Epilog

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Sechs Wochen später
Las Grutas, Argentinien

»Ich weiß nicht warum, aber ich dachte immer, in Argentinien ist es das ganze Jahr über brütend heiß.« Sara schüttelte sich und zog ihren dunkelblauen Anorak vor der Brust zusammen. Der Wind, der heute vom Meer her wehte, war kräftig und peitschte ihr die blonden Haare seitlich ins Gesicht. Da ich inzwischen wusste, was mich am Strand meistens erwartete, hatte ich mein Haar vorher zu einem lockeren Dutt gewickelt.

»Ja, das dachte ich auch, aber das Land ist riesig und es gibt total viele Klimazonen. An manchen Orten kann man sogar Ski fahren, wusstest du das? Zum Glück hat mir David rechtzeitig gesagt, dass hier im August noch Winter ist, sonst hätte ich die völlig falschen Klamotten eingepackt. Eigentlich klar, wir sind ja auf der Südhalbkugel. Obwohl ich finde, bei siebzehn Grad kann man es ganz gut aushalten.«

»Stimmt, bei uns ist der Winter schlimmer.«

Sara verzog das Gesicht und ich schmunzelte, denn sie war eine absolute Sonnenanbeterin und konnte mit Kälte nichts anfangen. Ich hingegen strahlte trotz des stürmischen Wetters mit der Sonne um die Wette.

»Ich freue mich so wahnsinnig, dass du, Pete und Tim uns für eine Woche hier besucht.«

Im Grunde schwebte ich seit dem Abiball sowieso ununterbrochen auf Glückswolke sieben, aber der Besuch meiner Freunde ließ mein Glück noch ein bisschen heller strahlen.

Sara kicherte. »Wer hätte vor ein paar Wochen gedacht, dass anstatt dir Tim mit auf unsere Tour kommt. Ich jedenfalls nicht. Aber in letzter Zeit ist er ein echter Freund geworden. Und dass wir hier vorbeischauen, war ja wohl mehr als nötig. Nachdem du dir einen Millionär geangelt hast und gleich danach nach Südamerika abgeschwirrt bist. Seitdem haben wir uns nur noch ein paar Nachrichten geschrieben. War ja wohl klar, dass ich mich damit nicht abspeisen lasse, Lillilein.«

Ich hob die Augenbrauen und schüttelte den Kopf. »Sein Vater ist vielleicht Millionär, aber David doch nicht.«

Glaubte ich zumindest. Obwohl er vor kurzem einige Fonds erwähnt hatte, die ihm sein Großvater bei seinem Tod hinterlassen hatte.

Nach dem Ball war alles so schnell gegangen, dass Sara und ich kaum Zeit gefunden hatten, uns richtig voneinander zu verabschieden. Schon wenige Tage später war ich mit David zuerst in die USA und dann nach Argentinien geflogen.

Seitdem hatten wir nur selten miteinander telefoniert und uns meist nur mit kurzen Nachrichten und Fotos auf dem Laufenden gehalten. Ein längeres Gespräch hatten die Zeitverschiebung und die schlechten Handynetze bisher erfolgreich verhindert. Ich vermisste meine Freundin sehr, denn in den letzten Jahren war kaum ein Tag vergangen, an dem wir uns nicht gesehen hatten.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass sie mich einen Moment lang mit schief gelegtem Kopf und einem Lächeln auf den Lippen ansah. »Du siehst toll aus, Lil. Das Glück strahlt dir aus allen Poren und bei David ist es dasselbe. Ihr zwei seid fast unerträglich süß zusammen. Ehrlich gesagt, für einen Dauersingle wie mich kaum auszuhalten. Aber hey, ich gönne es euch von ganzem Herzen.« Sara heftete ihren Blick auf David, der etwa fünfzig Meter von uns entfernt am Strand mit Pete, Tim und Joa Fußball spielte. »Nicht zu fassen, dass das der düstere Typ sein soll, der immer schlecht gelaunt in den dunkelsten Ecken der Schule rumhing.«

Ich lächelte versonnen. »Ich glaube, er hat Victor hinter sich gelassen. Er ist jetzt nur noch David.«

»Ja, das ist gut.« Sara griff nach meiner Hand und drückte sie, dann gingen wir eine Weile schweigend weiter. »Was ist mit seiner Familie? Kommst du mit ihnen klar?«, fragte sie, als wir fast bei den vier Fußballspielern angekommen waren.

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