9. "Ich kann das nicht mehr"

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EDIN
Ich saß in meinem Büro und versuchte mich an der Taktik, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ständig schob sich das Bild meines zerstörten Autos vor mein inneres Auge. Maik, der in meinen Armen gestorben war, ich hatte ihn angefleht bei mir zu bleiben, Ich hatte ihn angefleht zu kämpfen und mich nicht alleine zu lassen. Ich starrte auf meine Taktik, die machte keinen Sinn....meine Aufstellung erst recht nicht. Ich warf meinen Stift beiseite und rieb mir über die Schläfen. ,,Hören wir dich und deine Band mal live?" Hatte jemand in den Gruppenchat geschrieben. Ich verließ die Gruppe....die Nachrichten zu meiner Band wurden mir zuviel. Ich hatte jetzt drei oder viermal mal darum gebeten das Thema zu vergessen und mich nicht darauf anzusprechen. Maik, Sven, Jimmi...wie sehr die drei mir wieder fehlten. Sie wären mit Feuer und Flamme auf der Tribüne gestanden um mich zu unterstützen meinen Traum zu leben. Tränen verschleierten meine Sicht. Wir waren doch so glücklich an diesem Tag! Nichts hatte auf die kommende Katastrophe hingedeutet. Wir hatten gelacht, Musik gemacht, diskutiert über einen neuen Bandnamen, im Auto noch ein neues Lied geschrieben, es war unser letztes gemeinsames Lied und ich erinnerte mich an jedes einzelne Wort. Wieso? Wieso meine besten Freunde? Ich hatte die drei geliebt, wir waren zusammen durch dick und dünn gegangen. Waren immer füreinander da wenn einer Hilfe brauchte. Maik war mein fester Freund seit damals einem halben Jahr. Ich hatte ihn geliebt. Er war mein erster fester Freund...Er war in meinen Armen einfach gestorben! Ich hatte ihn nicht retten können! Er hatte zuviel Blut verloren. Ich habe noch versucht die Blutung zu stoppen, sein Bein abzubinden, aber ich hatte keine Chance mehr! Er starb einfach! Er verschwand einfach aus meinem Leben. Ich hatte an diesem Abend alles verloren. Meine Liebe, meine besten Freunde, meine Liebe zur Musik, meinen glauben an die Menschheit und beinahe auch meinen Lebenswillen. Ich bemerkte nicht, wie die ersten Tränen auf das Blatt tropften. Nichts machte noch einen Sinn. Die Tür ging auf, das registrierte ich nur aus dem Augenwinkel. ,,Edin?" hörte ich Aki leise fragen. ,,Hey was ist los? Wir hätten seit 10 Minuten eine Konferenz mit Zorc wo bleibst du denn?" Er stockte, als er bemerkte wie schlecht es mir ging. ,,Edin, was ist passiert?" Er setzte sich zu mir und legte seinen Arm um meine
Schulter. ,,Ich...nichts macht einen Sinn ich kann nicht mehr denken, Ich verstehe dieses Spiel nicht mehr. Ich kann das nicht mehr", ich wischte meine Taktikblätter zur Seite und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. ,,Okay, Hey wie wäre es damit wenn du nach Hause gehst und schläfst? Morgen bist du bestimmt wieder fit und du kannst wieder souverän deine Arbeit machen? Ich kann dich auch nach Hause fahren". ,,Ich kann nicht mehr Aki, dieser ständige Druck, die Medien", flüsterte ich. Die Tränen wurden immer mehr, ich hatte die Kontrolle verloren. Er zog mich an sich und ich ließ meinen Tränen einfach freien Lauf. Als ich mich halbwegs beruhigt hatte, erzählte ich ihm von meinem großen Problem. Er hatte vollstes Verständnis und stellte mich in Abstimmung mit Michael für den Rest der Woche frei. Ich war so am Ende, Ich hätte nicht ein einziges weiteres Training leiten können, geschweige denn bei einem Spiel an der Seitenlinie stehen können. Stephan wurde dazugerufen. Er sprach mit mir und war ebenfalls der Auffassung, dass ich ein paar Tage absolute Ruhe benötigte. Aki versprach, meine Mannschaft über den Unfall aufzuklären und darüber das ich freigestellt war, aber wieder zurückkommen würde. Mats tauchte noch bei mir im Büro auf, er wollte mich abholen zu unserem Date, wie er es versprochen hatte. Er wirkte sehr besorgt, als er mich so aufgelöst mit Zorc und Aki vorfand. Aki erklärte ihm die Situation, da ich es nicht konnte. Er nahm mich einfach in den Arm und ließ mich nicht mehr los. ,,Es tut mir so leid", flüsterte er. Ich war kaum zu beruhigen. Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Mats mich mit zu sich nach Hause nehmen konnte, bis Stephan mich entlassen konnte, mit der strengen Auflage mich am Abend sowie am Morgen bei ihm zu melden. Es roch herrlich nach Essen, aber Mats zog mich in Richtung Sofa. Ich kuschelte mich an ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Brust, während er mich zudeckte. ,,Es tut mir unendlich leid! ich hätte diesen Link niemals teilen dürfen", flüsterte er, seine Stimme brach. ,,Es wäre sowieso irgendwann rausgekommen", Ich zog die Nase hoch, Mats schenkte mir einen Kuss auf die Haare. ,,Es tut mir so leid was dir passiert
ist". ,,Ich bin schuld mats. Ich habe dir nichts erzählt, weil ich Angst hatte das du mich auch verantwortlich machst und dann nichts mehr mit mir zutun haben willst". Er schwieg einige Sekunden, dann spürte Ich wie er meinen Kopf etwas anhob und unsere Lippen miteinander verband. ,,Niemals! Du bist nicht schuld Edin! Du hattest Vorfahrt. Der besoffene Kerl ist schuld! Er ganz alleine! Du nicht! Du hattest Vorfahrt! Du bist nicht schuld! Was hättest du den machen sollen? Du konntest es doch nicht ahnen, was passiert, woher solltest du wissen, dass der Kerl dir direkt ins Auto brettert?" ,,ich habe noch eine Vollbremsung hingelegt, aber es war schon zu spät", flüsterte ich. ,,Du hast alles versucht. Es war ein furchtbarer Unfall, du bist nicht schuld daran!"  versicherte er mir seine Worte taten mir mehr als gut. ,,Ich will nicht mehr darüber sprechen, Ich bin ab morgen wieder in Therapie, bleibst du trotzdem bei mir? Auch wenn ich so kaputt bin?" ,,Natürlich! Ich bleibe bei dir! Egal was passiert, wir führen eine Beziehung und da ist einer für den anderen da. Ich stehe hinter dir und das wird auch so bleiben, selbst wenn es dir so schlecht geht", seine Stimme war voller Liebe. Ich war erleichtert, ich konnte Mats wirklich alles anvertrauen was mich beschäftigte.  ,,Können wir uns einfach einen schönen Abend machen? Du hast mir gefehlt" ,,natürlich Schatz", flüsterte er. ,,Was hast du
gekocht?" Ich sah auf, Mats strich mir mit dem Daumen sanft eine Träne von der Wange. ,,Spätzle und Braten", Ich lächelte, ,,mein Lieblingsessen", ,,Ich weiß", lächelte er zurück und küsste mich wieder mit so viel Liebe, dass ich beinahe in diesem Kuss
unterging. ,,Bist du soweit?" fragte er liebevoll und konnte mir damit ein Nicken entlocken.

Wo die Liebe hinfällt. Terzic × HummelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt