28 | Löwenmut

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Aller guten Dinge waren drei, zumindest wenn es nach den Muggeln ging. Minerva war das recht, denn die heilige Sieben, die von der magischen Gemeinschaft beschworen wurde, wäre ihr entschieden zu viel. Es reichte vollkommen, drei Mal in einem kalten Kellerverlies aufzuwachen, noch dazu mit dröhnendem Schädel und Feuer in den Gliedern.

Immerhin war ihr Kopf inzwischen klarer, auch wenn das bedeutete, dass sie sich in allen schrecklichen Einzelheiten an die Geschehnisse der letzten Stunden – oder mittlerweile eher Tages – erinnerte. In dem stetig gleichbleibenden Licht der Zaubersphäre war es unmöglich, die Tageszeit festzustellen. Unter dem Einfluss des Heiltranks schien Minerva zumindest eine Weile geschlafen zu haben, denn ihr Magen knurrte laut, kaum, dass sie die Augen aufgeschlagen hatte.

Mit Elphinstones Hilfe gelang es ihr, sich aufrecht hinzusetzen. Der Schmerz lauerte weiterhin in jeder Faser ihres Körpers und gestaltete die Bewegungen zu einem Kraftakt, aber das war nichts im Vergleich zu dem lähmenden Feuer Stunden zuvor. Obwohl es nicht länger nottat, zumindest nicht aufgrund ihrer Verfassung, lehnte Minerva den Kopf trotzdem an Elphinstones Schulter. Ihm schien das recht, denn er griff schlicht nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger mit ihren.

»Hast du geschlafen?«, erkundigte sie sich leise in dem inzwischen nahezu gewohnten Mix aus Gälisch und Englisch.
»Ein wenig, hin und wieder. Nicht gerade bequem hier, ganz zu schweigen von der Angst, dass sie zurückkommen könnten.« Ein Schaudern durchlief Elphinstone und er rieb sich mit der freien Hand den Oberarm.

Das schlechte Gewissen biss Minerva umgehend. Sein Umhang diente ihr als Decke und in seinem Hemd hatte er der Kälte nichts entgegenzusetzen. Sie unternahm schon Anstalten, den Stoff von sich zu ziehen, doch Elphinstone wehrte sie mit erhobener Hand ab.
»Du brauchst das gerade mehr als ich«, murmelte er und befühlte ihre Stirn. »Der Cruciatus hat es an sich, dass der Körper für äußerliche Einflüsse anfälliger wird und somit Schwierigkeiten hat, seine gesunde Normaltemperatur zu halten. Ich will nichts riskieren.«

Minerva seufzte. »Bei all dieser Fürsorge könnte man wirklich meinen, dass an dir ein Heiler verloren gegangen ist.«
»Oh nein, dafür wäre ich nicht geeignet.« Elphinstone schnaubte, lächelte aber versöhnlich. »Ich kann dich einfach nicht leiden sehen. Wenn ich Heiler wäre, würde ich einen Haufen Kräuter auf meine Patienten werfen und hoffen, dass das Problem sich von alleine löst. Fluchwunden – an lebenden Personen – schlagen mir auf den Magen.«

Das entlockte Minerva ein raues Kichern. »Verstehe ich. Quidditch-Verletzungen gehen ja noch, aber Flüche ...« Sie hielt inne und zog sacht an ihrer Hand in seiner, sodass sie Elphinstones Unterarm sehen konnte. Der Schnitt wuchs bereits wieder zusammen, doch der Einstich vom Artefakt war nach wie vor ein dunkler Fleck, an dessen Rändern sich klebriges Blut abgesondert hatte. Wenigstens wirkte das Schwarz in den Adern nun bloß wie ein jahrzehntealtes Tattoo, so verblasst war es. »Tut es noch sehr weh?«
»Nein. Dank deiner Hartnäckigkeit geht es mir erstaunlich gut. Der Heiltrank hat trotz halber Portion ganze Arbeit geleistet. Was auch immer mit meiner Magie passiert sein soll, ich merke nichts.«
»Gut. Dann bleibt nur die Frage – ist irgendetwas passiert in der Zeit, die du wach warst? Ich fürchte, ich habe geschlafen wie ein Stein. In deinen Armen ist es einfach zu bequem.«

Elphinstone hob den rechten Mundwinkel und schüttelte den Kopf. »Nein, alles ruhig. Vor einer guten Stunde müsste Wachwechsel gewesen sein, ich habe die Schritte gehört. Und jetzt – horch mal.«
Sie lauschte in die Stille hinein ... und hätte fast aufgelacht. Ganz leise drang durch die Tür zum Vorraum des Kellers der unregelmäßige Klang menschlichen Schnarchens.
»Vermutlich ist es wieder Abend«, gluckste Elphinstone. »Die anderen schlafen wohl ebenfalls.«

»Mh, das ist gut. Wir können keine Lestranges gebrauchen, die hier rumlaufen, während wie einen Ausweg suchen.« Minerva streckte ihre Beine von sich und wippte mit den Füßen, um den Blutkreislauf wieder in Schwung zu bekommen. »Dass wir wegmüssen, steht wohl außer Frage. Denn in einem hat Rodolphus Lestrange recht – das Ministerium und Mulciber haben keine Ahnung, wo wir sind. Und ich werde nicht warten, bis sie es herausfinden.«
»So kenne ich dich.« Ein kleines Lachen vibrierte durch Elphinstone. »Schön, dich zurückzuhaben. Also, was schlägst du vor?«

Stichflamme | Minerva McGonagall ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt