Kapitel 88

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„Jetzt sind es wohl nur noch wir beide."

Er lächelte gefährlich und erhob sich gemächlich von seinem Thron. „Das ist nichts, was du dir wünschen solltest, Tochter. Wenn ich ehrlich bin, erfüllt es mich mit reiner Freude, dass du noch am Leben bist. Ich habe dazu gelernt, weißt du? Durch das Aufdecken der kleinen Scherze, die du dir unter meiner Herrschaft erlaubt hast. Wie geschickt es dir gelungen ist, meine Befehle zu umgehen. Keine Sorge, diese Freiheiten werden dir nun nicht mehr vergönnt sein." Er seufzte tief. „Du hattest deine Chancen, Tochter. Nun habe ich keine andere Wahl mehr."

Das magische Pochen unter meinen Füßen erstarb. Der Boden verfärbte sich zuerst grau und dann nahezu schwarz. Vier Schattenreiter erschienen wie aus dem Nichts und bauten sich um mich herum auf.

„Und ich dachte wirklich du wärst mutig genug, um allein gegen mich anzutreten. Für derart feige hatte ich dich tatsächlich nicht gehalten." Aufmerksam beobachtete ich das Zucken seines Kiefers. Seine schwarzen Augen verengten sich zu Schlitzen. Ich hatte ihn.

„Kriecht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid", befahl er verächtlich. Er spuckte die Worte nahezu aus und die rötlich glühenden Augen der Nigroms richteten sich nun auf ihn. Sein Tonfall gefiel ihnen ganz und gar nicht, dennoch waren sie im nächsten Moment wie vom Erdboden verschluckt.

„Also gut. Ich gewähre dir den ersten Schlag."

Damit wollte er mich aus dem Konzept bringen, aber das würde ihm nicht so einfach gelingen. Ich erhob mein Schwert, goldenes Sonnenlicht fiel auf die Steine und das Strahlen nahm zu. Reines, tiefgrünes Viridian.

Ich konnte kaum glauben, als ich sah, wie mein Vater die Fassung verlor. Ihm fiel alles aus dem Gesicht, während das grüne Schimmern nun auch auf die funkelnde Klinge überging.

„Woher hast du das?", brüllte er. Seine Gesichtsfarbe wurde knallrot. Schatten stiegen aus dem Boden empor, züngelten wie Flammen an meinen Waden. Die Runen auf seiner Haut schienen lebendig zu werden, sie zuckten, pochten und wanden sich. Sie schienen aus purem schwarz zu bestehen. Als wären sie farblos, keine Lichtreflektion, einfach nur pure Dunkelheit.

„Bereit, wenn du es bist, Vater." Mit erhobenem Schwert nahm ich meine Kampfposition ein. Einen Ausfallschritt, das Gewicht mehr auf dem hinteren Fuß, bereit vorzustürmen oder auszuweichen. Abwartend ließ ich meine Klinge durch die Luft wirbeln, wobei ich mir einbildete, dass sie ein leises Summen von sich gab.

Der dunkle König stürmte vor, Hass loderte in seinen Augen, die sich bis zur Unkenntlichkeit schwarz verfärbt hatten. Mit Leichtigkeit wich ich seinen Hieben aus, ohne auch nur einen einzigen parieren zu müssen. Die Erde unter mir grollte. Ich spürte, wie er wütender wurde, die Kontrolle verlor.

Ich dagegen wurde immer ruhiger. Ich täuschte einen Ausweichschritt nach rechts vor, duckte mich stattdessen unter seinem Hieb und rammte das Heft eines Dolches von unten gegen seine Schwerthand. Er brüllte, mehr vor Wut als vor Schmerz, als das Schwert aus seiner Reichweite geschleudert wurde.

Mit einem Schrei, der genauso menschlich klang, wie das Brüllen von Azra, zog er zwei Kurzschwerter und griff erneut an. Seine Hiebe waren wuchtiger, derart entschlossen, dass ich gezwungen war, zwei Schritte zurückzuweichen.

„Greift sie an!", kreischt er. „Tötet sie alle!" Lautes Grölen und das Geräusch, dass tausende schwere Stiefel, die im Einklang nach vorne stürmten, brachte den Boden zum Beben.

Sein Ausdruck veränderte sich. Er war noch immer von unverwechselbarem Wahnsinn gezeichnet, doch da war dieses unheilvolle Funkeln im schwarz seiner Augen, als er erneut angriff. Ganz anders als davor, kontrollierter, vorausschauender.

Drei Hiebe in einer kurzen Abfolge, die ich alle mit dem Schwert parieren musste. Er griff mit beiden Kurzschwertern an und meine Dolche waren nicht dazu gedacht einem Schwerthieb standzuhalten. Ich drehte mich im letzten Moment und entging einem Hieb, der meinen Arm abgetrennt hätte. Er kämpfe konzentriert, während ich mich immer wieder dabei erwischte zu lauschen, ob etwas von dem Krieg, der nun hinter der Feuerwand toben musste, zu mir durchdrang.

Mir brach der Schweiß aus, während ich immer schneller werden musste, um seinen Klingen auszuweichen. Ich konnte keinen klaren Gedanken machen, während seine Hiebe, aus purem Hass erfüllt, immer stärker wurden.

Einen Rückschritt antäuschend, bei dem ich hoffte, dass er es sah und erkannte, gelang es mir ihm eines seiner Kurzschwerter aus der Hand zu schlagen, doch im nächsten Moment spürte ich die Kälte einer Klinge an meinem Hals. Es war eine Finte gewesen. Ich hatte sie ihm gestellt und er hatte sie mit seiner eigenen beantwortet. Und ich war darauf gefallen. Er trat hinter mich und pfiff vergnügt, während sein Schwert weiterhin gegen mein physisches Schild drückte.

Er lachte. Dasselbe Lachen, wie im Palast. Dasselbe grausige Lachen, dass er immer von sich gab, wenn er einen Gegner besiegt hatte, kurz bevor er ihm den Kopf abschlug.

„Gib auf, Tochter."

„Niemals." Ich verstärkte mein physisches Schild und rammte ihm meinen Hinterkopf gegen die Stirn. Mit einem scharfen Brennen machte sich seine Klinge bemerkbar. Seine Magie hatte mein Schild durchdrungen. Ich wirbelte herum, griff an und legte all meine Kraft in die nächsten Schlagfolgen. Auch sein Kurzschwert war nicht dazu geeignet, die Wucht meiner Hiebe abzuwehren.

Mehrmals versuchte er mich hinterrücks zu erstechen, doch ich war jetzt konzentriert, vollkommen auf ihn und seine Bewegungen fokussiert. In Geduld übend, lenkte ich ihn in Richtung der Feuerwand. Der Kampf war jetzt nahezu ausgeglichen. In einer seiner heimtückischen Versuche mich hinterrücks anzugreifen war es ihm gelungen, sich sein Schwert zurückzuholen. Trotzdem bemerkte ich mit grimmiger Zufriedenheit, dass er mit jeder Parade den lodernden Flammen immer näherkam.

Erst als ich sein Grinsen sah, spürte ich, dass die Schatten zu meinen Füßen sich verfestigten und sich wie eine Ranke um meine Knöchel geschlungen hatten. Meine Magie tobte und wütete und ich ließ sie frei. Ließ sie gegen die Schatten stürmen, wie ein Orkan, bestehend aus leuchtenden Wirbeln, doch sie verglühte, sobald sie mit ihnen in Berührung kam. Ich war bewegungsunfähig.

Triumph breitete sich auf dem Gesicht des dunklen Königs aus. „Da kommt dein Pferdchen um dich zu retten. Diese Gäule waren mir schon immer ein Dorn im Auge. Ich hätte den Stall noch viel früher abfackeln sollen." Unzufrieden schüttelte er den Kopf. Und tatsächlich über dem Lärm der Schlacht hinaus, hörte ich das Donnern. Dieses einzigarte Donnern, das nur Pferdehufe auslösen konnten.

Der Feuerring lichtete sich an einer Stelle und ich konnte sehen wie Les durch die Reihen der alejandrischen Armee stürmte. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. So wütend, so zerstörerisch, so tödlich wild. Genau das Schlachtross, das mein Vater ihn ihm gesehen hatte. Seine Soldaten waren tot, bevor sie die Gefahr auch nur erkannt hatten.

Les hatte seine Flügel ausgebreitet und pflügte sich quer durch die Reihen meines Vaters, hinterließ eine blutige Schneide.

„So, ich glaube das war genug." Mit aufgerissenen Augen musste ich zusehen, wie dieselben schwarzen Ranken, die mich umschlungen hielten, sich um Les Flanken wickelten. Er stieg und wieherte und ich schickte meine Magie zu ihm. Ließ sie in den Boden sickern, zwang sie durch die Schwärze, doch es reichte nur, um die Ranken für einen Moment bewegungsunfähig zu machen.

„Sieh genau hin, Tochter." Schatten schossen aus den Ranken hervor, schlossen sich um seine Hinterbeine, seinen Schweif. Herzzerreißendes Wiehern schallte durch die Luft, übertönte alles andere und Tränen liefen über meine Wange, während die Dunkelheit zunahm. Die Schattenranken immer höher wuchsen. In dem Moment, in dem Les versteinerte, brach mein Herz.

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2. Kapitel der Lesenacht ❤️

Ich kann kaum fassen, dass es nur noch eine Woche bis Weihnachten ist 🌲 habt ihr schon alle Geschenke?

The Lost PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt