Alessandro, der vorhin von einem Stallburschen zu den Stallungen geführt wurde, stand draußen auf dem Platz und wartete bereits auf mich, als die den Palast verließ. Wir ritten aus der Stadt heraus und sobald wir das Stadttor passiert hatten, tauchte ich in meine Macht ab. Ich zupfte an der Verbindung zu Liora und Caylin. Es war viel Magie nötig gewesen um die beiden aus Calea zu schaffen und noch mehr um das vor mir selbst zu verschleiern. Seit mein Geist wieder vollständig befreit ist, spürte ich die Verbindung, die seit diesem Tag zwischen uns schlummerte.
„Arabella?" Das war nicht Liora. Und auch nicht Caylin. Ich atmete stockend aus.
„Wieso...?", begann ich und erhielt ein raues Lachen als Antwort.
„Denkst du ich merke es nicht, wenn du deine Magie ausschickst? An meinem Hof?" Ich konnte sein überhebliches Grinsen förmlich vor mir sehen.
„Ich will mit Caylin sprechen", forderte ich ungehalten.
„Nana, nicht so unhöflich, Prinzessin. Ich kann dir bestimmt auch helfen", hielt er dagegen.
„Hör auf die Verbindung zu blockieren!"
Er lachte wieder. „Sie hätte es nicht bis hierher geschafft, nur durch mein Zutun ist sie überhaupt hier angekommen."
„Jaja", murmelte ich und schnitt eine Grimasse. Am anderen Ende war es einen Moment zu lange still.
„Was war das denn gerade?", ertönte es dann.
„Vaughn!", seufzte ich genervt und hielt dann inne. Alles was ich hörte, war ein pochender Herzschlag, der nicht mein eigener war.
„Wo bist du?", durchbrach er schließlich die Stille.
„Bei einer Verwandten", erwiderte ich vage.
„Und wie gefällt dir der Regenbogenpalast?", fragte er prompt und unwillkürlich zuckten meine Mundwinkel amüsiert.
„Er ist schöner als alle Paläste, die ich bisher gesehen habe." Wieder lachte er. Rau und dunkel, eine Mischung aus Freude und Melancholie. Vorsicht König, man könnte meinen, dass sie mich mögen.
„Was planst du?" Ich klopfte Alessandros Hals und ließ den Blick über die Umgebung schweifen. Direkt hinter der Stadt begann das Gebirge. Selbst mit einem andalesischen Stallion würde ich mindestens zwei Tage brauchen, um bis zu den Klippen zu kommen.
„Wir sind gerade dabei die Schiffe aufzurüsten. Wir studieren deine Aufzeichnungen. Meine Truppen sind bereit, Arabella."
„Du...", entfuhr es mir, dann stockte ich. „Das ist...", begann ich wieder. „Du musst das nicht machen", brach es aus mir heraus. Denn ich wollte keinesfalls, dass er seine Armee in einen Krieg schickte, nur weil er sich mir gegenüber schuldig fühlte oder seinen Schwestern etwas beweisen wollte.
„Es ist notwendig. Wir müssen zusammen halten." Seine Stimme war ruhig, sein Ton so bestimmt und die Worte so schlicht. Dennoch bedeuteten sie unglaublich viel.
„Als ich dich geholt habe, habe ich etwas gespürt. Etwas dunkles, lebendiges. Es war als wäre es gerade dabei aufzuwachen. In der Luft, in der Erde. Es war überall. Ich habe etwas ähnliches noch nie gefühlt. Und ich muss zugeben, dass es mich beunruhigt." Ich fluchte und rieb mir über die Arme, als mir ein Schauer über den Körper lief. Ich hatte es auch gespürt. An dem Tag, an dem der dunkle König mich umbringen wollte.
„Ich träume jede Nacht davon. Von diesem etwas. Dieser Dunkelheit. Helena hat mir geraten eine der Hexen, die der Traumdeutung mächtig sind, aufzusuchen."
„Du würdest Tage verlieren." Ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte. „Aber wenn wir auch nur den kleinsten Hinweis darauf kriegen, was das zu bedeuten hat, lohnt es sich."
„Das glaube ich auch. Ich weiß, dass ich ihn besiegen kann. Irgendwas sagt mir, dass er schwächer ist, seit mein Bann gelöst ist. Aber wie sollen wir kämpfen, wenn wir nicht wissen wogegen? Ich, meine ich", korrigierte ich mich schnell. „Wie soll ich kämpfen." Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu fluchen. Dämlich, dämlich, dämlich, schimpfte ich daher still.
„Ich mache mich gleich auf den Weg", verkündete ich der Stille und trieb Alessandro an. „Spürst du, wo ich bin?", fragte ich nach einer Weile.
„Ja." Er klang atemlos. „Muss kurz einen Kampf gewinnen." Ohne Vorwarnung sendete er mir ein Bild von dem was sich vor ihm befand. Rouven in Kampfausrüstung mit erhitztem Blick auf einem Übungsplatz, der von Tribünen umringt war. Ich keuchte bei der Erinnerung und sprang von Alessandros Rücken. Eine Arena. Lautes Johlen. Nebel in meinem Kopf. Blut. Tod.
Mir wurde schwarz vor Augen und meine Beine gaben nach. „Es tut mir leid", erklang seine Stimme. Weicher und auf eine Art besorgt, die mich irritierte.
„Schon okay", presste ich hervor und legte mir beide Hände auf den Mund. Die Übelkeit klang nicht ab. Alessandro schnaubte und stupste mich sanft an. „Alles gut", beruhigte ich ihn. „Ich brauche nur einen Moment. Ich legte mich auf den Rücken, streckte die Beine in die Luft und versuche krampfhaft die Ohnmacht abzuschütteln.
„Ich wollte das nicht. Ich habe es nicht bedacht." Warme Magie strich über meine Schulter und die Anspannung ließ nach. Mit geschlossenen Augen nahm ich seine Stimme noch intensiver wahr. Es wunderte mich überhaupt, dass eine Stimme in meinem Kopf allein nicht ausgereicht hatte, um mich umzuhauen. Ich habe sie nicht einen Moment als bedrohlich eingestuft.
Wieder strich seine Magie über meinen Arm, so wahrnehmbar, dass ich zusammen zuckte. Er ist gut, dachte ich und verkniff mir ein Augenrollen, dennoch spürte ich wie meine Mundwinkel nach oben zuckten.
„Woran denkst du?", fragte Vaughn und erst als ich einen Atem wahrnahm, der nicht Alessandro gehörte, schreckte ich hoch.
„Was, verdammte Anderswelt, soll das?" Vaughn grinste, so breit und frech, dass ich mir meiner schutzlosen Situation überdeutlich klar wurde und sofort aufstand.
„Hey." Er trat zwei Schritte zurück und verschränkte die Arme in einer abwehrenden Haltung vor der Brust. „Ich würde sagen, ich weiß genau, wo du dich befindest."
„Du solltest aufhören Verbindungen anzuzapfen, die nicht an dich gerichtet sind", schimpfte ich grummelnd.
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Erzählt mir doch mal, was euch an der Geschichte gut und was nicht so gut gefällt. Das würde mir sehr helfen ❤️
Und außerdem hatte ich richtig den Überarbeitungsflow und jetzt fleißig vorgearbeitet. Also lieber jeden Tag ein Kapitel oder auch mal mehrere an einem Tag und dann ein paar Tage keins?
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The Lost Princess
FantasyEine gefangene Prinzessin, ein dunkler König und eine Mission, bei der es gilt unüberwindbare Hindernisse zu meistern. Arabella verliert jegliche Kontrolle. Über ihr Schwert und über sich selbst. Ihr Vater steuert sie, benutzt sie als sein Werkzeug...