"Julian, was... äh schön dich zu sehen", murmel ich nach einem Räuspern und stelle die Flasche in meiner Hand an die Seite. Mit der anderen Hand greife ich nach ein paar Servietten die hier liegen und beginne meine Jacke trocken zu tupfen.
"Oh Nelly, das tut mir furchtbar leid", meint der Blonde hastig und greift ebenfalls nach Servietten. Er beginnt meine Bewegungen nachzuahmen, tupft auf meiner Jacke herum und trifft dabei eher ungünstige Stellen. Er bemerkt es jedoch selbst, zieht seine Hand schnell wieder zurück und als ich zu ihm aufblicke, haben sich seine Wangen rosa verfärbt und er blickt mich entschuldigend an.
Die Stille zwischen uns ist ziemlich unangenehm. Aber was hatte ich auch erwartet? Wir haben uns seit fünf Jahren nicht mehr gesehen, keinerlei Kontakt gehabt. Und so wie wir auseinander gegangen sind, war es klar, dass man das nicht einfach überspielen kann falls man sich je wieder sehen sollte.
"Wie geht es dir?", durchbreche ich die unangenehme Stille zwischen uns, lege die Servietten bei Seite und blicke zu ihm auf. Nervös kratzt er sich im Nacken.
"Gut, danke. Ich hoffe dir auch", lächelt er schief und bestätigend nicke ich "Das mit den Getränken tut mir leid. Lass es mich neu bestellen"
Und bevor ich etwas dazu sagen kann, hat er bereits den Barkeeper herüber gewunken und bestellt eine neue Weinschorle für mich. Locker lehnt er sich gegen den Tresen und seine Augen finden wieder meine.
"Danke, das ist nett", meine ich kurz und nehme schon einmal das Bier wieder an mich. Julians Blick folgt meiner Bewegung. Er beobachtet wie sich meine Finger um die Flasche legen und seine Augen bleiben auf dem Ring an meinem Finger liegen. Ich sehe wie sich eine Augenbraue minimal hebt, doch sie sinkt sich sofort wieder als er es selbst bemerkt.
Mir ist es unangenehm wie er mich mustert, seine Reaktion auf den Ring. Es ist das erste Mal, dass ich meinen Ärmel höher ziehe und den Verlobungsring somit verstecke. Nie zuvor habe ich mich so gefühlt. Doch in diesem Moment fühle ich mich wohler, wenn der Ring nicht zu sehen ist.
"Wie läuft das Studium?", fragt Julian locker, scheint von dem peinlichen Moment ablenken zu wollen und seine Augen finden wieder meine. Doch direkten Blickkontakt kann ich nicht halten, weshalb ich meine schnell von ihm abwende. Als ich aber wieder zu ihm schaue, blickt auch er mich nicht mehr an. Ihm geht es genauso.
"Ich arbeite seit einem Jahr als Architektin. Es läuft gut", berichte ich und erhalte ein schiefes Lächeln von ihm.
"Das freut mich zu hören", meint er, fährt mit seinen Fingern durch sein Haar.
Wieder verfallen wir in ein Schweigen. Es ist sehr unangenehm zwischen uns und doch kann sich niemand wirklich aus dieser Situation lösen.
"Ich hatte nicht erwartet dich hier zu sehen", spreche ich aus. Zum einen wusste ich nicht, dass er solche Veranstaltungen besucht und zum anderen wusste ich nicht, dass er dafür extra nach München kommt.
"Ich hatte auch nicht mir dir gerechnet", gesteht Julian und leicht lache ich auf "Ich bin öfter auf solchen Veranstaltungen und der Verein hat ein paar Spielern angeboten herzukommen, da habe ich sofort zugesagt"
Der Barkeeper schiebt die Weinschorle herüber, die Julian an mich weiter reicht.
"Danke", bedanke ich mich erneut. Er schenkt mir ein warmes Lächeln.
Meine Augen beginnen ungewollt den Mann vor mir zu mustern. Er hat sich kaum verändert. Das blond seiner Haare ist dunkler geworden, unter dem Anzug lassen sich etwas mehr Muskeln vermuten als früher. Aber er trägt immer noch keinen Bart, er hat immer noch keine Falten und seine Augen sehen genauso wach aus wie damals.
"Du hast dich kaum verändert", spreche wir plötzlich gleichzeitig aus und ein leises Lachen verlässt daraufhin unsere Lippen. Scheinbar haben wir beide gerade genau das gleiche getan.
"Ich bezweifle zwar, dass ich noch wie neunzehn aussehe, aber danke", lächel ich schief.
"Naja, ich werde wohl auch kaum noch so jung und frisch aussehen wie damals", lacht Julian auf.
"Wie fühlt es sich an schon dreißig zu sein?", grinse ich und nehme einen Schluck meiner Weinschorle. Julian bestellt sich ein Bier und ich lehne mich, genau wie er, näher an den Tresen. Die unangenehme Stille verfliegt zwischen uns, wir beide sind plötzlich viel entspannter.
"Komisch. Ich habe das Gefühl mit dreißig ist man wirklich alt und die Jugend vorbei", lacht er, nimmt das Bier entgegen und trinkt einen Schluck davon.
"Mach mir bloß keine Angst", lache auch ich auf.
"Ach, du bist doch noch jung. Bei dir dauert es noch etwas und so lange kannst du die Jugend noch ausnutzen", grinst er mich an, wendet sich mir weiter zu. Wir verfallen in ein Gespräch. In ein Gespräch, bei dem ich mich tatsächlich etwas entspannen kann. Das, was vor fünf Jahren passiert ist, lassen wir geschickt aus. Es wäre keine gute Idee darüber zu reden.
Es ist tatsächlich ganz schön mit Julian zusammen zu stehen und sich etwas über die letzten Jahre auszutauschen. Er war mir schließlich einmal sehr wichtig und zu hören, dass es ihm gut geht, erleichtert mich.
Nach einiger Zeit schlingt sich ein Arm um meine Hüfte, mein Kopf wendet sich dem Körper neben mir zu und ich sehe Felix neben mir stehen.
"Hier bist du", stellt er lächelnd fest. Sein Blick wandert zu Julian, das Lächeln auf seinen Lippen verschwindet und seine Miene wird finster. Ich habe Julian in den Jahren vergeben. Wäre das damals nicht passiert hätte ich Felix schließlich nie kennengelernt und wäre jetzt nicht verlobt. Es war schmerzhaft, aber mit den Jahren ist der Schmerz verklungen und an manchen Tagen kann ich Julians Entscheidung sogar verstehen. Aber Felix sah das schon immer anders.
"Brandt", murmelt er, nickt unserem Gegenüber leicht zu.
"Felix, wie geht es dir? Ich habe das Spiel gesehen, sah ziemlich heftig aus", erkundigt sich Julian, nippt an seinem Bier und schaut meinen Verlobten fragend an.
"Mir geht es wieder gut, danke", beantwortet er kurz die Frage und schaut wieder zu mir herunter. Sein Blick fährt auf meine Jacke. Es ist zwar nur Weinschorle, die glücklicherweise keine Flecken hinterlässt. Aber es ist noch nicht vollständig getrocknet "Was ist mit dir passiert?"
Seine Hand legt sich auf meinen Rücken, strahlt sofort eine angenehme Wärme aus und gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Ein Gefühl, das ich so sehr liebe.
"Oh wir sind versehentlich ineinander gelaufen und die erste Weinschorle ging daneben", gestehe ich und lächel Felix schief an. Seine Augenbraue hebt sich und er mustert kurz Julian, bevor er sich noch etwas dichter an mich stellt. Seine Hand greift nach dem Bier neben mir, ausgehend davon, dass es seins ist.
"Sascha und Michelle sind da. Ich habe ihnen gesagt, dass ich gleich mit meiner wunderbaren Verlobten wiederkomme", lächelt er mich an und schaut leicht auffordernd auf mich hinunter. Seine Hand legt sich mit mehr Druck an meinen Körper, ein Zeichen, dass wir gehen sollten. Ich kann es ihm nicht verübeln. Wer sieht seinen Partner schon gerne mit dem Ex? Gerade wenn so etwas wie bei Julian und mir passiert ist.
"Dann sollten wir auch dort hin gehen. Ich habe die beiden wirklich lange nicht mehr gesehen", lächel ich, greife meine Weinschorle von dem Tresen und wende mich Julian zu "Es war schön, dich gesehen zu haben. Noch einen schönen Abend"
"Gleichfalls. Vielleicht läuft man sich ja noch einmal über den Weg", lächelt Julian zurück, greift selbst nach seinem Bier. Dann wenden wir uns voneinander ab. Julian verschwindet in die eine Richtung und Felix zieht mich mit in die andere Richtung.
"Über was habt ihr gesprochen?", erkundigt er sich neugierig.
"Belangloses Zeug. Ein bisschen über die letzten Jahre", beantworte ich seine Frage und Felix nickt kurz. Bevor er noch weiter Fragen stellen kann, kommen Michelle und Sascha in unser Blickfeld. Michelle sieht mich ebenfalls und springt von ihrem Platz auf. Schwungvoll fällt sie mir in die Arme, erdrückt mich beinahe.
"Es ist so schön dich zu sehen", grinst sie und löst sich wieder von mir.
"Ich habe dich auch vermisst", strahle ich zurück und wir nehmen am Tisch Platz. Felix setzt sich neben mich und der Abend beginnt.
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Nerja // Julian Brandt FF
FanfictionNelly Dubois. Julian Brandt. Ein 20 jähriges Mädchen im Urlaub mit ihrer Freundin. Ein 25 jähriger Profifußballer im Urlaub mit seinen Freunden. Zufällig am gleichen Ort und doch in so unterschiedlichen Welten. Sie kommen sich näher, verstehen sich...