Mittlerweile war es schon Mitternacht und ich konnte noch kein Auge zu machen, weil mir ständig der Unfall in den Gedanken kam.
Keiner hat geholfen, nicht mal die Sanitäter und erneut schüttelte ich den Kopf.
„Was ist da nur vorgefallen?", grummelte ich und tapste in die Küche, um mir ein Flasche Wasser zu holen.
Ich nahm einen kräftigen Schluck von der Flasche und stellte sie danach auf die Küchentheke.
Das Mondlicht erleuchtete meinen Garten, weshalb ich noch kurz vor der Terassentür stehen blieb und den Ausblick genoss.
Ich zog die Augenbrauen zusammen und ging einen Schritt näher an die Terassentür heran.
Stand da etwa ein Tier im Garten?
Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und konzentrierte mich, nach ein paar Sekunden war ich mir sicher das hinter der Tanne ein Tier stand.
Sofort lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken und ich überprüfte schnell, ob die Terrassentür auch richtig verschlossen war.
Danach machte ich mich aus dem Staub und verkroch mich wieder in mein Bett.
„Oh Himmel.", murmelte ich und drückte mir das Kopfkissen aufs Gesicht, hielt den Atem an.
„Was wenn das Tier einfach durch die Glastür springt?"
Im nächsten Moment warf ich das Kissen weg, sprang wieder auf und ging zum Fenster.
Erneut konzentrierte ich mich und versuchte etwas zu erkennen aber dieses Mal sah ich wirklich nichts.
Ein wenig erleichtert holte ich Luft und fuhr mir mit der Handinnenfläche übers Gesicht.
„Hirngespenster!"
Ich tapste zurück ins Bett und schaute auf meinen Nachttisch, sah die Tabletten und griff, ohne lange zu überlegen zu.
Schnell schluckte ich die eine Tablette runter.
Ich spürte wie die Tablette sich ihren Weg suchte und hustete kurz. Das nächste Mal sollte ich wieder Wasser dazu trinken!
Keine fünf Minuten später hatte ich schon das Gefühl, dass die Tablette wirkte und meine leicht aufkommende Panikattacke verschwand.
„Gott sei Dank!"
Ich legte mich hin und schloss die Augen, versuchte tief ein und auszuatmen.
**********
Der nächste Morgen war katastrophal, ich hatte verschlafen und kaum frische Klamotten für den ersten Schultag nach den Sommerferien.
Also lief ich gerade mit Jogginghose und Pullover zur Schule, ist ja auch nur der wichtigste Tag für mich. Immerhin musste ich die Anmeldezettel rechtzeitig abgeben für die Abschlussklasse und einen halbwegs guten Eindruck hinterlassen.
Ich verdrehte die Augen und blieb kurz stehen, um Luft zu holen.
„Es wird wirklich Zeit für ein Führerschein!", murmelte ich zu mir selbst und als es in dem Moment auch noch anfing zu regnen, war meine Laune im Keller.
Ich verfluchte mich selbst, dass ich den Wecker sicher dreimal später gestellt hatte und auch zu faul war gestern eine Waschmaschine zu machen.
Erneut verdrehte ich die Augen und joggte wieder los.
Nach ein paar Metern war ich wieder aus der Puste und beschloss einfach langsam zu gehen, ich würde eh zu spät kommen und mir Ärger einhandeln.
Gefühlt eine Stunde später stand ich vor dem Raum, wo der Direktor drinsaß.
Ich versuchte nochmal meine roten Haare zu richten und auch meine Jogginghose aber diese klebte wie meine Haare an meinen Körper, ich war klitschnass!
„Ändern kann ich es auch nicht mehr!", grummelte ich, stellte mich gerade hin und klopfte mehrmals an die schwere Holztür.
„Herein!", hörte ich eine junge männliche Stimme was mich tatsächlich überraschte.
Schnell öffnete ich die Tür und trat herein.
Mein Ohrvermögen täuschte mich nicht, vor mir stand ein relativ junger gutaussehender Mann.
„Was kann ich für dich tun?", fragte er prompt und stand auf, ging um den Tisch herum.
Etwas perplex umfasste ich meine Tasche fester.
„Ich bin Ava Ilers und sollte mich zuerst hier melden.", sagte ich und schaute in seine Augen.
Er starrte mich an und als würde er etwas erwarten, legte er seinen Kopf schief.
„Ich sollte die Papiere abgeben.", fügte ich schnell hinzu, kramte sie aus meiner Tasche und drückte sie ihm in die Hand.
Er überflog sie und runzelte seine Stirn.
„Interessant.", murmelte er und blickte mir in die Augen. „Ilers richtig?" Ich nickte.
„Sie waren in den tödlichen Unfall verwickelt?"
In dem Moment kam es mir vor als würde kurz die Welt stehen bleiben.
Woher wusste er davon?
Wieso konfrontierte er mich damit?
War er nur neugierig?
Ich blinzelte, unterdrückte die aufkommenden Tränen und nickte erneut.
Es fühlte sich an als würde sich mein Magen einmal herumdrehen und in meinen Hals bildete sich ein dicker Kloos.
„Ich verzeihe dir heute dein Zuspätkommen aber lass es nicht zur Gewohnheit werden, ich bringe dich in dein Klassenzimmer, folge mir!"
Das es mich jetzt wieder direkt ansprach verwirrt mich noch mehr als vorher.
Etwas nervös und panisch knetete ich meine Finger und folgte ihm schnell.
Nach ein paar Minuten standen wir schon vor den Klassenraum, er klopfte gar nicht an, sondern ging einfach hinein und wie eben folgte ich ihm.
„Herr Sleen hier ist die neue Mitschülerin, über die wir beide vorhin sprachen!", sagte der Direktor in einer festen Stimme dir mir eine Gänsehaut verursachte. „Ich habe leider keine Zeit, um alles weitere zu klären, aber ich weiß das sie bei Ihnen in guten Händen ist.", fügte er hinzu und verschwand wieder.
Der Lehrer zwang sich zu einem Lächeln.
„Herzlich Willkommen erstmal."
„Hm."
„Wie heißt du? Ist das okay, wenn ich dich duze?", fragte er und nickte.
„Sicher. Ich heiße Ava Ilers."
Er zog eine Augenbraue hoch und ich mir wurde sofort klar, dass er von dem Unfall wusste. Er starrte mich an und seine Augenfarbe ähnelte einen grünen Smaragd.
„Interessant.", murmelte er und kam in meine Richtung.
Ich atmete tief aus und er stoppte plötzlich.
„Ich bin übrigens Herr Sleen."
„Habe ich mitbekommen. Kann ich mich setzten oder muss ich mich vorstellen mit Hobbys und so?", fragte ich und versuchte den Drang zu unterdrücken meine Finger zu knacken. Immerhin passte es mir gar nicht auf kontaktfreudig zu tun.
„Ich denke es ist besser für dich, wenn du dich einfach hinsetzt."
„Sind wir schon mal gleicher Meinung.", murmelte ich und setzte mich gleich in die erste Reihe.
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Wolfsblume
WerewolfAuf den ersten Blick sieht Ava aus wie eine normale junge Frau. Doch hinter ihren roten Haaren und braunen Augen verbirgt sich eine gebrochene Tochter, die vor kurzem ihre Eltern verloren hat. Gezwungen von der neuen Situation und auch wegen dem let...