»Nein, das mach ich echt nicht. Vergiss es, Sara.« Ich schüttelte den Kopf, um meiner Absage den entsprechenden Nachdruck zu verleihen.
»Ach komm schon, Lillilein. Jetzt hab dich nicht so.«
Meine beste Freundin sah mich von unten herauf mit dieser gewissen Kombination aus Hündchenblick und Wimpernklimpern an, der man nur sehr schwer widerstehen konnte. Es fehlte nur noch der Schmollmund.
Ich verdrehte die Augen. Sara war zwar ein ganzes Stück kleiner als ich, ihr Dickkopf aber um einiges größer als meiner. Und wenn sie sich etwas in diesen Dickkopf gesetzt hatte, war es sehr schwer, sie wieder davon abzubringen.
Wir standen zusammen auf dem Pausenhof, etwas abseits von den anderen Schülern und nahe an der tristen grauen Fassade unseres Schulgebäudes. Es war ein sehr heißer Tag für den Monat Mai, die Sonne knallte von einem strahlend blauen Himmel auf uns herab. Trotzdem überkam mich ein Frösteln, als ich mir Davids zwar sehr attraktives, aber immer finster dreinblickendes Gesicht in Erinnerung rief.
»Du meinst den David Berger, der alle ignoriert und mit keinem ein Wort spricht? Der in jedem Kurs allein sitzt und in den Pausen in dunklen Nischen abhängt? Der einen mit seinem eiskalten Blick zum Schweigen bringt, wenn man ihm aus Versehen zu nahe kommt? Der mich schon mehrfach zu Tode erschreckt hat, weil er plötzlich aus einer düsteren Ecke aufgetaucht ist, als ich ahnungslos durch den Gang gelaufen bin? Nicht, dass er mich dabei jemals eines Blickes gewürdigt hätte. Und den soll ich für die Abschlusszeitung interviewen?«
»Nein.«
»Nein?« Ich blinzelte überrascht.
»Nein. Ich meine einen der drei anderen David Bergers, die hier an der Schule rumlaufen«, antwortete Sara trocken. »Mensch Lil, natürlich meine ich den David Berger. Es kann nur einen geben.« Ihr Blick war streng und ich prustete los.
»Vielleicht ist er ja der neue Highlander? Vielleicht macht er deshalb so ein Riesengeheimnis um sich und lässt alle abblitzen?«
Sara lachte ebenfalls und ihre hellblauen Augen funkelten amüsiert.
„Siehst du, und ganz genau das sollst du herausfinden. Der Typ ist unfassbar interessant, Lil. Er ist absolut zu Recht zum mysteriösesten Schüler gewählt worden. Wenn er uns das Interview gibt, dann werden sie uns die Abizeitung aus den Händen reißen wie die warmen Semmeln. Außerdem ist er heiß. Wirklich sehr, sehr heiß. Nur zwei Stimmen mehr und er wäre bei unserer Umfrage zum heißesten Schüler gewählt worden.«
»Toll.«
»Was toll? Jetzt tu nicht so, Lil. Ich weiß doch genau, dass du auch findest, dass er gut aussieht.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, das tut er auch. Wenn man auf den düsteren, geheimnisvollen, schweigsamen Badboy-Typen steht. Groß, dunkelhaarig, helle Augen und immer schwarz gekleidet, das hat schon irgendwie was. Aber Aussehen ist eben nicht alles, meine liebe Sa.«
Saras Augenbrauen schossen in die Höhe, dann grinste sie breit. »Sagt die, die auf den Typen steht, der gerade zum heißesten Schüler der Schule gewählt wurde.«
Bei dem Gedanken an Tim unterdrückte ich in letzter Sekunde einen sehnsuchtsvollen Seufzer. »Er ist definitiv der heißeste Typ an der Schule. Aber sein Aussehen hat nichts damit zu tun, dass ich ihn gut finde.«
Na gut. Nicht viel auf jeden Fall. Schätzte ich.
Tim Ritter sah zwar wirklich gut aus, mit seinen strahlend hellblauen Augen, den blonden Haaren und dem durchtrainierten Körper, den er seiner Eigenschaft als Sportass zu verdanken hatte. Abgesehen davon wirkte er aber auch total nett und sympathisch. Nicht so arrogant oder abgehoben wie die meisten Jungs, auf die viele Mädchen standen.
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Dragoste⩥ ROMANCE || WATTYS SHORTLIST 2022 ⩤ Die achtzehnjährige Lil ist alles andere als begeistert darüber, dass sie den mysteriösen David für die Abschlusszeitung interviewen soll. Schließlich hält sie den unnahbaren Einzelgänger, der mit niemandem rede...