerdings auch schon wieder. Er hatte seine Arme mit drei Tellern vollgeladen, die er jetzt auf unsere Plätze verteilte.
Das Schnitzel schmeckte wirklich unglaublich gut. Während dem Essen herrschte größtenteils gefräßiges Schweigen. Nur ab und zu stellte Valentino eine Frage, die ich dann beantwortete. Luca war meist eher still.
„Du kannst mich auch gern Vale nennen.", bot er mir irgendwann an. Ich nickte: „Okay, Vale." „Und Luca...", führte er zwischen zwei Bissen weiter aus, „kannst du Maro nennen. Das ist sein Spitzname." „Ich weiß.", erklärte ich, „Aber ich finde Luca schöner." Vale sah mit einem vielsagenden Blick zwischen uns hin und her.
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Italian Dream
FanfictionFür sie ändert sich an einem Wochenende das ganze Leben. Für ihn auch, nur weiß sie das nicht und wird es so schnell auch nicht erfahren. Oder doch? Luca Marini ist ein junger, ambitionierter Motorradrennfahrer, gerade frisch in die Weltmeisterschaf...