67. „Aber wer sind die Guten?"

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Trotz Sonnenstrahlen fror Levi. Sein Frühstück vor gut zwei Stunden hatte er erbrochen. Zum Glück hatte er es rechtzeitig in sein Badezimmer geschafft. Und nun stützte er sich mit zitternden Händen am Brunnen ab. Wie oft hatte er das Gespräch in den vergangenen Wochen in seinem Kopf geübt? Und heute, wo es darauf ankam, fiel ihm nichts ein. Sein Kopf war leer. Drei Schritte vor ihm ging Ayumi. Plaudernd. Seit heute früh. Und seine Antworten waren stets ein: „Mh."

Es war Ende Februar. Die Soldaten des Aufklärungstrupps hatten fünf Tage frei. So wie Erwin es an Silvester erklärt hatte. Vor einer Woche hatte Levi Ayumi gesagt, dass sie die freien Tage woanders verbringen würden. Seitdem strahlte sie. Aber ihre gute Laune hatte bei Levi Zweifel ausgelöst. „Was, wenn ihr das Haus gar nicht gefällt? Oder wenn ihr alles zu schnell geht?" Seit Tagen beschäftigten diese Fragen Levi. Denn das Haus war nicht alles. Levi hatte mehr geplant.

Ayumi streckte lächelnd die Arme Richtung Himmel. Es war ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit. Als sie zu ihrem Freund herumwirbelte, hüpfte ihr Rucksack mit. „Levi, wann verrätst du mir, wo wir hingehen? Etwa raus aus der Stadt?" Doch die Fröhlichkeit verschwand, als sie das leichenblase Gesicht ihres Freundes wahrnahm.

„Levi", besorgt eilte sie zu ihrem Freund, der eine Hand vor den Mund hielt. Er würgte. „Komm, lass zurückgehen. Dir geht's nicht gut. Du bist schon seit heute morgen so komisch." Ayumi streichelte über seinen Rücken und wollte sich unterhaken.

Doch Levi schüttelte den Kopf. „Es, es ist nicht mehr weit." Er sah an seiner Freundin vorbei. „Eigentlich stehst du schon fast davor."

„Okay", meinte Ayumi leise. „Aber wenn wir da sind, legst du dich erst einmal hin."

Levi ging langsam weiter.

„Und wenn es nicht besser wird, gehen wir zurück." Sie folgte ihm.

Levi nickte und atmete tief ein. Sie standen vor ihrem Haus.

„Oder ich hol die Pferde und bring dich so zurück", überlegte Ayumi. „Vielleicht ist das besser." Sie betrachtete das Haus. Hinter dem Gebäude schien eingezäunt ein Garten zu liegen. Das Tor stand auf und somit konnte Ayumi die kleine Rasenfläche sehen. Erstaunt stellte sie fest, dass dort bereits Gänseblümchen blühten. Ob das Haus leer stand? Sie nahm keine Regungen hinter den sauberen Fensterscheiben war. Der Laden schien schon länger geschlossen zu sein. „Das ist gemein", dachte sie seufzend. „Warum können wir nicht so ein Haus haben? Ob es verkauft wird? Das Dach ist neu."

Geschockt analysierte Levi ihr Gesicht. „Gefällt es ihr nicht?"

Plötzlich öffnete Ayumi den Mund und deutete mit dem Zeigefinger auf eins der Fenster. Levi folgte ihrem Blick und riss die Augen auf. Einer der älteren Fensterläden hatte sich gelöst und war heruntergeknallt.

„Komm schon." Levi löste den festen Griff um den Schlüssel in seiner Hosentasche, packte seine Freundin am Arm und zog sie hinter sich her. „Und jetzt?"

***

„Sie hält es mit mir aus. Sie ist schon recht sauber. Sie ist auch nicht schlecht im Putzen und Ordnung halten." Levi versuchte sich Mut zu machen.

„Levi?", hörte er Ayumi besorgt fragen.

„Mh?"

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?", fragte sie kleinlaut.

Levi sah sich um und erschrak. In Gedanken versunken war er mit Ayumi bis zum Bauernhof gelaufen, wo sie einst nach der Mauerinspektion Rast gemacht hatten. Sie standen vor der Schaukel, mitten auf der Wiese voller Gänseblümchen.

Chagara - Chaos in der Dunkelheit (Levi x OC FanFic / AttackOnTitan)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt