Victor stöhnte frustriert. Er krabbelte über den Boden, zu seinem Bett und zog sich am Bettende auf die Beine. Sofort knickten seine Knie ein, weil sein Körper das Stehenbleiben nicht gewährleisten konnte. Er sammelte sich, krallte sich fest und schob seinen Körper seitlich um das Bett herum, hin zur Kommode. Der Raum drehte sich. Schwindel benebelte seine Sinne. Sein Herz trommelte, aber auf die Symptome konnte er keine Rücksicht nehmen.
Sie nimmt ihn mit. Sie wird ihn essen.
Angestrengt zog er sich über die Kommode in Richtung Tür. Dort umklammerte er den Rahmen mit seinen Unterarmen. Seine Beine zitterten und er spürte einen Kloß in seinem Hals. Es gelang ihm gerade so, in den Flur zu sehen. In der Nähe seines Zimmers stand ein Beistelltisch mit einem Globus darauf. Wenn er genug Schwung hätte, könnte er sich drauf schmeißen und sich von dort aus weiterhangeln.
Aber wie weit würde er kommen?
Vic sammelte seine Kräfte und visierte sein Ziel an. Entschlossen stemmte er sein Gewicht vom Türrahmen weg und gab sich der Schwerelosigkeit hin. Der Tisch kam näher und er streckte die Hände aus, um den Sturz abzufangen. Die tauben Finger rutschten nutzlos an der Kante ab und er stieß mit dem Kopf dagegen. Kurz flackerte sein Sichtfeld, dann rauschte es und sein Körper fiel ungebremst auf den Boden.
Er lag auf dem Bauch, stöhnte und rollte sich herum. Seine Lunge rasselte vor Anstrengung und seine Füße kribbelten. Um ihn herum drehte sich alles. Wo war seine ganze Kondition hin? Tränen quollen aus seinen Augenwinkeln und liefen in seine Ohren.
»Bonito!«
Lucy kniete sich neben ihn und half ihm dabei, sich aufzurichten. »Wie bist du denn hier her gekommen?«
»Sie nimmt ihn mit«, entgegnete er und verzog das Gesicht. »Sie wird ihn essen.«
Lucy half ihm auf die Beine und brachte Victor zurück in sein Zimmer. Dabei redete sie beruhigend auf ihn ein. »Du darfst dich nicht aufregen.« Sie setzte ihn auf der Bettkante ab und schloss die Tür, ehe sie sich vor ihm platzierte. »Ich hole dich hier raus.«
Was? Victors Kopf war voll mit Gedanken. Ihre Worte drängelten sich wie durch einen dichten Nebel in seine Wahrnehmung. Sie holt mich hier raus? »Lucy, wir müssen sie aufhalten!« Er streckte die Hand nach ihrem Arm aus und stellte sich vor, zuzupacken, um seine Aussage zu untermalen, seine Hand befolgte seinen Befehl leider nicht. »Sie nimmt ihn mit!«
Lucys Augen wechselten den Fokus zwischen seinen. Ihre Mundwinkel sanken. »Ich verstehe nicht, was du meinst.« Hektisch sah sie zur Tür. »Dein Vater darf mich nicht sehen, ich arbeite nicht mehr hier.« Sie schüttelte sich. »Du musst hier raus, ich hole dich. Heute Nacht hole ich dich.«
Victor hielt den Atem an. Was redete sie denn da? Heute Nacht? Aber Jolie würde Gale vielleicht sofort töten. »So viel Zeit haben wir nicht.«
Sie verzog unzufrieden das Gesicht. »Wenn ich dich jetzt mitnehme, fällt das zu schnell auf.« Sie ließ von ihm ab und ging zur Tür. »Er kommt sicher jeden Moment. Ich bleibe auf dem Dachboden, Bonito. Heute Nacht komme ich, versprochen.« Sie verzog gequält das Gesicht, ehe sie ihn alleine ließ.
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»Du musst diese Tabletten nehmen.« Dr. Adams stand an Victors Fenster und begutachtete den kleinen Jadebaum. »Drei Mal täglich, das hilft gegen den Schwindel.«
Victor beäugte den Tablettenblister, welchen sie vor ihm auf die Bettdecke gelegt hatte. Waren das wirklich hilfreiche Tabletten oder eine andere Methode, um ihn zu vergiften? Er würde den Namen des Medikaments gerne googeln, aber sein Smartphone war weg. Wahrscheinlich hatte Remus es ihm weggenommen, sonst hätte er sich einen anderen Arzt oder die Polizei rufen können. »Ist der Besuch meines Vaters noch im Haus?«
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Mitternachtsgesang
FantasyAls seine Mutter stirbt, muss Victor zu seinem Vater nach Amerika ziehen. In der Villa des weltbekannten Aufreißer-Milliardärs wird der Teenager mit Homophobie und Anzüglichkeiten konfrontiert. Weil er mit diesem Lebensstil nichts anfangen kann, ve...