„Hier." Ich schreckte hoch und alles was ich wahrnahm, war mein dröhnender Kopf. Ich lag in einem weichen Bett, doch alles tat mir weh. Eine Wilkie bot mir etwas zu trinken an und legte mir dann einen kühlen Umschlag auf die Stirn. Als sie gegangen war, stellte ich zudem fest, dass sie ein Frühstückstablett da gelassen hatte. In einer schönen Vase standen verschiedene Blumen, die sich alle in der Farbe ihrer Blüten unterschieden. Sie summten vor Magie, als ich sie vorsichtig berührte. Um die Vase herum standen Teller mit verschiedene Früchten, ein warmes Getränk und kleine, duftende Teigwaren.
Ich nahm mir die Zeit, die ich brauchte, bevor ich Vaughn wieder gegenüber treten musste. Badete, aß, ich las sogar etwas um mich abzulenken und verließ erst gegen Abend mein Zimmer. Ich war zwar lange nicht bereit, aber dennoch fühlte ich mich gestärkt und musste meine Mission schließlich beenden.
Ich fand Vaughn in dem Zimmer, in dem ich damals das erste Mal mit ihm, Heela, Mina und den Jungs zusammen gesessen habe. Er sah nicht auf als ich durch die offene Tür eintrat und die Wächter hielten mich nicht auf. Ich war eh der Überzeugung, dass sie mehr dem Schein dienten, als dass sie Vaughn bei einer Gefahr wirklich helfen konnten. Wenn jemand sich selbst verteidigen konnte, dann er.
„Arabella", begrüßte er mich und deutete auf einen der dunkelgrünen Sessel, die mit schimmerndem Samt bezogen waren. Ich setzte mich hin und wartete bis er mich ansah. Als das nicht geschah, stand ich auf, ging um den mächtigen Tisch herum und stellte mich an das bodentiefe Fenster. Als er auch darauf nicht reagierte und meine Geduld nachließ, setzte ich mich auf die Kante seines Schreibtischs, so dicht bei ihm, dass ich die Liste bemerkte, die er gerade studierte. Nur um ihn zu ärgern, ließ ich meinen Blick über die Liste wandern, stockte aber, als mir auffiel, dass mir die Namen dieser Orte bekannt waren.
Ich riss ihm die Liste aus der Hand. „Was sagt sie aus?", rief ich und suchte auf dem Dokument nach einer Überschrift. „Wieso hast du eine Liste mit Namen von Dörfern Alejandriens?" Unruhe kroch in mir hervor, stetiger als der Kopfschmerz, der immer noch in mir pochte. Als Vaughns Züge sanfter wurden, breitete sich eisige Kälte in mir aus.
Ich sah ihm sein Unbehagen an, sogar Unsicherheit lag in seinen Zügen. Der König von Arubien war unsicher, wenn das nicht ein Grund zur Sorge war. Er befreite das Dokument vorsichtig aus meinen verkrampften Fingern. „Das sind Orte, an denen etwas vorgefallen ist." Betont ruhig beobachtete er meine Reaktion.
„An denen was vorgefallen ist?" Mühsam um Fassung und Beherrschung ringend, krallte ich meine Hände in die Tischplatte.
„Unerklärliche Ereignisse. Fauliges Flusswasser, sterbende Bäume. Etwas scheint sie zu vergiften. Die Wasserelfen und Waldelfen scheinen nicht dagegen anzukommen." Ein Ruck ging durch meinen Körper. Dann ging alles ganz schnell. Im Augenwinkel sah ich einen dunklen Schatten, der auf das Fenster vor dem ich stand, zusteuerte. Eine riesige Kreatur stürzte aus den Wolken. Ihre Augen glühten rot, ansonsten war sie pechschwarz. Nach einem Blick auf Vaughn, der mehr mit Missbilligung als mit Sorge der Kreatur entgegen sah, schleuderte ich kurzerhand einen Teil meiner Magie auf ihn. Schwarze Schuppen lösten sich von ihm, dort wo ich ihn getroffen hatte und fielen in die Tiefe.
Er brüllte und ein ekelhafter Gestank erfüllte die Luft. Wo die schwarzen Schuppen aufkamen, schrien die Fae. Alarmiert schoss Vaughn hoch und war einen Moment später verschwunden. Ich richtete meine Konzentration wieder auf dieses Vieh. „Du kommst genau zum rechten Zeitpunkt", flüsterte ich. Dann entließ ich meine Wut, meinen Zorn und meine Angst in Form von gebündelter, roher Magie auf das Wesen. Noch einmal kreischte es ohrenbetäubend, dann war da nur noch der schwefelige Gestank der an die Existenz der Kreatur erinnerte.
Am Abend betrat Rouven mein Zimmer. Auf meinen verwunderten Blick reagierte er nur insofern, dass er es sich auf einem der Sofa gemütlich machte. „Schönes Schauspiel, was du da heute vollbracht hast." Seine Züge und seine Stimme trieften vor Misstrauen. Wir sprachen zum erstem Mal miteinander, seit er weiß, wer ich war.

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The Lost Princess
FantasyEine gefangene Prinzessin, ein dunkler König und eine Mission, bei der es gilt unüberwindbare Hindernisse zu meistern. Arabella verliert jegliche Kontrolle. Über ihr Schwert und über sich selbst. Ihr Vater steuert sie, benutzt sie als sein Werkzeug...