17 ~ Das Zwergenhaus

1.7K 196 530
                                    

David ließ sich nicht davon abhalten, mich auch noch auf dem kurzen Weg von der Bushaltestelle bis nach Hause zu begleiten.

Wir schwiegen nicht mehr, sondern unterhielten uns über meine Familie, meine Freunde und meine Hobbys. Ich war froh, dass zwischen uns wieder alles okay war, aber mir entging nicht, dass er meinen Fragen nach sich selbst jedes Mal geschickt auswich und das Thema sofort wieder auf mich lenkte.

»Also gut«, sagte ich ernst, als wir vor unserem grün gestrichenen Gartentor standen. »Ich hab deine Frage von vorhin noch nicht beantwortet. Es wäre toll wenn du heute Abend mit uns auf die Party kommst und ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn wir Freunde werden.« 

David lächelte und sah für einen Moment richtig glücklich aus. Ein so seltener Anblick, dass er mich ganz tief im Inneren berührte.

»Okay. Dann bin ich dabei, Pequeña.«

»Super! Dann komm doch einfach um acht Uhr zu mir. Sara, Pete und ich treffen uns meistens vor Partys in unserem Gartenhäuschen. Es wäre schön, wenn du auch dazukommst.«

»Geht klar, Lil. Und ich würde dir gerne noch dein Interview geben. Du hast deswegen verdammt viel durchgemacht, also wäre das nur fair. Sag mir einfach, wann und wo wir uns dafür treffen und ich verspreche dir, dass ich deine Fragen diesmal ohne Zickereien beantworte.«

Ich lächelte ihn an und war ehrlich erfreut, denn damit, dass es mit dem Interview doch noch klappen könnte, hatte ich gar nicht mehr gerechnet. 

»Würde dir Dienstagnachmittag passen? Um zwei? Hier bei mir vielleicht?«

„Okay, ich denke das passt.«

Verblüfft stellte ich fest, dass ich David ohne darüber nachzudenken für das Gespräch zu mir nach Hause eingeladen hatte. Schlagartig kamen mir Zweifel, ob das wirklich so eine geniale Idee war, denn eigentlich hätten wir das genauso gut in der Schule machen können. Andererseits wollte ich aber auch nicht mehr zurückrudern, wo wir doch erst seit wenigen Minuten wieder so gut klarkamen. Na ja, würde schon gut gehen.

Ich legte meine Hand auf die Klinke des Gartentores und bemerkte, wie David seinen Blick interessiert über das kleine Einfamilienhaus schweifen ließ, in dem ich mit meinem Dad, dessen Lebensgefährtin Felicitas und meinen Geschwistern lebte.

Es war ein hübsches Häuschen aus den sechziger Jahren. Meine Eltern hatten es liebevoll renoviert, als sie vor fast zwanzig Jahren zusammen eingezogen waren. Die Fassade strahlte blütenweiß, denn mein Vater hatte sie erst vor einem Jahr frisch gestrichen, und Fensterläden und Haustür in Dunkelgrün boten einen schönen Kontrast dazu.

Vom Gartentor führte ein gepflasterter Weg zum Haus, links und rechts davon gab es einen kleinen Vorgarten mit vielen bunten Blumen und blühenden Sträuchern. Seit Felicitas bei uns eingezogen war, kümmerte sie sich zum Glück darum, und er sah wunderschön aus. Etwas, das nie der Fall gewesen war, solange ich ihn mehr schlecht als recht gepflegt hatte. Der grüne Daumen fehlte mir leider völlig und außerdem hatte ich nie genug Zeit dafür gehabt. 

Aber Mamas geliebte Pflanzen deswegen nach und nach eingehen zu sehen, hatte mir immer im Herzen wehgetan. Umso mehr freute ich mich, dass inzwischen alles wieder so schön blühte und grünte.

»So, da wären wir. Klein, aber fein«, verkündete ich. 

Für einen Moment schaute ich David in die Augen, senkte dann aber verlegen den Blick, weil ich nicht so recht wusste, wie ich mich jetzt am besten von ihm verabschieden sollte. Eine Weile standen wir uns schweigend gegenüber. Um uns herum zwitscherten die Vögel und ich spürte die Wärme der Sonne und die leichte Frühlingsbrise auf meiner Haut.

Entscheide dich, Schneewittchen! ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt