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Prince sprang absolut fantastisch. Ich war richtig stolz auf ihn. Zoe zeigte mir anschließend die Videos die sie gemacht hatte. Ich legte Musik drunter und lud sie auf Instagram hoch.
Am Sonntag fing ich mit King an zu springen und danach war Penny dran. Beide gaben sich Mühe. Bei King hatten wir die eine oder andere kurze Diskussion zum Thema durchparieren zum Trab, aber die haben wir auch gelöst bekommen. Die nächste Woche hielt ich mich strickt an den Plan. Ich ging zu Calli und arbeitete mit ihm und Lisa. Es machte mir sehr viel Spaß und Lisa und ihrer Mutter gefiel es auch.
Am Mittwochabend rief mich überraschenderweise Frau Mesner an.
„Hallo?" mein Herz schlug etwas schneller.
„Hallo Helena, es tut mir leid, dass ich so spät anrufe, aber ich habe eben eine Anfrage für sie bekommen." ich verstand nicht ganz. Für was eine Anfrage? Für Beritte? Unterricht? Box? Als Frau Mesner verstand, dass ich nichts verstand, erklärte sie mir es noch mal.
„Chiara, eine Einstellerin von hier hat uns gefragt ob du auch bei anderen Beritt machst. Ich habe ja gesagt und sie wollte daraufhin, dass ich dich mal frage."
„Das hört sich cool an. Wie wärs wenn ich mal mit ihr spreche? Morgen bin ich ja da, oder Freitag." schlug ich vor.
„Ja sie ist morgen auch da." ich beendete das Telefonat.
„Und was wollte sie?" fragte Jo während er seine Pizza aß.
„Noch jemand will, dass ich Beritt mache." etwas ungläubig starte ich die Hälfte der Stücke meiner Pizza an.
„Das ist doch super." Jo freute sich. Ich nickte langsam. 
So wie das letzte Mal auch, fuhr ich um kurz vor fünf zu Calli. Diesmal war ich aber ganz schön aufgeregt. Wer war wohl die Frau? Oder das Mädchen? Ist sie nett? Kann sie gut reiten? All diese Fragen schwirrten mir im Kopf als hin fuhr. Ich parkte das Auto auf dem Parkplatz und lief durch das Tor in die Stallgasse so wie immer. Frau Mesner sah mich gleich und kam auf mich zu. Eine schlanke Frau mit schulterlangen braunen Haaren kam hinter her.
„Hallo ich bin Chiara." stellte sie sich vor.
„Hallo, Helena." gab ich freundlich bekannt.
„Elisabet hat mir viel von dir erzählt und ist total begeistert von der Entwicklung von Calli. Ich habe auch mal eine kurze Zeit mit ihm gearbeitet, ich bin aber leider nicht so zurecht gekommen." erzählte sie mir. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt.
„Aber mein Problem ist das meine alte Reitlehrerin leider nicht mehr kommen kann da sie umgezogen ist. Eher ausgewandert." fuhr sie fort. „Elisabeth hat mir Dich vorgeschlagen und ich dachte mir warum nicht? Sie meinte du würdest bereiten und Unterricht geben."
„Ja das machen wir bei Calli zur Zeit. So kann ich Lisa und das Pferd fördern und unterstützen."
„Das hört sich sehr gut an." sie war nett und ich mochte sie sehr. Wir liefen etwas weiter als Callis Box. Eine wunderschöne braune Stute mit großer Blesse streckte den Kopf zu uns.
Das ist Feli." stellte Chiara, mit etwas stolz in der Stimme, ihr Pferd vor. „Sie ist 8 Jahre alt."
„Ein wunderschönes Pferd." merkte ich an. Chiara lächelte.
„Ich würde vorschlagen ich schaue mir euch mal an und wir können dann gemeinsam einen Trainingspaln oder sowas erstellen." schlug ich vor. Sie nickte.
Während sie Feli fertig machte unterhielt ich mich noch etwas mit ihr. Ihr Ziel ist es in die Turniersparte zu gehen. Mit ihrer alten Lehrerin hatte sie das auch schon gut hinbekommen, aber Feli ist ein sehr sensibles Pferd und merkt wenn etwas nicht stimmt. Chiara fühlt sich ohne Unterricht sehr unwohl weil sie Angst hat etwas falsch zu machen. Das beunruhigt Feli und die zwei geraten in einen kleinen Kampf.
Wir gingen raus auf den Platz. Sie saß auf und ritt Schritt. Feli machte große Schritte und nickte schön mit der Bewegung. Chiara machte einen etwas nervösen Anblick was mich komischerweise entspannen lies.
„Okay wir probieren mal etwas." sagte ich. Sie sah mich neugierig an.
„Versuche mal den Zügel etwas aufzunehmen, so das du ihre Nickbewegung spürst, dennoch Kontakt zu ihr hast. Dabei lässt du ihre Schritte größer und kleiner werden." begann ich den Unterricht. Es stellte sich heraus, dass Chiara eine ganz gefühlvolle Reiterin ist und sie sehr fein reitet was mich enorm freut. Wir verstanden uns gut und sie war begeistert von meiner etwas anderen Herangehensweise an verschiedene Aufgaben. Wir vereinbarten den Freitag als Reitstunde und Mittwoch sollte ich Feli reiten. Ich war damit einverstanden. Sehr sehr glücklich fuhr ich wieder heim.
Abends erzählte ich Jo davon und er freute sich auch sehr.
„Was verdienst du am Tag durchschnittlich?" hörte ich mich plötzlich sagen.
„Wie kommst du da drauf?" stellte er die Frage zurück. „So um die 100€-150€. Das wären dann zwei bis drei Reitstunden und drei bis fünf Pferde die ich geritten bin." rechnete er mir zusammen. Ich hatte heute mit Calli und Feli 50€ verdient. Wir unterhielten uns noch kurz darüber und gingen dann schlafen.
Am Samstag fuhren wir zu meiner Mum nach der Springstunde. Sie freute sich sehr über unseren Besuch. Wir aßen Kuchen den sie gebacken hatte und unterhielten uns.
„Ich muss euch unbedingt besuchen kommen." meinte sie immer und immer wieder.
„Um ehrlich zu sein Mum, es wundert mich, dass du noch nicht da gewesen bist."
„Ich will euch ja nicht auf die Pelle rücken, ihr seid bestimmt froh etwas Ruhe zu haben." ich musste etwas grinsen. Ruhe? Naja, abends vielleicht.
Es war ein schöner Tag. Der Sonntag dagegen war etwas chaotisch. King hatte ein dickes Bein am Morgen und ich machte mir die größten Sorgen. Jo meinte ich soll nicht so überreagieren, es wäre nichts. Er lahmte nicht und warm war es auch nicht. Ich lies ihn Schritt gehen. Danach war es etwas dünner, aber ich war noch nicht zufrieden. Für ihn war noch ein Pausetag angesagt. Jo fuhr über Mittag auf ein Turnier und ich ritt mit Zoe, Mali und Penny aus. Es war sehr schön, dennoch hatte ich die ganze Zeit Angst um meinen King. Ich hatte Angst davor er hätte etwas schlimmes. Am Montagmorgen war die Schwellung schon zurück gegangen, dennoch entschied ich mich nur für einen Spaziergang. Auch Claudia sah sich das ganze an.
„Lass ihn ruhig noch morgen schritt gehen und longiere ihn dann etwas locker." war ihr Rat. Dennoch ritt ich mit Mali und Prince bei ihr Unterricht. Es klappte sehr gut.
„Was hältst du davon mal eine A Dressur zu nennen?" fragte sie mich.
„Mit wem? Ihm?" Ich deutete auf Prince.
„Wenn du willst. Ich hätte eher an Mali gedacht." ich grinste.
„Gar keine so schlechte Idee." meinte ich. Sie nickte.
„In zwei Wochen ist in Oberursel ein Turnier. Ich wollte da eine M und eine L gehen." diese Idee mit dem Turnier fand ich gar nicht so schlecht. Ich besprach das mit Jo und nannte mich mit Mali in einer A Dressur. Ich freute mich. Am Abend suchte ich mir eine Übung für Gymnastik aus. Diese baute ich nach der Arbeit im Stall auf und fing mit Mali an, danach war Prince dran und Zoe ritt mit Penny mit. King lies ich noch mal Schritt im Wald laufen. Er genoss den Spaziergang. Ich lies den Zügel baumeln und lobte meinen braunen. Ich war so stolz wie sehr er sich entwickelt hatte. Einfach nur toll! Vor einem Jahr hätte ich mir so einen entspannten Spaziergang nicht vorstellen können.
Jo kam über Mittag heim. Er nahm mich danach wieder mit. Er ritt einer seiner Berittpferde, während ich ihm das nächste fertig machte. Es war Eclipse. Ich strich über ihr schönes seidiges Fell. Kurz hatte ich den Drang an ihr zu riechen. Tu es nicht! Schnell lief ich in die Sattelkammer und holte den Sattel.
Nachdem ich Eclipse Jo in die Halle gebracht hatte, nahm ich ihm den Fuchs wieder ab.
„Du bist Helena, richtig?" sprach mich plötzlich eine junge Frau mit braunen langen Haaren an. Sie lächelte.
„Ja." ich sah in ihre grünen Augen und die langen Wimpern. Wow!
„Sehr gut. Eine Freundin hat mir von dir erzählt. Sie meinte du würdest ihr Pferd jetzt trainieren und schon nach der ersten Reitstunde einen Unterschied feststellen." begann sie. Ich konnte kaum glauben was ich da hörte.
„Entschuldige, ich bin Nessi. Chiara ist eine sehr gute Freundin von mir. Sie hat mir sofort von dir erzählt als du am Freitag da warst."
„Das ist wirklich sehr lieb, kann ich ihnen irgendwie weiter helfen?" ich hatte da so eine Ahnung.
„Also, ich habe schon seit 3 Jahren eine Stute, sie heißt Madelina. Sie ist sehr brav, aber nicht wirklich rittig. Sie kennt nicht wirklich die Hilfen und ist oftmals sehr fraglos. Ich habe eine Tochter, sie ist jetzt 8 und möchte unbedingt reiten lernen. Ich hätte mir erwünscht, sie würde auf Madi reiten lernen. Aber ich kann einfach nicht gut genug reiten um sie feiner zu reiten. Vielleicht könnten sie mir da helfen?" ich hatte in der Zeit wo Nessi gesprochen hatte, den Sattel vom Rücken genommen und ihm die Gamaschen ausgezogen.
„Es klingt sehr interessant. Aber wie groß ist Madi denn?"
„Sie ist ein etwas zu groß gewordenes Pony. Also knapp 1,50m groß." meinte sie. „Sie steht hier vorne, wenn du willst kann ich sie dir zeigen." ich nickte und wir marschierten auf  eine Box zu mit dem Namensschild vorne „Madelina". Eine süße Ponynase streckte uns entgegen. Sie hat eine Laterne und leuchtende Augen. Ich kribbelte ihre Nase und sie wackelte damit.
„Hallo, na du? Alles gut?" Madi ist wirklich klein, ich hätte zu Nessi ein etwas größeres Pferd zugeordnet.
„Sie ist sehr süß und ich kann sie sehr verstehen. Mich würde es auch sehr interessieren Madi zu reiten. Ich werde gleich mal mit Joey reden." Nessi nickte. Ich brachte den Fuchs weg und lief zur Halle. Jo kam gerade auf die Tür zu geritten, also öffnete ich sie ihm.
„Danke." er grinste. Als er abgestiegen war half ich ihm Eclipse wieder abzusatteln.
„Was hast du heute noch vor? Hast du noch Unterricht?" fragte ich so nebenbei.
„Ja, noch eine Stunde, aber in Bad Soden. Warum?"
„Ich habe eben noch eine Anfrage wegen Beritt bekommen."
„Echt? Von wem?" er klang nicht ganz so begeistert. Fand er das blöd, dass sich hier auf dem Hof einer für mich interessierte?
„Nessi, ihr Pony ist Madelina." ich deutete auf die Box.
„Ach so, ja das Pony ist ziemlich stur. Sie reitet nur selten, geht eher ausreiten. Warum sollst du es reiten?" es klang so als würde ich mich da auf etwas einfaches einlassen.
„Sie möchte, dass ich es feiner reite, damit ihre Tochter reiten lernen kann, auf ihr."
„Oh ok." sagte er nur, ich rollte die Augen und kratze die Hufe aus.
„Findest du es blöd?" ich konnte nicht anders.
„Warum sollte ich das blöd finden?"
„Das frage ich mich auch." gab ich zurück.
„Dann ist ja alles geklärt."
„Aber warum reagierst du so?"
„Wie reagier ich denn?"
„Naja, so herablassend, als ob das nichts besonders wäre."
„Naja, ist es auch nicht wirklich." ich sah ihn entgeistert an.
„Sorry, sorry, sorry. Ich meine du kannst doch viel mehr, du hast etwas besseres verdient." er kam auf mich zu und nahm meine Hände. Ich verrollte genervt die Augen und entzog mich von seinem Griff. Er lies aber die eine Hand nicht locker.
„Ich freue mich aber, wenn du damit glücklich bist."
„Ich bin glücklich damit."
„Dann bin ich das auch!" er grinste. Später suchte ich Nessi um ihr Bescheid zu sagen, dass ich jetzt Zeit für sie hätte.
„Ja, das wäre prima!" schon verschwand sie in der Sattelkammer. Sie zeigte mir den Spind ihres Ponys und den Sattel. Schon gleich bemerkte ich, sie hatte ziemlich viel Geld. Alles war aus sehr hochwertigem Material. Ich staunte nicht schlecht als sie ein sehr elegantes Lederhalfter nahm und es ihrem Pony überstreifte. Madi trat aus der Box und wuchs gleich noch ein paar Zentimeter. Etwas erleichtert war ich schon. Klar ich bin nicht die größte, aber auf ein Pony sitze ich dann doch nicht so gerne. Wir putzen gemeinsam das braune Fell.
„Also beim putzen ist sie super lieb. Sie lässt sich überall anfassen und am liebsten möchte sie am Ohr gekrault werden." sie fing an mit dem Striegel an dem braunen Ohr zu kratzen und Madi spitze die Lippen. Ich musste grinsen. Nessi legte geschickt die Bandagen an die Beine ihres Pony und ich sattelte die kleine. Auch hier stand sie wie eine Eins! Schließlich zog ich mir einen Helm auf, Stiefel hatte ich keine, also mussten meine Turnschuhe herhalten. Wir liefen auf den Platz.
„Draußen ist sie etwas motivierter, drinnen ist es ihr zu langweilig. Am liebsten geht sie raus in den Wald. Da ist sie auch total brav!" erzählte Nessi. Ich saß auf und lies den Zügel erstmal lang. Ich konzentrierte mich auf mein Gefühl. Mein Gefühl was mir sagen sollte, was mit Madi los war? Was sie mir sagen möchte? Ziemlich schnell fand ich raus, dass sie nicht wirklich auf die Äußeren Hilfen, generell Hilfen reagierte. Also fingen wir von ganz vorne an. Nessi gab mir eine Gerte, um die ich bat. Ich fing an mit Zirkel und aus dem Zirkel wechseln. Dazu drehte ich mich im Sattel und arbeitete mehr mit Gewichtshilfen als mit Schenkel und Zügel. Auch beim Wechseln, drehte ich mich in die andere Richtung. Ich ritt Schlangenlinien und viele Handwechsel. Zuerst im Schritt dann im Trab. Es klappte eigentlich ganz gut, ich hatte nicht das Gefühl Madi würde gleich irgendein Blödsinn machen. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie sich sehr konzentrierte und sie sich freute eine neue Aufgabe zu haben. Vor dem Galopp machte ich eine kurze Schrittpause und lies den Zügel etwas länger. Sie streckte sich und schnaubte.
„Das machst du gut." meinte ich und klopfte den Hals von ihr. Ich setzte die Arbeit fort. Ich lies sie auf dem Zirkel traben und gab mit meiner Hüfte einen kleinen Schubs, ich wollte sie so in den Galopp hinein schubsen. Zuerst trabte sie einfach schneller und wurde hektisch. Mit Stimme parierte ich sie wieder langsamer. Noch ein mal schubste ich mit der Hüfte und legte mein äußeres Bein etwas nach hinten. Diesmal verstand Madi was ich von ihr wollte. Ich lobte sie und ließ sie galoppieren. Wir galoppierten auf dem Zirkel und ganze Bahn. Immer mal wieder schickte ich sie mehr vorwärts dann wieder langsamer, ich ging in den leichten Sitz und setzte mich vermehrt an sie heran. Sie gab sich große Mühe. Am Ende der Stunde war sie sehr verschwitzt, aber man sah ihr an, es hat ihr Spaß gemacht. Nessi gefiel es auch.
„Das sah echt toll aus. Und auch so neu. Also sowas habe ich noch nicht gesehen." meinte sie. Ich grinste nur und dachte an Claudia. Sie hatte mir das ganze beigebracht. Ich machte mit Nessi aus, dass ich Dienstags, Donnerstags und Samstags komme. Ein mal gebe ich ihr Unterricht und zwei mal arbeitete ich mit Madi.

Aus eins wurde achtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt