32 ~ Countdown

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»Mel hat gesagt, sie wäre mit David zusammen? Und dass sie am Samstag mit ihm rumgemacht hätte?« Sara zog die Brauen zusammen, bewegte langsam ihren Kopf hin und her und wirkte dabei völlig erschüttert über meine Infos.

»Nicht nur rumgemacht, sondern wesentlich mehr. Also, anscheinend so ziemlich alles, was man miteinander machen kann.« Ich eierte mit schwacher Stimme und bescheuerten Umschreibungen um die Tatsachen herum, weil mir die passenden Begriffe einfach nicht über die Lippen kommen wollten.

Wir saßen uns im Aufenthaltsraum an einem der hintersten Tische gegenüber, um uns herum gähnende Leere, weil die nächste Stunde in weniger als einer Minute beginnen würde. Selbst die Letzten hatten sich inzwischen auf den Weg in die Klassenzimmer gemacht, aber mir war es vollkommen schnuppe, dass ich zu spät zu Chemie kommen würde. Was überhaupt nicht zu mir passte, weil ich es eigentlich hasste, unpünktlich zu sein.

»Was? Ernsthaft? Sie erzählt rum, dass sie mit ihm geschlafen hat?« Meine Freundin hatte offenbar kein Problem damit, das Kind beim Namen zu nennen. Dabei sah sie so perplex aus, dass ich tatsächlich kurz auflachte, obwohl es mir gleichzeitig einen herben Stich versetzte, dass sie diese Worte so schonungslos aussprach.

Das Lachen erstarb sofort wieder, als ich mir überlegte, wie ich bei Tims Enthüllungen vorher wohl ausgesehen hatte. ›Komplett geschockt‹ war als Beschreibung wahrscheinlich nicht annähernd ausreichend. Es war ein Wunder, dass ihm nichts aufgefallen war. Vielleicht war ich ja eine wesentlich bessere Schauspielerin, als ich vermutet hätte. Oder er hatte einfach keinerlei Gespür dafür, was in mir vorging.

»Tim hat das jedenfalls behauptet«, krächzte ich und schluckte den Kloß hinunter, der sich alle paar Minuten neu in meinem Hals bildete.

Oh Gott, wie jämmerlich ich mich anhörte!

Tims Neuigkeit hatte mich tief erschüttert. Gerade erst war ich mir darüber klar geworden, dass ich mich total in David verliebt hatte, und nur Minuten später musste ich so etwas über ihn hören.

Ich fühlte mich wie betäubt. Mein Herz war ein kalter Klumpen, der sich mühsam jeden Schlag erkämpfte und es kam mir vor, als wäre in meinem Bauch alles durcheinandergeraten. Außerdem zog es in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder ganz fies in meiner linken Brust. Nämlich dann, wenn ungewollt Erinnerungen von Mel und David engumschlungen bei der Garage durch meine Gedanken flirrten oder meine blühende Fantasie mir viel zu realistische Bilder davon präsentierte, was sie anschließend vielleicht sonst noch alles miteinander getan hatten.

Andererseits hatte David mir gestern im Park versichert, dass er Mel nicht einmal geküsst hätte. Er hatte ehrlich geklungen und ich hatte keinen Moment an seinen Worten gezweifelt.

Einer von den beiden log, das war jedenfalls klar.

»Irgendwie hätte ich David gar nicht so eingeschätzt, dass er dich dermaßen verarscht, Lil. Vielleicht ist ja auch Mel hier die Lügnerin?«, gab Sara zu bedenken und ahnte damit, über was ich gerade nachgegrübelt hatte.

»Daran hab ich auch schon gedacht.« Verärgert bemerkte ich, dass meine Stimme zittrig klang. »Aber warum sollte sie lügen, Sa? Was hätte sie denn davon?« Ich stützte meine Ellbogen auf der Tischplatte auf und legte meinen schweren Kopf in meinen Händen ab. Ich fühlte mich kraftlos und schlapp und hatte das Gefühl, demnächst zusammenzuklappen.

»Was weiß ich? Vielleicht will sie einfach diejenige sein, die den heißen, mysteriösen David als erste rumgekriegt hat. Vielleicht ist sie auf den Fame aus? Oder ... oder sie will Tim damit ködern.«

Meine Augen wurden groß und ich richtete mich wieder auf, als ich diese Worte hörte. »Du denkst, sie will Tim damit ködern? Das wäre ja total bescheuert.«

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