Es war nicht Marec, der sich nur zwei Tage später wieder meldete. Aber es waren seine Eltern.
Ich saß in der Vorlesung, als mich die Nachricht von seiner Mutter erreichte. Sie schrieb mir einen ewig langen Text darüber, dass Marec wohl seit dem Wochenende total neben sich stehen würde, ihr aber nicht verriet wieso. Nur knapp schrieb ich ihr, dass wir gestritten hatten. Damit wollte ich es auf sich beruhen lassen, doch Eliana sah das anders.
- Komm am Wochenende vorbei, dann klären wir alles! Ich verrate Marec auch nichts. -
Ich las die Nachricht wieder und wieder, doch ihr Sinn erschloss sich mir erst viel später. Ich sah die Worte einfach vor mir und konnte sie in keinen Zusammenhang bringen.
Auch am Nachmittag zurück in meiner WG dachte ich immer noch darüber nach. So langsam freundete ich mich mit der Idee an. Vielleicht sollte ich wirklich nach Frankfurt fahren und mir und Marec den Gefallen tun, endlich wirklich mal offen miteinander zu sprechen.
Doch hundertprozentig sicher war ich mir noch nicht. Abgesehen davon, dass Luca ganz sicher nicht begeistert sein würde, wusste ich auch nicht, was ich mir davon erhoffte. Erwartete ich etwa, dass es ganz plötzlich wieder so einfach wie früher wurde? Das wäre wohl ziemlich dumm.
Schließlich holte ich mir telefonisch Lilias Rat ein. „Lass es!" „Wahrscheinlich am besten, aber...", ich versuchte, ihr meine Argumente dafür darzulegen, doch sie wollte nichts davon hören: „Da hinzufahren, ist so ziemlich das dümmste, was dir in den letzten Wochen eingefallen ist. Seit Monaten hast du mit Marec nur Ärger. Warum hältst du so krampfhaft an dem fest, was eure Freundschaft ganz offensichtlich zumindest im Moment nicht mehr ist? Wäre es jetzt nicht schlauer, sich auf das Studium zu konzentrieren? Mal ganz abgesehen davon, dass du in Luca den wohl besten Mann gefunden hast, den ich mir für dich hätte vorstellen können."
„Darüber möchte ich auch gar nicht diskutieren. Ich bin glücklich mit ihm.", zumindest wenn er auch nur in ansatzweise greifbarer Nähe war, „Aber ich bin nicht glücklich mit der Situation zwischen mir und Marec. Ich möchte das klären."
Ich hörte ihr tiefes Seufzen am anderen Ende der Leitung: „Wenn du dir mal seine letzten blöden Aktionen durch den Kopf gehen lässt, dann eskaliert es zwischen euch beiden immer, wenn die Sprache auf Luca kommt. Wenn du mich fragst, ist Marec eifersüchtig." „Du spinnst ja.", fand ich. Er war ja wohl der letzte, der einen Grund zur Eifersucht hatte. Es sei denn... Diesen Gedanken erlaubte ich mir gar nicht erst. Dafür hatte ich schon genug Tränen vergossen.
„Ich bleibe dabei. Fahr nicht. Aber da du eh machst, was du willst, erzähl mir dann, wie es gelaufen ist.", Lilia gab ihre Überzeugungsversuche auf.
Und ich rief Marecs Mutter an, um ihr Bescheid zu sagen, dass ich schon am nächsten Tag kommen würde. Am Wochenende lief das MotoGP-Rennen in Sepang, also würde ich nur vor dem Fernseher sitzen und keine Zeit haben, um in der Weltgeschichte herumzufahren.
Es fühlte sich komisch an, vor seiner Tür zu stehen. Obwohl ich wusste, dass Marec noch nicht zuhause war, kostete ich mich einiges an Überwindung, den Klingelknopf zu drücken. Er war zwei Jahre jünger als ich und dementsprechend ging er noch zur Schule.
Der Türöffner summte und nahm mir so meine letzte Fluchtmöglichkeit. Bedacht stieg ich die Stufen zu der Wohnung im ersten Obergeschoss nach oben. Dort wartete Eliana schon auf mich.
Es war eine überschwängliche Begrüßung, so wie ich es von ihr gewohnt war. Während wir auf Marec und seinen Vater warteten, kochte Eliana eine Kanne Tee nach der anderen. Ich liebte Tee. Nebenbei erzählte ich von meinem Studium und überbrachte Eliana die Neuigkeit, dass Luca und ich inzwischen ein Paar waren. Das hatte Marec ihr wohl verschwiegen.
Miko war vor seinem Sohn zurück. Er setzte sich zu uns und beteiligte sich nun begeistert am Kreuzverhör. Ich beantwortete brav alle Fragen, manche mehr und manche weniger ausführlich.
Als schließlich Marec nach Hause kam, hörte man das zuerst am lauten Zuschlagen der Wohnungstür. Dann rief er eine mehr oder weniger freundliche Begrüßung vom Flur aus und wollte sich direkt in sein Zimmer verziehen. So ungefähr hatte ich mir das vorgestellt.
Eliana sah mich ein wenig verlegen an, bevor sie ihm etwas auf Polnisch zurief. Er widersprach ebenfalls unverständlich für mich. Daraufhin entbrannte eine Diskussion auf Polnisch, bis Marec schließlich nachgab.
Definitiv genervt schlurfte er jetzt also in die Küche und blieb abrupt stehen. Seine Hand, die er gerade gehoben hatte, um sich durch die Haare zu fahren, sank langsam wieder nach unten. Er blinzelte ein paar Mal, bevor er sich wieder fing.
„Was machst du denn hier?" „Nicht gerade die Begrüßung, die ich erwartet hatte.", scherzte ich und stand von meinem Platz am Esstisch auf. „Sorry, ich hatte einfach nicht damit... also mit dir gerechnet." „Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich so schnell wieder hier stehe.", seufzte ich und ließ mich zur Begrüßung umarmen.
Während seine Eltern in der Küche am Werkeln waren und etwas zum Abendessen zauberten, saß ich im Schneidersitz auf Marecs Bett und ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Es gab viele Fotos, zu viele Fotos, auf denen ich auch zu sehen war. Die Wände waren voll mit Urkunden, Auszeichnungen und eben Fotos. Alle seine sportlichen Erfolge hatte er auf einer Seite gesammelt. Auf der anderen Seite hingen Fotos von seinen Freunden und seiner Familie.
Wir sprachen über Gott und die Welt, aber eben doch nicht über unser offensichtliches Problem. Wo lag der wunde Punkt zwischen uns? Was war der Auslöser für all die verletzten Gefühle?
Doch jetzt saßen wir gerade so entspannt zusammen und gingen so locker miteinander um, dass es sich ganz kurz wie früher anfühlte. Mein Herz zog sich wehmütig zusammen. Wieder vermisste ich unser unverfängliches Herumalbern an irgendeinem warmen Sommerabend in irgendeinem Fahrerlager. Ob es ihm auch so ging?
Nur die Zeit lief uns davon. Ich hatte noch zwei Stunden, bis ich mich wieder ins Auto setzen musste, um zurück nach Gelsenkirchen zu fahren. Eliana hatte darauf bestanden, dass ich vorher noch etwas aß. Hieß also, uns blieb noch eine Stunde, um alles zu klären. Unmöglich.
„Weißt du, wie sehr mir diese Zeit fehlt?", fragte Marec plötzlich mit rauer Stimme in einen Moment der Stille. Er musste meine Verwirrung sehen, denn er fügte hinzu: „Dieses lockere Nebeneinandersitzen, mit einem Vodka-E in der Hand und nur Blödsinn im Kopf. Wasserschlachten mit Felix und Kilian. Wahrheit oder Pflicht." Ich lächelte unwillkürlich.
„Das ist alles ziemlich lange her." „Ja.", seufzte er, „Wann hat es aufgehört?" „Das weißt du genau.", ich schluckte schwer. Es war der Tag gewesen, an dem ich ihm gestanden hatte, dass ich mehr als Freundschaft empfand.
Er schüttelte den Kopf: „Das ging alles viel früher los." „Ist ja auch egal.", ich sah weg, wollte ihn nicht mehr im Blick haben. „Vielleicht."
„Wie geht es mit uns weiter?", fragte er schließlich. Meine Schultern sackten nach unten. „Ich weiß es nicht, wirklich." Wieder waren wir still.
Dann stellte ich die Frage, vor deren Antwort ich Angst hatte: „Warum streiten wir ständig?" „Weil ich ganz offensichtlich zu blöd bin, manchmal einfach die Klappe zu halten.", antwortete er. Doch das stellte mich nicht zufrieden. „Die Frage ist doch, was ist es, das dich dazu bringt, nicht die Klappe halten zu wollen?" „Das ist eine Frage, auf die du lieber keine Antwort willst."
„Würde ich sonst fragen?", ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht zu gereizt zu klingen, „Ich will einfach nur, dass wir halbwegs normal miteinander umgehen können, ohne jedes Mal im Streit auseinander zu rennen." „Dafür sorge ich schon.", das blieb seine Antwort. Mehr bekam ich nicht aus ihm raus. Also fuhr ich schließlich ohne Antworten zurück nach Gelsenkirchen.
„Das ist so was von unbefriedigend!", kotzte ich mich bei Lilia aus. Sie hatte mir geduldig zugehört, doch immer wieder deutlich gemacht, dass sie nicht begeistert von meinem Besuch bei Marec war. „Hattest du es anders erwartet?" „Nein.", seufzte ich ernüchtert.
„Was sagt eigentlich Luca dazu?", wollte sie wissen. Ich blieb stumm und das reichte ihr als Antwort. „Und da wunderst du dich, dass er eifersüchtig ist?", ihre Worte trafen ins Schwarze, „Erst geht Marec an dein Handy und dann fährst du auch noch hin, ohne es ihm zu sagen. Da wäre ich auch eifersüchtig."
Sie wartete ab, doch ich brachte keine vernünftige Antwort zustande. „Ich weiß, dass du das nicht hören willst,", meinte sie schließlich, „aber es stimmt. Denk einfach mal drüber nach."
Das tat ich und kam schnell zu dem Schluss, dass sie recht hatte. Ich würde es Luca trotzdem nicht erzählen.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag lag ich eingewickelt in meine Decke vor dem Fernseher und sah mir die Freien Trainings aus Sepang an. Jeder MotoGP-Fan, der etwas auf fairen Sport hielt, wollte wohl die Geschehnisse des letzten Jahres ganz schnell vergessen. Doch die Kommentatoren machten das unmöglich. Fast durchgehend wurde über den „Sepang-Clash" zwischen Marquez und Vale gesprochen, selbst während der anderen Klassen.
Also schaltete ich den Fernseher auf stumm und verfolgte das Geschehen nur noch per Bildschirm. Fabio schlug sich gut. Er beendete das erste Freie Training auf Platz 10 und das zweite im Nassen sogar auf Platz 9. Vale fuhr auf trockener Strecke im ersten Training den 5. Platz ein und im Regen den 13. Platz.
Bei Luca dagegen war es das erste Freie Training, das im Nassen gefahren wurde. Dort wurde er 14., während er im zweiten Freien Training wieder im Trockenen aber bei noch nasser Strecke 21. wurde.
Als alle Trainings gefahren waren, war es schon kurz vor zehn Uhr am Morgen. Bea hatte mir schon die Unterlagen aus der Acht-Uhr-Vorlesung geschickt. Seit drei Wochen war ich freitags nicht mehr in der FH. Aber bald war ja Winterpause, da plante ich, regelmäßig zu gehen.
Ein wenig verpennt scrollte ich durch Facebook und Instagram, während ich eigentlich nur noch auf Lucas Anruf wartete. Danach wollte ich mich wieder in den Kissen vergraben und für die nächste Nacht vorschlafen.
Ich musste nicht lange warten. „Guten Morgen, angelino.", begrüßte Luca mich. „Guten Morgen?", fragte ich nach, „Bei dir ist es doch schon abends und bei mir... nun ja, sagen wir, meine Mitbewohner kochen schon ihr Mittagessen." „Was gibt es denn?" „Irgendeinen Matsch, den sie als Bananenbrei bezeichnen.", ich verzog das Gesicht. Manche Leute hatten komische Essensgewohnheiten.
Während ich Lucas Ausführungen über seinen Tag lauschte, kündigte mein Handy ständig einen weiteren Anruf an. Es war ein ums andere Mal Fabio. Mindestens drei Mal drückte ich ihn weg.
„Wer auch immer dich da anruft..." „Es ist Fabio.", unterbrach ich Luca. Er seufzte: „Was will er denn?" „Keine Ahnung, bin ja nicht rangegangen.", erwiderte ich. „Lass uns videochatten.", schlug er vor.
Also gab ich schnell Fabio Bescheid und bekam keine zwei Minuten später den Videoanruf. Als ich ihn annahm, blickten mir die Gesichter von Fabio und Luca entgegen. „Hallo Jungs!", rief ich und winkte in meine Handykamera. Luca hob einfach nur die Hand. Er sah nicht so begeistert aus, dass er sich das Gespräch jetzt mit Fabio teilen musste.
Der hingegen sah einfach völlig aufgelöst aus. „Was ist los?", stichelte Luca, „Hast du die E-Mail-Adresse deiner Angebeteten verlegt?" „Schlimmer." „Du hast SIE verlegt?", platzte ich heraus, doch Fabio rang sich nicht mal ein Schmunzeln ab.
Ich seufzte: „Okay, jetzt ernsthaft. Was ist los?" „Mein zukünftiger Teamchef findet jetzt schon, dass ich ein Fehler bin!", jammerte Fabio. Luca fiel alles aus dem Gesicht: „Inwiefern?" „Er hat im Interview gesagt, dass er mich zu früh geholt hat und jetzt lieber Navarro genommen hätte.", Fabio spuckte den Namen seines Konkurrenten giftig aus.
„Hat er das irgendwie begründet?", hakte ich nach. Fabio fuhr sich mit der Hand durch die Haare und nickte. „Er meinte, jeder Fahrer hat irgendwann am Anfang eine Saison mit vielen Stürzen und weil ich die noch nicht hatte, denkt er, dass ich das nächstes Jahr nachhole." „Dann wirst du ihm wohl einfach beweisen müssen, dass es nicht so ist.", zuckte ich mit den Schultern.
Ich erntete vernichtende Blicke von beiden Seiten. „Einfach?", Luca zog die Augenbrauen nach oben und Fabio empörte sich: „Das ist so ziemlich das Gegenteil von einfach." „Entschuldigt bitte, ich dachte, ich versuche mal, dich aufzumuntern.", defensiv hob ich die Hände.
„Das ist auch wirklich sehr löblich, aber das war leider der falsche Weg.", zuckte Luca entschuldigend mit den Schultern. Ich verdrehte die Augen und maulte: „Mach's besser."
Luca streckte mir die Zunge raus und widmete sich dann Fabio: „Ja, du hast bisher noch nicht wirklich was gewonnen-" „Danke, sehr hilfreich.", fuhr Fabio dazwischen, doch Luca ließ sich nicht beirren: „ABER, du bist schnell und bist bisher eben nicht oft gestürzt. Warum solltest du damit jetzt anfangen?"
„Weil die Moto2 eine andere Klasse ist und ich ein neues Motorrad bekomme?", fragte Fabio mehr, als er antwortete. „Okay, du hast mehr Leistung unter dem Hintern, aber du hast auch mehr Platz, weil nicht ständig zwölf übermotivierte Fahrer versuchen, dich in der gleichen Kurve zu überholen. Das ist zumindest eher selten."
„Ich bin sowieso der Meinung, dass du mit Selbstbewusstsein da ran gehen solltest.", mischte ich mich wieder ein, „Du kannst fahren. Und wenn du doch mal fällst, dann stehst du eben wieder auf. So hast du es bisher immer gemacht."
„Ja, stimmt schon.", er wirkte schon deutlich ruhiger, „Ich hab euch euren Abend versaut, oder?" „Ja!" „Nein!", antworteten Luca und ich gleichzeitig. Endlich lachte Fabio wieder. „Ich klink mich dann hier aus. Viel Spaß euch noch!", damit verschwand sein Bild.
Jetzt schaute ich nur noch in Lucas Gesicht. „Du fehlst mir.", flüsterte ich. „Du mir auch, vita mia."
Auch in der nächsten Nacht bekam ich nicht viel Schlaf. Das letzte Freie Training war in allen Klassen noch trocken. Als 4. stand Fabio hier auf der Zeitenliste, genauso wie Vale. Bei Luca wurde es der 21. Platz. Er fühlte sich nicht hundertprozentig fit. Eine beginnende Grippe machte es ihm schwer.
Pünktlich zum Qualifying der Moto3 regnete es wieder und die Strecke war nass. Trotzdem schnitt Fabio gut ab, denn er erfuhr sich Startplatz 9. Vale war ebenfalls nicht schlecht drauf, auch wenn er im vierten Freien Training nur 8. wurde. Denn im Qualifying holte er die 2. Startposition. Und auch Luca zeigte sich stark, obwohl er im Verlauf des Qualifyings stürzte und einen weiteren Fahrer mit sich zu Boden riss. Trotzdem ging er am Sonntag von Platz 7 aus ins Rennen.
Zum Sonntag hinkonnte ich eine Stunde länger schlafen, Zeitumstellung sei Dank. Trotzdem war es mehr als zu früh, als die Übertragung begann. Bei trockener Strecke gingen die Warm Ups los.
Fabio war mit Platz 9 gut dabei. Luca sah dagegen auf dem 25. Platz nicht ganz so gut aus, genauso wie Valentino, der 16. wurde.
Auch das Rennen der Moto3 wurde im Trockenen gestartet. Trotzdem dauerte es nicht lang, bis die ersten Fahrer stürzten. Schon in Kurve zwei gingen die ersten drei Fahrer zu Boden. Nur eine Runde später erwischte es die nächsten sechs Fahrer, unter anderem Philipp Öttl. Ihm wurde später ein Bruch der linken Hand diagnostiziert.
Und so ging es im Verlauf des Rennens weiter. Fabio hielt gut mit dem vorderen Feld mit. Nach neun Runden war er sogar schon Vierter. So lief das Rennen weiter mit Stürzen in jeder Runde, bis zur 15. Runde. Dann entschied sich die Rennleitung dazu, das Rennen wegen einsetzendem Regen abzubrechen. Nur 17 Fahrer erreichten das Ziel.
Das Rennen der Moto2 war zum Glück deutlich sturzärmer. Im Regen fuhr sich Luca auf Platz 9 nach vorn. In der 19. Runde fuhr er sogar die schnellste Rennrunde. Als die schwarz-weiße Flagge geschwenkt wurde, stand der Franzose Johann Zarco als neuer Weltmeister fest.
Auch die MotoGP startete im Regen, doch der Start wurde zunächst zwanzig Minuten nach hinten geschoben. Nach dem Start kämpfte Vale in einer Sechsergruppe um den Sieg, doch im Laufe des Rennens eliminierten sich Crutchlow, Marquez und Iannone durch Stürze. Durch einen Fehler wenige Runden vor Schluss musste Vale Dovizioso ziehen lassen und wurde schließlich Zweiter.
Nach den Rennen hatten die Teams nicht viel Zeit, da die Flüge zurück nach Europa alle recht früh gingen. Vor allem die Fahrer wurden direkt in die ersten Flüge gesteckt, um möglichst früh zuhause zu sein und sich erholen zu können. Es stand nur noch ein Rennwochenende auf dem Plan, aber das wollte jeder möglichst gut abschließen. So kam es, dass viele Fahrer gemeinsam in den Flugzeugen saßen.
Luca dagegen war allein. Er flog von Sepang nicht nach Italien, sondern nach Deutschland. In ein paar Stunden sollte er landen. Dann wartete schon ein Taxi am Flughafen auf ihn, das ihn dann hierher zu mir brachte.
Doch bevor es so weit war, wollte ich noch ein wenig Schlaf nachholen. Nur funktionierte das leider nicht so gut. Ich war einfach zu aufgeregt. Seit einigen Wochen hatte ich Luca nicht mehr sehen können. Da war es nur logisch, dass ich mich auf ihn freute.
Als es endlich an der Tür klingelte, konnte ich gar nicht schnell genug aufspringen und zur Tür rennen. Auf dem Weg stolperte ich nicht nur einmal über meine eigenen Füße. Endlich erreichte ich den Türöffner und ließ Luca rein.
Er war noch nicht mal zur Tür rein, da fiel ich ihm schon um den Hals. Mit einem leisen „Uff" stolperte er einen Schritt zurück. Doch dann legte er seinen freien Arm um mich und zog mich noch näher zu sich. Sein inzwischen vertrauter Duft umhüllte mich. Oh, wie hatte ich ihn vermisst!
Nach einer Weile bewegten wir uns langsam in die Wohnung, doch ohne uns loszulassen. In meinem Zimmer landete seine Tasche krachend auf dem Boden. Mit beiden Händen umschloss er mein Gesicht und streichelte mit seinen Daumen meine Wangen. Ich schloss die Augen und seufzte. Nur einen Augenblick später lagen Lucas Lippen warm und weich auf meinen.
Noch immer eng umschlungen sanken wir auf mein Bett. Der sanfte Druck seiner Lippen verstärkte sich, während seine Hand in meinen Nacken wanderte. Vorsichtig stupste Luca mit seiner Zunge gegen meine Lippen und bat um Einlass. Ich öffnete leicht meine Lippen. Zaghaft vertiefte Luca den Kuss und ließ unsere Zungen einen heißen Tanz beginnen.
Irgendwann lösten wir uns voneinander. Nebeneinander lagen wir auf dem Rücken auf dem Bett und hielten uns an den Händen. Wir sahen uns an. Erst jetzt sagte Luca etwas: „Hallo, cara mia. Du hast mir gefehlt." „Du mir auch, Luca. So sehr.", erwiderte ich.
Dann waren wir wieder stumm. Wir lagen einfach nebeneinander und sahen uns in die Augen. Tief in mir drin regte sich ein warmes Gefühl. Hier an seiner Seite erschien mir alles so viel leichter. Erstaunlich wie sehr das Glück von einer einzelnen Person abhängen konnte.
Natürlich war Luca krank geworden. Die Grippe, die sich schon in Sepang angekündigt hatte, war nun so richtig ausgebrochen. Die zwei Tage, die wir zusammen gehabt hatten, hatte er fast durchgehend im Bett verbracht.
Ich hatte ihm Tee und Suppe gekocht, damit es ihm bald wieder besser ging. Gegen den Husten machte ich ihm sogar Omas wunderwirkenden Zwiebelsaft und ein paar Mal zwang ich ihm zum Inhalieren. Ansonsten konnte ich ihn nur in mehrere Decken einwickeln und dafür sorgen, dass er immer warm war. Die meiste Zeit verschlief er. Das war auch am besten so.
Doch wenn er wach war, dann kuschelten wir uns in meinem Bett zusammen ein und schauten Filme. Meistens entschieden wir uns für Italienisch mit deutschen Untertiteln, dann war es für ihn einfacher. Auch wenn er kaum einen Film komplett schaffte, ohne einzuschlafen.
Jetzt musste er schon wieder los. Sein Flug nach Italien ging in 3 Stunden. Das Taxi wartete schon vor der Tür. Der erneute Abschied fiel mir nicht leichter. „Ohne dich will ich gar nicht wieder weiter.", flüsterte Luca heiser, als er mich an sich drückte. Nein, ich wollte auch nicht, dass er ging.
„Pass auf dich auf, ja?", bat ich ihn, „Sag mir Bescheid, wenn du angekommen bist und werde schnell wieder gesund." Er nickte und schulterte seine Tasche. An der Tür küsste er mich noch mal. Es war mir egal, dass ich mich anstecken würde. Doch viel zu schnell löste er sich wieder und verließ die Wohnung.
Die Tür hinter ihm war noch nicht richtig zu, da hatte ich schon mein Handy in der Hand. Als sich mein Gesprächspartner gemeldet hatte, platzte ich heraus: „Ich will nach Valencia kommen!"
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Italian Dream
FanfictionFür sie ändert sich an einem Wochenende das ganze Leben. Für ihn auch, nur weiß sie das nicht und wird es so schnell auch nicht erfahren. Oder doch? Luca Marini ist ein junger, ambitionierter Motorradrennfahrer, gerade frisch in die Weltmeisterschaf...