Die Zeit ohne Luca verging so viel langsamer. Mehr als eine Woche war ich inzwischen wieder in Gelsenkirchen. Es kam mir vor wie Monate. An dem Adventskalender, den meine Eltern mir geschickt hatten, hatte ich heute Morgen schon das achte Türchen geöffnet.
Lucas Tests waren gut verlaufen. Ich hatte alles während meiner Vorlesungen verfolgt und er schrieb mir sowieso regelmäßig. Unser tägliches Telefonat hatten wir beibehalten.
Doch sonst blieb mir nicht viel Zeit. Ich musste die zwei verpassten Wochen nachholen. Außerdem ging es straff auf Weihnachten zu und danach war die Prüfungsphase nicht mehr weit. Vier Klausuren, eine Präsentation und eine Hausarbeit standen für mich auf dem Programm.
Ich konnte mir also eigentlich keine Ablenkung leisten. Doch Lucas Abwesenheit machte es an der einen oder anderen Stelle wirklich schwierig, motiviert zu bleiben. Abgesehen davon, dass es auch nicht besser laufen würde, wenn er da wäre, denn dann hätte ich weiß Gott anderes zu tun, als zu lernen.
Allerdings war es eben nicht nur Luca, der es mir schwer machte. Marecs faszinierende Ausbrüche hielten mich immer noch in Atem. Er meldete sich regelmäßig, aber meistens endete es doch wieder damit, dass einer von uns beiden sauer wurde. Lilia war noch immer der Meinung, dass er eifersüchtig war und so langsam konnte sie meine Beschwerden nicht mehr hören.
Es war ein langer Tag in der Uni gewesen und auf dem Heimweg war die Bahn mehr als überfüllt. Die Temperaturen lagen kaum mehr über der Null und der eisige Wind machte meine Kopfschmerzen nicht gerade besser.
Heute würde ich mich wohl nicht mehr auf meine Unterlagen konzentrieren können. Ich wollte noch schnell etwas essen und dann früh schlafen gehen. Während die Nudeln auf dem Herd vor sich hin kochten, ging ich die Post durch, die meine Mitbewohner auf den Küchentisch gelegt hatten. Vielleicht war ja etwas für mich dabei.
Tatsächlich fiel mir ein kleines, braunes Päckchen in die Hände, das an mich adressiert war. Ich konnte mich nicht daran erinnern, etwas bestellt zu haben. Es stand auch kein Absender darauf.
Mit einem Messer wollte ich das Klebeband um das Päckchen aufschneiden. Doch in diesem Moment kochten die Nudeln auf dem Herd über. „Ach Scheiße!", fluchte ich und kümmerte mich erst mal um meine Nudeln.
Etwas später saß ich mit verschränkten Beinen auf meinem Bett und löffelte Nudeln mit Ketchup von meinem Teller. Das typische Studentenessen, vor allem in der Prüfungszeit. Im Fernsehen lief irgendeine Sitcom, doch darauf achtete ich nur beiläufig. Viel interessanter war das Päckchen für mich. Es lag neben mir, doch ich wollte es erst öffnen, wenn ich aufgegessen hatte. Ich wollte es nicht bekleckern.
Als ich fertig war, stellte ich den Teller vor dem Bett auf den Boden und nahm mir jetzt das Päckchen vor. Vorsichtig schnitt ich das Klebeband auf und nahm den Deckel ab. Verpackt in weiches, lila Packpapier zeigte sich der Inhalt doch noch nicht. Stattdessen lag ein kleines Kärtchen oben auf dem Papier.
„Per te, cara mia.", stand dort in einer unverkennbaren Handschrift. Es war von Luca. Unter dem Packpapier lag eine kleine Schmuckschachtel. Er machte es aber auch spannend.
Meine Finger zitterten leicht, als ich die kleine weiße Schachtel öffnete. Gebettet auf saphirblauem Samt befand sich ein schmales Silberarmband darin. Zwischen den feinen Gliedern der Kette befand sich mittig ein schmales, längliches Plättchen. Darauf waren die Worte „Vita mia" eingraviert.
„Oh wow.", flüsterte ich, als ich die schmale Kette durch meine Finger rutschen ließ. Ein wenig umständlich fummelte ich an dem Verschluss herum und versuchte, das Armband anzulegen. Als es mir gelungen war, sah ich es mir genau an. Es passte wie angegossen.
Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich mit den Fingern über die dünne, silberne Kette fuhr. In diesem Moment fühlte sich mein Herz so schrecklich leer an. Luca war so weit weg. Er fehlte mir so sehr. Alles in mir sehnte sich nach seiner Nähe. Ich wünschte mich zurück nach Tavullia, wie so oft in letzter Zeit.
Seufzend schrieb ich Luca eine kurze Nachricht, um ihm Bescheid zu sagen, dass ich ihn in spätestens einer halben Stunde anrufen wollte. Dann stand ich auf, brachte meinen Teller in die Küche und ging weiter ins Bad, um mich bettfertig zu machen. Spülen konnte ich auch morgen noch. Da ich sonst eigentlich sehr ordentlich war, würden sich meine Mitbewohner wohl kaum über einen Teller beschweren, der einmal über Nacht stehen blieb.
Hätte ich gedacht. Doch als ich am nächsten Morgen aufstand, um zur Uni zu fahren, fand ich einen Zettel an meiner Tür. Ich bemühte mich sehr, nicht gleich am frühen Morgen schon auszuflippen. Es wurde wieder ein langer Tag heute, da brauchte ich meine Kraft. Also schnappte ich mir schnell noch das Stück Schokolade aus Türchen neun und verließ dann die Wohnung.
Zum Glück gingen die Vorlesungen heute nur bis mittags, sodass ich relativ früh wieder zuhause war. Doch hier ging es weiter. Ich war gerade dabei, mir Karteikarten zum Lernen zu schreiben. Dazu nutzte ich die Zusammenfassungen der Vorlesungen, die ich im Laufe des Semesters geschrieben hatte.
Die Türklingel riss mich unsanft aus meiner Konzentration. Ich wusste, dass meine Mitbewohner nicht zuhause waren und da ich davon ausging, dass ihre Freunde das auch wussten, war es wohl für mich. Oder ein Paket für die Nachbarn. Das kam auch nicht so selten vor. Ich legte meine Unterlagen beiseite und ging zur Tür.
Mir klappte die Kinnlade runter, als ich sah, wer da vor de Tür stand. „Marec?!?", entfuhr es mir, „Was machst du denn hier?" „Ich dachte, ich komme mal vorbei.", verlegen rieb er sich den Nacken, „Ich glaube, wir sollten uns mal aussprechen und ein bisschen was aus der Welt schaffen." „Wow.", ich war ein wenig sprachlos. Es war schon einige Wochen her, dass ich mit dem gleichen Gedanken zu ihm gefahren war. Ohne Ergebnis.
„Darf ich rein kommen?", fragte er nach einigen unangenehmen Sekunden Stille. „Äh, ja klar.", stammelte ich und ging beiseite, um ihm Platz zu machen. Zielstrebig steuerte Marec mein Zimmer an.
Sein Rucksack landete mit Schwung in der Ecke und er ließ sich mit dem gleichen Schwung rückwärts auf mein Bett fallen. Dort lag er nun, zum Glück mit seinen Schuhen außerhalb des Bettes. Grinsend verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und sah mich an.
Ich verdrehte die Augen und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl. „Also...", lehnte ich mich zurück, „schieß los. Was gibt's deiner Meinung nach zu besprechen?" „Na ja, irgendwie artet es immer aus, wenn wir schreiben oder telefonieren." Da hatte er gar nicht mal so unrecht. „Und?", forderte ich ihn auf. Marec zögerte kurz und fuhr dann fort: „Aber, als wir uns letztes Mal getroffen haben, hat es gut funktioniert. Deswegen dachte ich, dass das vielleicht die bessere Lösung ist."
„Ach Marec...", seufzte ich und fuhr mir mit der Hand durch die Haare. War es nicht eher eine Frage der Zeit, bis es auch so nicht mehr streitfrei funktionieren würde? Marec setzte sich auf.
Sein Blick fiel auf meinen linken Arm. Er erstarrte mitten in seiner Bewegung. „Was ist das?", fragte er mit einem undefinierbaren Unterton. „Was ist was?", hakte ich nach, denn ich wusste nicht, was er meinte. Marec stand auf und kam zu mir. Er umfasste mein Handgelenk, drehte es so, dass das Armband im Licht funkelte und sagte: „Das. Was ist das?"
Ich entzog ihm meinen Arm und erwiderte abwehrend: „Ein Armband." „Sieht ziemlich teuer aus.", fand er. Entnervt seufzte ich: „Das weiß ich nicht. Es war ein Geschenk."
Marec zog meinen Arm wieder zu sich, um sich das Armband genauer anzusehen. Bei der Gravur hielt er inne. „Lass mich raten.", er ließ meinen Arm los und lehnte sich zurück, „Du hast es von dem Italiener." „Solltest du damit Luca meinen, dann ja. Es ist von Luca.", erwiderte ich und verschränkte die Arme.
Wieder griff Marec nach meiner Hand, um sich das Armband anzusehen. Er begutachtete die Gravur und fragte: „Was heißt das?" „Mein Leben.", entgegnete ich. Sein Blick war undefinierbar und entnervt verdrehte er die Augen.
„Was ist?", fauchte ich defensiv und entzog ihm erneut meinen Arm. Marec stöhnte auf und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Dann sah er mich von oben herab an und legte einen wirklich widerlichen Unterton an den Tag: „Seit wann stehst du eigentlich auf dicke Brieftaschen?" „Wie bitte?", mir klappte die Kinnlade nach unten.
Wortlos deutete er auf meinen Arm und zog die Augenbrauen nach oben. „Sag mal, bist du jetzt total bescheuert?" Ich schnippte von meinem Stuhl nach oben und zeigte Marec den Vogel.
Er stand ebenfalls auf und keifte zurück: „Na sei doch mal ehrlich! Bevor du diesen Spaghettifresser kennengelernt hast, hast du dich einen Scheiß für teure Geschenke interessiert! Jetzt fliegst du ständig um die Welt und trägst teuren Schmuck. Natürlich alles von ihm bezahlt." „Das muss ich mir echt nicht anhören!", schrie ich ihn an.
„Du willst dir doch nur selbst nicht eingestehen, dass ich recht habe!", fuhr er mich an. „Es reicht!", explodierte ich, „Raus hier! Und zwar sofort!"
Schulterzuckend zog sich Marec seine Jacke an und schnappte sich seinen Rucksack. An der Tür drehte er sich noch mal zu mir um. Er öffnet den Mund, so als wollte er noch was sagen. Doch er winkte ab und schlug meine Zimmertür lautstark hinter sich zu. Kurz darauf fiel auch die Wohnungstür ins Schloss.
Die Spannung wich aus meinen Schultern und Tränen schossen in meine Augen. Traurig sank ich auf den Boden vor meinem Stuhl und vergrub das Gesicht in meinen Händen.
Hatte Marec recht? Hatte ich mich durch Luca zum Negativen verändert? Nutzte ich ihn zu meinem Vorteil? Bisher war mir das nie aufgefallen. Doch sahen das andere auch so? Oder lag es an Marec? Fühlte er sich vielleicht doch auf den Schlips getreten? Störte es ihn vielleicht einfach, dass es Luca war und kein anderer?
Ich brauchte eine zweite Meinung. Doch an Lilia wollte ich mich nicht wenden. Abgesehen davon dass sie mir erst vor Kurzem mitgeteilt hatte, dass sie keine Lust mehr auf mein „Marec-Drama" hatte, hatte ich keine Lust auf ihre Standard-Antwort. „Er ist eifersüchtig." Ja, wer's glaubt.
Meine Brust zog sich zusammen. Ich musste diesen Frust und diese Enttäuschung, die sich gerade in mir aufbaute, bei irgendjemandem rauslassen. Sonst würde ich heute Nacht nicht schlafen können.
Aber ich wollte es nicht Luca erzählen. Er fühlte sich sowieso von Marec bedroht. Auch wenn er das wirklich gut überspielen konnte, blieb es mir eben doch nicht ganz verborgen. Deshalb wollte ich ihm lieber nicht noch meine Probleme mit Marec auf die Nase binden.
Nur blieb mir dann nicht mehr viel übrig. Mit meiner Familie sprach ich eher weniger über solche Probleme. Philipp, Bea und Raphaela kannte ich noch nicht lang genug, um mit ihnen über die Probleme mit meinem besten Freund zu sprechen. Falls ich ihn noch so nennen konnte. Mit Felix und Kilian war die Freundschaft auch nicht eng genug, vor allem da beide ebenfalls gut mit Marec befreundet waren. Valentino fiel auch raus. Er kannte Marec nicht und außerdem bestand da die Gefahr, dass Luca im nächsten Moment auch Bescheid wusste.
Tja, dann blieb wohl nur noch Fabio. Er kannte Marec zwar auch nicht, allerdings würde er es nicht an Luca weitertragen, wenn ich ihn darum bat. Außerdem hatte ich schon mal wegen eines Streits mit ihm gesprochen.
Also stand ich auf, suchte nach meinem Handy und wählte Fabios Nummer. Er brauchte eine Weile, um ranzugehen: „Das ist gerade verdammt ungünstig, Vanessa." Im Hintergrund raschelte etwas und sein Atem klang abgehakt im Telefonhörer.
„Du bist nicht allein, oder?", fragte ich ihn, „Ist Aurelie bei dir?" „Ja, ist sie.", aus dem Klang seiner Stimme war deutlich das Lächeln herauszuhören. Mein Herz zog sich zusammen und sehnte sich nach Luca. Ich seufzte tief: „Na dann, stör ich euch mal nicht weiter."
Im Hintergrund war eine Frauenstimme zu hören. Fabio antwortete ihr auf Französisch. Ich wollte gerade auflegen, als er sich wieder an mich wandte: „Du klingst nicht gut. Was ist los?" „Ach, nix weiter. Ich habe mich mit meinem besten Freund gestritten, wenn er das noch ist, und kann nicht mit Luca darüber sprechen, weil der sonst eifersüchtig wird.", erklärte ich.
„Ich dachte, ich wäre dein bester Freund!", neckte er mich. Ich brachte tatsächlich ein kleines Lachen zustande, bevor ich erwiderte: „Du bist außer Konkurrenz." Auch er lachte leise.
Dann war wieder Aurelie zu hören. Fabio bat mich, kurz zu warten. Dann sprach er mit ihr auf Französisch. Ich konnte ein paar Fetzen verstehen, denn ich hatte Französischunterricht von der siebten bis zur zehnten Klasse gehabt. Allerdings war das schon wieder so lange her, dass ich ihrem Gespräch nicht folgen konnte.
„Okay, pass auf.", meldete sich Fabio wieder bei mir, „Aurelie sucht gerade nach einem günstigen Flug. Welcher Flughafen ist am nächsten bei dir?" „Dortmund.", antwortete ich perplex.
Wieder war es eine Weile still am anderen Ende, bevor Fabio wieder mit mir sprach: „Kannst du uns morgen Nachmittag dort abholen?" „Das... ähm, ja klar. Wann?", ich war ein wenig verwirrt. „Ich schicke dir noch eine Nachricht mit der genauen Uhrzeit, okay? Dann sehen wir uns morgen."
Anscheinend bekam ich morgen Besuch von Fabio und seiner Freundin.
Fabio und Aurelie waren inzwischen schon drei Tage bei mir. Den Samstag hatten wir, nachdem wir bei mir angekommen waren, komplett auf die Couch im Wohnzimmer gekuschelt verbracht. Meine Mitbewohner waren schon zuhause, deswegen waren wir ungestört. Aurelie und ich löffelten Schokoeis und bestellten uns am Abend Pizza, während Fabio sich dauerhaft beschwerte, weil er auf seine Ernährung achten musste. Er knabberte missmutig an seinem Salat. Nebenbei erörterten wir mein Problem und schauten Mädchenfilme wie Titanic oder Dirty Dancing. Am Sonntag waren wir im Kino und am Montag waren Fabio und Aurelie im Zoo, während ich in der Uni war.
Aurelie war eine zierliche Blondine. Ihre Haare reichten glatt und seidig bis zu ihrer Taille. Sie hatte ein schmales Gesicht mit Stupsnase. Aber vor allem war sie sehr aufgeschlossen und mir von Anfang an absolut freundschaftlich begegnet. Fabio musste ihr schon viel erzählt haben, denn sie ging mit mir um, wie mit einer alten Freundin. Wir kamen wirklich gut miteinander klar.
Dienstags kam ich leider immer recht spät von der Uni nach Hause. So hatten Fabio und Aurelie den Tag ganz für sich. Leider war mein Tag noch nicht vorbei, als ich schließlich zuhause war.
„Wann machst du eigentlich mal Pause?", Fabio stand in meiner Zimmertür und beobachtete mich beim Lernen. Ich legte meine Aufzeichnungen beiseite und drehte mich zu ihm um: „Ich habe noch ziemlich viel vor mir, also wahrscheinlich nach der Klausur. Was macht ihr beide?" „Wir genießen das deutsche Fernsehprogramm, von dem wir kein Wort verstehen.", scherzte er, „Aurelie lässt fragen, ob wir beide uns ums Abendessen kümmern sollen? Dann kannst du weiter lernen und wir müssen nicht noch mehr RTL ertragen." „Da habt ihr euch aber auch echt das Beste ausgesucht.", lachte ich ironisch und segnete ihre Idee ab.
Es dauerte auch gar nicht lang, da wurde ich schon zum Essen gerufen. Es gab eine würzige Gemüsepfanne mit Hühnchen. „Wann wolltest du noch mal zu deinen Eltern fahren?", fragte Aurelie, während sie mir eine zweite Portion auf den Teller lud. „Am Freitag nach meiner letzten Vorlesung.", antwortete ich und bedankte mich bei ihr. Fabio schaufelte sein Essen in sich hinein und meinte: „Das trifft sich gut. Wir haben Freitag morgens unseren Rückflug gebucht."
Ich saß im Auto und fuhr zu meiner Familie nach Hause. Weihnachten wollte ich zuhause verbringen. Acht Tage waren es noch bis Heiligabend. Ein paar Geschenke musste ich noch besorgen, darunter das für Luca.
Die lange Fahrt war wirklich langweilig. Nach einer Weile half es auch nicht mehr, meine Lieblingssongs rauf und runter laufen zu lassen. Normalerweise war mein Auto eine wandelnde Karaokebar, aber heute hatte ich schlicht keine Lust mehr zu singen. Da im Radio aber nur Weihnachtslieder liefen und das nicht unbedingt meine Laune steigerte, blieb ich trotzdem bei meiner Spotify-Playlist.
Mehr als erleichtert stellte ich mehr, als vier Stunden später meinen kleinen Flitzer vor dem Haus meiner Eltern ab. Es war schon lange dunkel und wirklich kalt. Das war dann wohl der deutsche Winter. Mal sehen, ob es noch weiße Weihnachten gab.
Die Wiedersehensfreude war riesig. Ich war nicht oft zuhause, weil ich es durch das Studium einfach nicht schaffte, regelmäßig zu meinen Eltern zu fahren. Viereinhalb Stunden Fahrt waren eben nicht mal so zu bewältigen. Und das war nur eine Strecke. Dafür war eben die Freude umso größer, wenn ich es doch einrichten konnte. Eigentlich versuchte ich, einmal im Monat da zu sein. Doch das war nicht immer machbar.
Mama hatte zur Feier des Tages Würzfleisch gekocht, ein altes DDR-Rezept. Dafür wurde Hühnchen- oder Schweinefleisch klein gewürfelt und dann in einer dicken Weißweinsauce mit Käse überbacken. Das war das Lieblingsessen meines Bruders und auch ich konnte davon nie genug bekommen.
Während wir also beim Essen saßen, kam das Gespräch auf die Pläne für die nächste Saison. Flo war inzwischen fast so groß wie ich. Er war also deutlich größer als die meisten anderen in seinem Alter und definitiv zu groß für ein Minibike. Das sahen wir alle so. Es war auch mehr als offensichtlich. Außerdem hatte er ja auch schon die KTM RC 390 getestet.
„Also werden wir nächstes Jahr wohl im ADAC Junior Cup fahren.", meinte mein Vater und im Grunde konnten wir ihm nur alle zustimmen. Das war einfach der logischste Schritt. „Fahren wir da wieder Rennen im Rahmen der MotoGP?", wollte Flo wissen.
Ich horchte auf. Das würde ja wunderbar passen. Dann müsste ich mich nicht zwischen Lucas und Flos Rennen entscheiden. Papa zuckte mit den Schultern: „Der neue Saisonplan ist noch nicht da, aber ich denke schon."
Nach dem Essen schlug Flo noch eine Partie Kniffel vor. Es wurde schnell deutlich, wieso. Er hatte entweder unglaubliches Glück oder einen Trick gefunden, um die Würfel zu beeinflussen. Er machte uns alle nass.
Später am Abend lagen wir alle zusammen im Wohnzimmer auf der Couch. Es war schon relativ spät und ich war müde von der langen Fahrt. Also stand ich auf, streckte mich und sagte: „Gute Nacht. Ich werde jetzt eben noch Luca anrufen und gehe dann schlafen." „Oh, ich will auch mit Luca sprechen!", rief Flo und sprang auf. „Wir können auch alle mit ihm sprechen.", zuckte ich mit den Schultern.
„Wie das denn?", Mama war völlig verwirrt. Während ich schon meinen Laptop auspackte, erklärte ich: „Ich rufe ihn eben per Videochat an. Dann können wir ihn sogar sehen."
Also versammelten wir uns vor meinem Laptop, während ich das eben mit ihm abgeklärt hatte. Er wartete schon auf den Videoanruf.
„Hey!", winkte er in die Kamera, als er auf meinem Bildschirm erschien. Meine ganze Familie antwortete im Chor. Fast zwei Stunden lang saßen wir zu viert vor dem Bildschirm, lauschten Luca oder erzählten selbst. In diesem Moment ging es mir wieder gut. Der Stress der letzten Wochen war egal und Lucas Lachen brachte mein Herz zum Hüpfen. So durfte es gern bleiben.
DU LIEST GERADE
Italian Dream
FanfictionFür sie ändert sich an einem Wochenende das ganze Leben. Für ihn auch, nur weiß sie das nicht und wird es so schnell auch nicht erfahren. Oder doch? Luca Marini ist ein junger, ambitionierter Motorradrennfahrer, gerade frisch in die Weltmeisterschaf...