Die Anziehung zwischen uns war nicht von dieser Welt. Ich spürte ihn so deutlich, so nah, dass ich nicht bemerkte hatte, dass meine Magie sich verselbstständigt hatte. Die Sprenkel in seinen Augen wurden dunkler, während meine Magie wie ein warmer Lufthauch über seine Haut strich.
Nur für einen kurzen, wunderbaren Moment öffnete er sein mentales Schild. Azra stieß einen empörten Schrei aus und setzte zur Landung an, während Vaughns Empfindungen auf mich einprasselten wie sanfte Regentropfen im Frühling. Er strich über meine Haare, die in der Sonne leuchteten, über meine Taille, meine Hüfte, meine Schenkel.
Nur am Rande bekam ich mit, wie wir von Azras Rücken stiegen. Er schob mich gegen einen hohen Stamm und ich strich ihm in einer sanften Berührung eine seiner dunklen Haarsträhnen zurück.
„Du hast", begann ich. Da wurde Vaughn von mir geschleudert und ich bereitete mich auf Villain vor, dem ich meinte gegenüber zu stehen, sobald ich mich umdrehen würde. Doch dann drang ein Knurren zu mir durch, dass nichts mit einem Fae oder einem Mensch gemein hatte.
Vaughn fluchte laut. Verdikal stand über ihm und hatte sein riesiges Maul aufgerissen, um ihm seine scharfen Zähne zu präsentieren und ihn lautstark anzubrüllen.
„Nein, das kannst du vergessen!", protestierte Vaughn und ich riss überrascht die Augen auf. Anscheinend war er einer der wenigen Fae, die die Sprache der Tiere verstanden. Verdikals Knurren wurde lauter und Verzweiflung breitete sich in Vaughns Gesicht aus, woraufhin meine nicht langanhaltende Besorgnis in starke Belustigung umschlug. Keno würde sich nachher kringeln vor Lachen, wenn ich ihm dieses Bild zeigen würde.
Vaughn schimpfte lautstark und rappelte sich schließlich auf, während Verdikal sich auf seinen Hintern setzte und auf etwas zu warten schien. Das sah so amüsant aus, dass ich mein Lachen nicht mehr länger zurückhalten konnte und Verdikal anerkennend zuzwinkerte.
„Fertig, Belle?", fragte Vaughn mit einem Tonfall der irgendwo zwischen äußerst gereizt und heimlich amüsiert lag. Er schickte einen finsteren Blick zu dem großen Braunbären, bevor er vor mir auf die Knie ging.
Ich runzelte verwundert die Stirn und sah von einem zum anderen. Von Azra war nichts mehr zu sehen, sie war längst wieder in dem Himmel empor gestiegen.
„Belle." Vaughn seufzte und ich spürte genau wie sich jeder einzelne seiner Schutzzauber senkte. Das mentale Schild. Das physische Schild, das ihn vor Angriffen schützte. Das Schild, das seine Magie verhüllte. Eines nach dem anderen, bis er schutzlos vor mir kniete. „Deine Hand, bitte."
Perplex reichte ich sie ihm und sah dabei zu, wie er ein Muster auf meinen Handrücken malte. Dann drehte er sie um, murmelte leise etwas vor sich hin und hauchte einen zarten Kuss auf die Innenseite meiner Hand.
Seine Lippen lösten ein warmes Prickeln aus. Jeder Muskel war angespannt und eine angenehme Hitze breitete sich in mir aus. Bunte Punkte begannen vor meinen Augen zu tanzen und eine Ehrfurcht nahm Besitz von mir, die ich noch nie vorher empfunden hatte. Leuchtende, rote Schlieren tanzten durch mein Blickfeld und warfen einen goldenen Schimmer auf den König vor mir.
Vaughn stand auf, machte jedoch keine Anstalten meine Hand loszulassen. „Bei den Bären ist es üblich, dass die Männchen sich den Weibchen unterwerfen", erklärte er und führte mich zurück zu dem Stamm, an den er mich gepresst hatte. Noch immer warf sich mein Herz mit einer Kraft gegen meinen Brustkorb, die Vaughn unmöglich entgehen konnte. Verdikal hatte sich, sobald Vaughn auf die Knie gegangen war, mit einem zufriedenen Brummen im Wald verzogen.
„Und das ist ihre Zeremonie?", fragte ich leise und sah zu ihm hoch.
„So in etwa." Er grinste. „Hätte ich deine Reaktion erahnt, hätte Verdikal mich gar nicht überreden müssen." Erst da bemerkte ich, dass sich mein physisches Schild in Luft aufgelöst hatte. Dass seine Magie über meine Haut strich, ähnlich wie ein Windstoß. Nur viel viel heißer.
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The Lost Princess
FantasíaEine gefangene Prinzessin, ein dunkler König und eine Mission, bei der es gilt unüberwindbare Hindernisse zu meistern. Arabella verliert jegliche Kontrolle. Über ihr Schwert und über sich selbst. Ihr Vater steuert sie, benutzt sie als sein Werkzeug...