20 | Betrogen

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»Was?« Elphinstones verwunderter Ausruf hallte in der kleinen Arrestzelle wieder. »Ella, warum soll ich verhindern, dass dein Mann eine Kaution hinterlegt? Was hat Gideon dir angetan?«
»Warte, bis ich die Geschichte erzählt habe, Elph. Bitte.«
»Aber ich weiß nicht, wie ich dir diese Sicherheit geben soll, wenn ich aufgrund deiner Taten keine Macht mehr habe, dir zu helfen!« Er rieb sich die Stirn. »Ich will trotz allem, dass du in Sicherheit bist, nur ...«

»Du hast vielleicht nicht mehr die Möglichkeit, aber ich kenne jemanden, der genau das bewirken könnte«, warf Minerva bedacht ein. »Doch bevor ich Versprechen abgebe, will ich die ganze Geschichte hören. Meinetwegen auch ohne Fragen bis zum Ende.« Sie lehnte sich mit verschränkten Armen an die nackte Wand gegenüber von der Pritsche, auf der Elladora und Elphinstone saßen.

Die älteste Urquart-Schwester strich sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr, dann räusperte sie sich. »Offenbar weißt du bereits einiges über mich und vermutlich auch über meinen Mann, Gideon.« Sie sah Minerva aus grauen Augen an, die denen Elphinstones erschreckend ähnlich waren und doch einen Teil seiner Wärme vermissten. »Tut mir leid, aber angesichts der Situation können wir die Höflichkeitsformeln gleich sein lassen, denke ich.«

Minerva wedelte mit der Hand, um zu zeigen, dass ihr die Anrede egal war. »Tatsächlich durfte ich neulich erst bewundern, wie dein Mann seine Parolen verliest. Da habe ich einen gewissen Eindruck gewonnen. Abgesehen davon kenne ich deinen Bruder allerdings seit dreizehn Jahren und weiß, dass er davon nichts hält.« Sie dachte an Albus' Erinnerung, in der Elladora nicht nur für Elphinstone, sondern auch dessen muggelgeborenen Ravenclaw-Freund eingetreten war. »Ich bin jedoch nicht sicher, auf welcher Seite du stehst. Ob ich dir trauen soll. Überzeuge mich.«

»Das ist fair.« Elladora drückte den Rücken durch wie eine Balletttänzerin. »Lasst mich einige Dinge klarstellen – alles hängt an meinem bescheidenen Entschluss, Gideon Rosier zu heiraten. Ohne ihn wäre ich wohl nie in diese Lage gekommen. Doch ich war neunzehn und unbedarft, als ich jene Entscheidung getroffen habe. Im Nachhinein wäre mancher Weg besser unbeschritten geblieben.« Geistesabwesend knibbelte Elladora mit den perfekt manikürten Fingernägeln an ihrer Strumpfhose. »Diese Ehe ist schon lange nicht mehr der Traum, den ich mir einst ausgemalt habe. Vermutlich war sie es nie. Ich bin nicht stolz darauf, aber in meiner Unzufriedenheit hatte ich hin und wieder Affären mit anderen Zauberern.«
Elphinstone sah mit großen Augen auf und Elladora senkte die Lider. Ihre Erzählung unterbrach sie dennoch nicht.

»Vor mehreren Monaten habe ich Gideon mit einem alten Bekannten betrogen. Das führt direkt zu meinen heutigen ‚Verfehlungen' – denn ich habe dem Falschen vertraut. Ihr seid meinem Zellennachbar Caius ja bereits begegnet, wie ich von Alston gehört habe. Ich gestehe, ich bin froh, dass Caius keine Erinnerungen mehr hat. Geschieht ihm recht. Er hat mich lange genug erpresst, nachdem ich unsere Affäre vor einigen Wochen beendet habe.« Sie lachte bitter auf. »Aus den Fängen einer Acromantula in die eines Drachen, könnte man sagen. Caius hat mir angedroht, dass er alles verrät, wenn ich ihm nicht helfe, an gewisse verbotene Pflanzenteile zu gelangen.«

Unweigerlich drängte sich Minerva das Bild des gehässigen Entführers zusammen mit der adretten Elladora auf. Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, warum sie ausgerechnet mit einem wie ihm eine Affäre angefangen hatte. Die Hexe verzog den Mund, als sie Minervas Blick auffing.

»Wahrscheinlich wäre es mir egal gewesen, wenn ...«, Elladora holte tief Luft, die Hände vor dem Bauch verkrampft, »wenn Gideon nicht so rachsüchtig wäre. Er ist längst nicht mehr der Junge, in den ich mich im letzten Schuljahr verliebt habe. Die Flugblätter sind harmlos. Ich weiß, wie weit er wirklich gehen wird, um seinen Willen durchzusetzen – und wenn es diese Welt in Brand versetzt. Ich habe seine Gewaltbereitschaft oft genug erlebt.«

Stichflamme | Minerva McGonagall ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt