21 ~ Spielchen

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Suchend blickte ich mich um. Mist, wo war er hin? Es waren höchstens dreißig Sekunden vergangen, seit ich mich von ihm losgerissen hatte.

»Hast du es dir anders überlegt, Schneewittchen?«

Ich drehte mich um in die Richtung, aus der seine Stimme kam, und entdeckte ihn. Er lehnte an der Außenwand der Garage, die nur spärlich von einer Straßenlaterne beleuchtet wurde. Im Schatten des Vordachs waren lediglich seine Umrisse zu erkennen, allerdings sah ich eine Zigarette glimmen. Aufgebracht stapfte ich auf ihn zu. Ich konnte es echt nicht leiden, wenn er rauchte.

»Was ist, kommst du mit rein?«, fragte ich, als ich mit genügend Sicherheitsabstand vor ihm stehen blieb. Obwohl ich mich bemühte, emotionslos zu sprechen, lag ein gereizter Unterton in meiner Stimme. David blies eine Rauchwolke in den Nachthimmel, ohne mich anzusehen.

»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Liliana.«

War er jetzt sauer auf mich? Dazu gab es absolut keinen Grund.

»Nein, ich habe es mir nicht anders überlegt«, erwiderte ich, wobei ich nervös und ungeduldig am schmalen Gurt meiner kleinen Tasche herumnestelte. »Ich hätte echt nicht gedacht, dass du so viel rauchst«, rutschte es mir zusätzlich heraus, und dummerweise klangen diese Worte auch noch ziemlich pampig.

›Mein Gott, Lil! Halt deine Klappe! Es geht dich überhaupt nichts an, wie viel er raucht oder auch nicht‹, zischte meine kleine Stimme.

»Tue ich auch nicht. Ich hab schon lange nicht mehr so viel geraucht wie in den letzten zwei Tagen.« Der kalte, abweisende Klang seiner Stimme ließ mich frösteln.

Na prima, da waren wir also wieder: Zurück im Eisklotz-Stadium. Und das, während im Haus mein Date auf mich wartete. Für solche Spielchen hatte ich gerade absolut keinen Nerv.

»David, lass uns reingehen, okay?«, bat ich ihn in einem etwas versöhnlicheren Tonfall und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Langsam wurde mir kalt in meinem Sommerkleidchen. Außerdem wollte ich zwar endlich auf diese Party, konnte mich aber auch nicht dazu überwinden, ihn hier draußen alleine stehen zu lassen.

Entschlossen ging ich ein paar Schritte auf ihn zu, um ihn einfach mit mir mitzuziehen. Dabei vergaß ich, den Sicherheitsabstand einzuhalten, der es mir erlaubte, in seiner Nähe einen klaren Kopf zu bewahren. Plötzlich knisterte die Luft um uns herum wie elektrisch aufgeladen und ich blieb wie angewurzelt stehen. Die rote Lampe in meinem Kopf leuchtete auf und warnte mich wild blinkend davor, mich noch weiter in die Gefahrenzone zu wagen.

David zog seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Was willst du eigentlich, Liliana?«, herrschte er mich an. Verständnislos schüttelte ich den Kopf. Ich wusste absolut nicht, worauf er mit seiner Frage hinauswollte.

»Wie meinst du das?«

»Verdammt, jetzt tu nicht so ahnungslos! Was willst du von mir?« Seine Worte klangen unüberhörbar scharf und seine Augen funkelten zornig. Ich runzelte die Stirn.

»Wieso? Wir haben doch alles geklärt. Warum fängst du jetzt wieder damit an?«

»Ich?« Er schüttelte nun ebenfalls den Kopf und sah aus, als würde er die Welt nicht mehr verstehen. Mir ging es da ähnlich.

Schön. Wenn er unbedingt wissen wollte, was ich mir gerade von ihm wünschte, dann würde ich es ihm einfach erklären.

»Also im Moment will ich nur auf diese Party, und ich hätte gerne, dass du mitkommst. Vielleicht versuchst du ja einfach mal, ein bisschen Spaß zu haben und dich zu amüsieren?« Während meiner kleinen Ansage war ich immer lauter geworden und hatte ihn am Ende schon fast angeschnauzt. Er schaffte es immer wieder mit erstaunlicher Präzision, die Furie in mir zum Vorschein zu bringen.

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