Teil 31

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Grummelnd schleift Julian in den Wohnbereich und fährt sich mit seiner Hand über das Gesicht. Ich drehe mich ihm zu, lasse den Kaffee für eine Sekunde Kaffee sein. Mein Freund sieht völlig verpennt aus. Seine Haare stehen wild in alle Richtungen, Augenringe stechen durch die blasse Haut hervor und seine Augen wirken glasig.

"Wie geht es dir?", frage ich schmunzelnd und schaue dabei zu wie er sich schnaufend auf einen der Stühle an den Esstisch fallen lässt.

"Blendend", grummelt er ironisch und schließt einen Moment die Augen. Julian hat gestern Abend nicht gerade wenig Sekt getrunken und scheinbar nicht sonderlich gut vertragen.

"Ich habe dir Kaffee gemacht. Hast du einen speziellen Wunsch zum frühstücken?", erkundige ich mich und bringe ihm eine Tasse mit der heißen Flüssigkeit herüber. Dankend nimmt er sie entgegen und nimmt einen Schluck, welcher ein zufriedenes Lächeln auslöst. 

"Mir ist gerade nicht wirklich nach essen", murmelt Julian gequält und verzieht sein Gesicht.

"In Ordnung. Leg dich doch noch etwas hin. Ich wollte noch einmal ein paar Sachen einkaufen fahren", schlage ich vor und fahre mit meinen Fingern durch sein Haar.

"Lass mich dich begleiten", entgegnet der Blonde überzeugt und entlockt mir ein kleines Lachen, bevor ich ihn sanft anlächel.

"Juli, du siehst wirklich nicht sonderlich gut aus. Ruh dich noch etwas aus, ich brauche auch wirklich nicht lange", versichere ich ihm. 

"Na schön", seufzt mein Freund auf, erhebt sich von seinem Stuhl und setzt einen Kuss auf meine Stirn. Dann schlurft er mit der Tasse Kaffee zurück in Richtung Schlafzimmer "Ich hoffe du kommst bald auch ins Bett"

Damit verschwindet er in dem Zimmer und ich schlüpfe in meine dicke Winterkleidung. Es ist wahnsinnig kalt. Wenige Minuten später bin ich bereits beim Supermarkt und erledige kurz die Besorgungen. Während ich an der Kasse anstehe höre ich mein Handy piepen, einige Male. Und auch als ich bezahle hört es nicht auf. Aufgrund der Handschuhe, die ich immer noch trage, ist das Ausschalten des Tons etwas schwierig. 

Hastig räume ich alles zusammen und verlasse den Laden. Während ich alles in dem Auto verstaue geht mir das ständige Gepiepe wirklich auf die Nerven. Seufzend und leicht gereizt ziehe ich mein Handy hervor und schaue darauf. Viele Nachrichten. Als ich mit kalter Nase Whatsapp öffne sind viele Chats auf einmal mit Nachrichten nach oben gerutscht, doch Lina hat am meisten geschickt.

Ich klicke auf den Chat, sehe ganz oben einen Link und darunter immer wieder Fragezeichen und Emojis die auf eine große Krise hinweisen. Den Text lese ich mir nicht wirklich durch. Der Link interessiert mich viel mehr, das muss wirklich wichtig sein.

Also öffne ich den Link und lande auf einer Nachrichtenseite. Der Titel sticht sofort ins Auge 'Hat Julian Brandt eine neue Freundin?'. Ganz groß und in dick geschrieben. Dramatisch. Trotzdem verwirrend. Es geht doch wohl nicht um den Julian Brandt, den ich kenne. Wieso sollten Nachrichten über ihn berichten?

Wohl oder übel ziehe ich die Handschuhe nun doch aus, um den Text flüssig zu lesen. Fröstelnd ziehe ich die Jacke noch fester um meinen Körper und lehne mich leicht gegen das Auto.

Neugierig scrolle ich weiter nach unten und tatsächlich kurz nach der Überschrift erscheint ein Foto von Julian. Dem Julian, den ich im Urlaub kennengelernt habe. Dem Julian, der gerade in dem Bett meines Familienhauses liegt. Der Blonde strahlt mir in einem Anzug entgegen. Das Bild sieht aus als wäre es auf einer Gala entstanden. Ich wusste nicht, dass er als Arzt dort hingeht und erst Recht nicht, dass die Medien über ihn berichten.

Meine Augen fliegen über den Text unter dem Bild. Mein Gehirn nimmt irgendwas auf mit Spieler, neuer Freundin, eine alte Beziehung die schlecht lief. Und dann wird ein Beweis angekündigt. Ich scrolle weiter und was ich da sehe, verschlägt mir den Atem.

Ein weiteres Bild. Julian und ich, küssend in diesem Ort. Jemand scheint uns vor ein paar Tagen hier fotografiert zu haben und ich verstehe nicht, wie das passieren konnte. Wurden wir etwa gestalkt?

Paparazzos. Kann das sein? Ungläubig schaue ich mir etwas genauer das Paparazzi Foto an, was sollte es sonst sein? Die Qualität ist nämlich ziemlich gut, als wäre das Bild mit einer richtig professionellen Kamera aufgenommen. Mein Gehirn versteht nicht so ganz was hier gerade passiert. Vielleicht liegt es an der Kälte. Was hat das alles auf sich? Spieler? Wieso ist ein Foto von uns auf dieser Website, im Internet? 

Ich schließe den Artikel wieder, öffne Google, in der Hoffnung dort mehr Antworten zu erhalten, und tippe mit zitternden Fingern den Namen von der blonden Urlaubsbekanntschaft ein. Mein Herz rast als ich auf die kleine Lupe in der Ecke drücke.

Kurz sucht Google und zeigt mir dann ein Profil an. So wie es einem bei einem Promi wie Beyoncé immer angezeigt wird. Oben steht Julian Brandt, direkt darunter Fußballspieler.  Ich sehe drei Bilder von Julian, in Trikots. Dann beginnt der Wikipedia Eintrag. 'Julian Brandt ist ein deutscher Fußballspieler', mehr brauche ich überhaupt nicht zu lesen.

Schwer schlucke ich.

Ich schließe Google wieder, stopfe mein Handy zurück in meine Jackentasche und schaue mich hilflos um. Heiße Tränen brennen in meinen Augen auf und ich habe das Gefühl jemand hätte mir ein Messer quer durch den Körper gestoßen. Wie konnte ich so blöd sein?

Ich hatte immer wieder dieses schlechte Gefühl. Dieses Gefühl, dass Julian mich anlügt und statt hartnäckig zu sein, nachzuhaken, habe ich es einfach immer wieder hinunter geschluckt. Ich war so verdammt blind. Er hat mich vollkommen benutzt und von vorne bis hinten belogen. Wie konnte ich das nicht sehen?

Mein Kopf brummt, ich habe das Gefühl alles um mich herum dreht sich. In meinem Kopf sind so viele Fragen und ich kenne keine einzige Antwort. Meine Hand stützt sich gegen das Auto. Meine Beine geben gefühlt nach und ich kann mich nur schwer halten.

Mit Mühe setze ich mich in den Wagen und atme tief durch. Mein Kopf legt sich auf das Lenkrad und ich spüre die heißen Tränen in meinen Augen. Wie konnte ich so verdammt blöd sein? Meine ganze Beziehung ist eine Lüge. Ich habe das letzte halbe Jahr eine Lüge gelebt. Wie konnte Julian mich da so mit reinziehen? Er hat mich zum Narren gehalten, all die Zeit. 

Frustriert schlage ich mit meiner Hand auf das Lenkrad, bis sie mir wahnsinnig wehtut. Verzweifelt raufe ich mir die Haare und die Tränen laufen meine Wangen hinab. Unfassbarer Schmerz befindet sich in meinem Inneren. Ich habe das Gefühl jemand hätte mein Herz heraus gerissen und gleichzeitig ätzende Säure durch meine Venen gejagt. Alles tut furchtbar weh.

Meine Hand startet den Motor und ohne das ich es wirklich realisiere, befinde ich mich irgendwann am Strand. Langsam steige ich aus, meine Sicht ist völlig verschwommen. Wie kam ich hierher? Wie konnte ich in meinem Zustand bitte Auto fahren?

Der kalte Wind schlägt mir in mein Gesicht und meine Tränen laufen wild in andere Richtungen. Mir bleibt fast die Luft weg. 

Unsicher gehe ich ein paar Schritte, bis ich den weichen Sand unter meinen Füßen spüre. Ohne Ziel gehe ich los, entschlossen meine Wut auf Julian Raum zu verschaffen. Mir ist es egal ob mich Leute anschauen oder nicht, während ich den Strand entlang stolpere. Als mich meine Beine nicht mehr tragen wollen breche ich auf der Stelle zusammen und lande in dem weichen Sand.

Ein Schrei entfährt mir und überraschenderweise fühlt es sich gut an, befreiend. Ich kümmere mich nicht darum was andere Leute denken und lasse noch ein paar mehr Schreie frei, bis ich mich etwas besser fühle. 

Der Schmerz ist immer noch da und ich bezweifle, dass er so schnell verschwinden wird. 

Ich verstehe es nicht. Wie konnte Julian mich so anlügen? Ich dachte wirklich wir würden uns lieben. 

Was soll ich denn jetzt bitte tun? Ist es eine gute Idee jetzt zum Haus zurück zu kehren?

Aber schließlich kann ich sonst nirgendwo hin und immerhin ist er in meinem Haus. Wenn jemand verschwinden sollte, dann ist es Julian. Ich kann nicht weiterhin mit ihm zusammen sein, auf keinen Fall. Er muss verschwinden. Gleich nachdem er mir eine Erklärung gegeben hat. 



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Nerja // Julian Brandt FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt