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Den nächsten Morgen verbrachten wir leider drinnen, denn draußen zog ein Gewitter auf. Ich legte noch gerade rechtzeitig die Kissen von den Stühlen nach drinnen auf die Couch. Und mit einem mal prasselte der Regen nur so hinunter. Von weitem konnte man das grölen vom Donner schon hören.
„Wollen wir mal schnell bei den Pferden vorbei schauen?" Mir war etwas unwohl bei der Sache. Ich wusste nicht genau wie sich Mali bei einem Gewitter verhielt und schon gar nicht in einer neuen Umgebung.
„Ja können wir machen." willigte Zoe zum Glück ein. Ich schlüpfte schnell in meine Crocs und wir liefen Schellen Schrittes durch den Regen rüber in den Stall. Trotz des vielen Wassers das vom Himmel fiel war es ziemlich schwül. Wir schlossen die Türen etwas damit es nicht ganz so dolle hineinregnete. Dann lief ich zu meinem Pferd. Mali hob neugierig den Kopf aus ihrem Heuberg und grummelte.
„Na süße, alles okay? Ist nur ein kleines Gewitter. Das geht vorbei." sagte ich zu ihr und strich über ihre wunderschöne weiße Blesse. Aber sie machte einen ziemlichen entspannten Eindruck. Auch Penny war an unserem Besuch interessiert. Sie spitze neugierig die Ohren in unsere Richtung und schob den Kopf über die Tür. Ich kribbelte etwas an ihrer Schnute und brachte sie somit zum Flehmen. Ich musste lachen.
„Du süße Mausi." sagte Zoe zu ihrem Pony. Für mich war es immer noch total komisch, dass Zoe jetzt auf ein mal doch lieber ein Freizeitpony haben wollte. Ich finde schon, dass die zwei sehr gut zusammen passen, aber so richtig hatte es sich noch nicht in meinem Kopf eingesetzt.
Nach dem wir gefrühstückt hatten und das Gewitter nach ein paar mal lauten donnern und ein paar Blitzen vorbei gezogen war, machten wir uns wieder auf in den Stall. Denn heute würden wir eine super tolle Tour mitreiten. Die Leitung übernahm die Besitzerin des Hofes hier. Ich freute mich total. Treffpunkt war um halb zwölf vor dem Hoftor. Zoe und ich putzen also unsere beiden Pferdchen und schwangen die Sättel auf die Rücken. Mit meinen Stiefeln an den Füßen und meinem Helm auf dem Kopf war ich startklar und legte die Trense an mein Pferd. Draußen schwang ich mich mit Hilfe eines Hockers auf den Rücken meines Pferdes. Zoe tat es mir nach. Mit langen Zügel Liesen wir unsere beiden quer über den Hof laufen bis hin zum Tor. Dort stand schon eine junge Frau mit sehr langen roten Haaren und einer blauen Reithose. Gewagte Kombi, aber jeder ja so wie er will.
„Hallo." begrüßte sie uns aber sehr höflich und freundlich. Ich mochte ihre Stimme sofort. Sie hatte etwas von einer typischen Erzählstimme die in fast jedem Hörbuch vorkam.
„Hallo." begrüßten wir sie zurück. „Wir würden gerne die Tour mit reiten." sagte Zoe und hielt sich die Hand über die Augen, da die Sonne so blendete. Kaum waren die dunkeln Wolken verschwunden erhellte die Sonne den kleinen Ort wieder auf.
„Dann sied ihr bei mir genau richtig. Wir warten noch auf drei weitere Reiter. Sie kommen von einem anderen Hof, aber sie haben mir über die Formulare Bescheid gegeben, dass sie kommen." sie lächelte. Nach ein paar Minuten kamen drei weitere Pferde mit Reiterinnen die Straße hoch geritten. Wir begrüßten sie und schon ging es los. Direkt zum Strand. Lisa, wie sich die rot haarige Frau vorstellte, führte uns zu einem kleinen Schleichweg. Dieser führte uns direkt zu den Dünen und somit zum Meer. Anders als das letzte mal war das Wasser komplett zurück gezogen. Der matschige Sand war nur noch zu sehen. Immer mal wieder traten auch ein paar große und kleine Pfützen auf. Ich freute mich total. Am Strand selbst waren ein paar Familien oder Pärchen unterwegs, die auch wie wir, auf dem Weg dem Wasser nach, waren. Lisa ritt vor uns, Zoe und ich ritten hinter ihr und nebeneinander und hinter uns die drei anderen Reiterinnen. Mali schaute sich neugierig um und schnaubte. Ich lobte sie.
„Und wer seid ihr so?" fragte Lisa und drehte sich dabei im Sattel zu uns herum, dabei lächelte sie freundlich.
„Ich bin Zoe und das ist Penny." Lisa nickte anerkennend und sah mich an.
„Ich bin Helena, aber Leni ist völlig okay. Und das ist Malibu." stellte ich uns knapp vor.
„Und woher kommt ihr?"
„Wir kommen aus Kronberg, das ist in der Nähe von Frankfurt." beantwortete ich die Frage.
„Ah, wie lange habt ihr dann gebraucht bis hier her?"
„Ungefähr 6 ein halb Stunden." meinte ich. Bei diesem Gedanken musst ich schnaufen. Oh Gott, das mussten wir auch alles wieder zurück fahren. Nach unserem kleinen Smaltalk wagten wir uns an den ersten Trab im Watt. Und los ging's. Lisa trabte mit ihrem braunen Wallach Cool Jack, wie wir erfahren hatten, vorneweg. Er war tiefen entspannt, schließlich machte er diesen Ausritt bestimmt nicht zum ersten mal. Aber glücklicherweise war mein Pferd, die diesen Ausritt zum ersten mal machte, total entspannt und trabte mit lockerem Körper und Ohrenspiel hinter her. Neben uns trabte auch die kleine Penny und Zoe. Wir grinsten uns an. Ich genoss diesen Moment so sehr. So hatte ich es mir immer vorgestellt. Schon immer wollte ich so locker und entspannt ausreiten gehen. Als Kind hatte ich immer Videos von Youtubern angesehen die mit ihren Pferden sogar alleine ausreiten gingen und dabei überhaupt keine Angst hatten. Ich war schon immer ein Schisser, egal in welcher Situation ich gerade war. Es gab immer etwas wovor ich Angst hatte. Meine Cousine hatte sich deshalb öfter mal über mich lustig gemacht. Aber irgendwann hatte sie damit aufgehört und die Sache war gegessen. Nur war das erst vor 2 Jahren. Viel lieber hätte ich ihr meine Meinung schon eher gesagt, aber ich hatte Angst dass ich mich vor ihr blamieren würde, also hatte ich den Mund gehalten. Manchmal wenn ich auf jemanden so richtigen wütend bin, dann denke ich mir die wildesten Reden und Vorwürfe aus. Aber ich hatte es mich noch nie getraut sie wirklich aus zu sprechen. Zum Glück! Denn in diesen Reden waren so einige unerwünschte Ausdrücke drinnen. Aber um wieder zurück zu Thema zu kommen, ich war wirklich froh und dankbar so ein wundervolles Pferd kennen gelernt haben zu dürfen. Und dazu gehört natürlich auch dass ich es mir leisten kann, oder eher meine Eltern. Das ist eigentlich der Hauptgrund für meine Dankbarkeit. Und dann galt ein großes Stück meiner Fröhlichkeit meiner besten Freundin, Zoe. Ohne sie wäre ich jetzt immer noch die ängstliche kleine Maus die sich wahrscheinlich nicht ein mal getraut hätte sich vor zu stellen. Durch Zoe habe ich gelernt nicht vor allem angst zu haben, durch sie traue ich mich etwas und freue mich darüber. Was ich auch gelernt habe ist, sich über die positiven Sachen zu freuen, nicht über die negativen. Man sollte das meiste positiv sehen.
Nach einer Weile parierten wir wieder durch und unterhielten uns. Zuerst sprach Lisa das Thema Pferdesport an. Was wir davon hielten und ob wir auf Turniere reiten würde. Ich gab ihr eine simple Antwort: „Also Sport generell finde ich okay, man darf es nur nicht übertreiben und auf die Gesundheit von Pferd und Mensch achten. Ich selber gehe nur ein paar Turniere. Also letztes Jahr bin ich auch nur eins gegangen. Aber ich wollte das eigentlich dieses Jahr steigern. Nur hatte sich so einiges dazwischen gesetzt." Lisa wurde neugierig und somit erzählte ich meine Geschichte von Sweetie und King und schließlich von Malibu. Lisa war sichtlich beeindruckt.
„Wow, da hast du dann ja einiges zu tun."
„Ja." auch Zoe erzählte ein bisschen von ihrem vergangenem Jahr. Natürlich berichtete sie auch von Prince und auch von Penny. Später trabten wir noch etwas durchs Wasser das sich am Boden gesammelt hatte. Malibu hatte ihren Spaß, sie ging hoch erfreut und neugierig durch das Wasser und bei den anderen Pferden. Sie spitzte die Ohren immer wieder nach vorne und drehte sie auch wieder zurück zu mir. Früher wäre ich in totale Panik geraten wenn ihre Ohren nicht permanent bei mir gewesen wären. Ich hätte angst bekommen, dass sie mir gleich los rennen würde oder anfangen würde zu buckeln. Und genau durch solche Themen oder Situationen hatte mir immer Zoe heraus geholfen. Sie hatte mir immer wieder erklärt das alles gut sei und mir den Gesichtsausdruck von meinem Pferd beschrieben. Das hatte mich immer beruhigt, bis ich mir irgendwann dann selbst das Gesicht meines Pferdes ausgemalt hatte.

Aus eins wurde achtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt