11. Blutstropfen - „Was hast du gemacht?"

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Levi ließ das Mädchen nicht aus den Augen, als er seinen Kleiderschrank öffnete. Sie hatte die Zimmertür hinter sich geschlossen und stand nun mit beiden Händen hinter ihrem Rücken versteckt mitten in seinem Zimmer.

„Hast du Angst? Oder wieso stehst du da wie angewurzelt?"

„Mir wurde nur gesagt, du hasst es, wenn man dein Zimmer dreckig macht. Und ich komm vom Training."

„Sagt wer?"

„Mike und Erwin auch."

Erwin, mh?", dachte Levi. Seine Mundwinkel wanderten nach unten.

Chagaras Blick fiel auf sein Bücherregal. „Erwin meinte auch, dass du viel liest. Was liest du? Romane? Sachbücher? Oder hast du sogar Bücher, über die Welt da draußen?"

„Erneut Erwin", schoss es durch Levis Gedanken, während er die Augen zusammenkniff.

Chagara beugte sich vor, um von ihrer Position aus besser in Levis gut gefüllten Schrank blicken zu können. In zwei Körben auf dem untersten Regal vermutete sie Unterwäsche. Im Regal darüber waren sauber gefaltet T-shirts zu erkennen. Im dritten und letzten Regal bewahrte er ordentlich zusätzliche Bettwäsche, Laken und Decken auf. Auf der Kleiderstange hingen zwei normale dunkle Anzüge. Chagara vermutete, dass es seine Freizeitkleidung war. Daneben hingen fünf Hemden, fünf Uniformjacken sowie die passenden fünf Uniformhosen. Wie die zwei grünen Capes, die ebenfalls auf Bügeln aufgehängt worden waren, wies kein Kleidungsstück Falten oder Flecken auf.

„Das sind alles deine Uniformen?", fragte sie erstaunt. „Und die passen dir auch noch alle? Wenn ich Glück hatte, waren früher zwei Ganze in meinem Schrank zu finden."

„Dann verletz dich eben nicht und paß auf deine Sachen auf. Und halt sie gefälligst in Ordnung", antwortete Levi emotionslos, als er eine Jacke und eine Hose herausnahm.

„Das hat Erwin auch gesagt." Chagara lächelte. „Dass dein Auftreten immer tadellos ist. Nie hast du einen losen Faden an der Jacke oder einen fehlenden Knopf am Hemd. Hast du Spaß an sowas?"

Levi knallte die Schranktür zu.

Erwin, Erwin, Erwin", schoss es durch seinen Kopf. „Das hat Erwin wohl nicht gesagt?", schnauzte er das Mädchen an und hielt ihr die Kleidung hin.

Chagara sah ihn verblüfft an. „Nein," antwortete sie nach einer Weile leise. „Entschuldige, ich wollte halt nur mehr über dich wissen. Ich frag Erwin nie wieder über dich aus. Sonst auch keinen. Versprochen." Chagara wollte nach der Kleidung greifen, doch Levi zog seinen ausgestreckten Arm weg, sodass das Mädchen in die Luft griff.

Ihre Augen weiteten sich, als im nächsten Moment die Klamotten auf den Boden fielen und sie mit dem Rücken gegen die Wand neben der Zimmertür knallte.

„Du willst meine Sachen?", schrie Levi sie an. „Was?" Tief in seinem Inneren verstand er sich selbst nicht. „Was machst du da?", hörte er eine innere Stimme zurückschreien.

„Dann verrat mir gefälligst, was du und deine Truppe macht."

Als das Mädchen nicht antwortete, drückte er seinen Arm gegen ihre Kehle. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Levi spürte sein eigenes Entsetzen und trotzdem: Er konnte nicht von ihr lassen. Was hatte sie nur mit Erwin? Und wo war er selbst gewesen, als all diese Gespräche über ihn stattgefunden hatten?

„Was wir machen?", röchelte Chagara. „Wir versuchen, zu überleben." Eine einsame Träne lief über ihre Wange.

Trotz ihrer Antwort drückte Levi ihr weiterhin seinen Arm gegen die Kehle. „Lass sie los!", schrie diese innere Stimme ihn an. „Wieso? Wieso wehrt sie sich nicht?", hörte er sich in Gedanken sagen. Sie versuchte nicht zu schreien. Sie versuchte nicht seinen Arm zu packen. Sie versuchte nicht ihn wegzutreten. Sie blieb ruhig stehen.

Chagara - Chaos in der Dunkelheit (Levi x OC FanFic / AttackOnTitan)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt