Endlich gefunden

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Gegen 10 Uhr Ortszeit Seattle, saß Christian mit Taylor in seinem Flieger. Gleich würde die Maschine starten und sie beide nach Frankreich bringen. Zu seinem Sohn und, so hoffte er, zu seiner Tochter. Seine kleine Phoebe, seine Prinzessin. Keine Vier war sie gerade mal, als er sie das letzte mal gesehen hatte. Auch hier auf dem Flugfeld des SEATEC Airport. Er hatte sie hinter Ana ins Flugzeug gebracht und ihr einen letzten Kuss auf ihre wunderbar weichen Wangen gegeben. Sie ein letztes Mal ganz feste gedrückt. Dann hatte er sich von Ana verabschiedet. Er spürte noch immer ihre Lippen auf seinen. Er konnte ihren Geruch wahrnehmen, so wunderbar nach Sommer und Äpfeln. Dann hatte er das Flugzeug verlassen und war wieder in den Audi gestiegen. Sicher, dass seiner Frau und seiner geliebten Prinzessin nichts passieren würde. Reynolds war bei den beiden und schließlich wollten sie nur zu Carla und Bob nach Savannah fliegen. Es war das Letzte von den beiden was er gesehen hatte. Sie waren nie wieder zu ihm und Ted zurückgekehrt. Und jetzt das. Ob es ein Zufall war?

Jahrelang hatten er und Taylor versucht Ana und Phoebe zu finden. Aber keine Chance. Alles verlief im Sande. Er hatte nie Anas Kreditkarten oder die Schecks sperren lassen in der Hoffnung darüber irgendwelche Infos zu erlangen, aber jeder Hinweis verlief im Sande. Er hatte es zugelassen in der Hoffnung dadurch zu erfahren wo sie waren. Außerdem wollte er, dass es seiner Prinzessin gut ging.

Die Mail von damals kam ihm wieder in den Sinn. All der Schmerz, seine Verzweiflung, der Selbsthass. Die vielen Monate, die er sich mit Alkohol und anderem Zeug zugedröhnt hatte um den Schmerz zu vergessen. Er dachte an den schrecklichen Tag, als Ted ihn im Badezimmer fand vollgekotzt und mit einer riesigen Platzwunde am Kopf. Diese Zeit war schrecklich. Ohne Gail hätte er das ganze nie durchstanden.

Fast drei Jahre lang hatte er geglaubt Ana habe ihn verlassen, weil sie ihn und seine beschissene Vergangenheit nicht mehr ertrug. Die Worte der Email hatte er nie vergessen: kann nicht mehr... liebe Dich aber... werde Dir nie genug sein.... kann Dir nicht geben, was Du brauchst.... Bin nicht, was Du brauchst.

<Ach Ana, Du warst und bist alles was ich brauche>, dachte er in diesem Moment. Und zum ersten Mal hatte er wieder Hoffnung ihr dies auch sagen zu können.

Nichts hatte für ihn auf einen Abschied hingedeutet. In der Nacht vor ihrem Abflug waren sie nochmal im Spielzimmer. Hatten wunderbaren Sex. So wie immer in den 7 Jahren ihrer Ehe. Dann kam der Anruf. Carla war beim Arzt und hatte eine schlimme Diagnose bekommen. Sie wollte sie nicht mit Ana am Telefon besprechen und Bob bat Ana zu kommen. Eine Bitte, die sie nicht ausschlagen wollte, obwohl Christian sie nicht begleiten konnte und Ted auch nicht, der damals gerade eine Mittelohrentzündung überstanden hatte. Noch am gleichen Nachmittag sind sie geflogen und nie wieder gekommen.

Irgendwas musste in Savannah passiert sein. Bis heute hatte er nur eine vage Vorstellung davon. Nur Bruchstücke hatten er und Taylor heraus finden können.

Die Stunden im Flugzeug schienen nicht vergehen zu wollen. Christian versuchte zu arbeiten, konnte sich aber kaum konzentrieren. Sollte er endlich Antworten bekommen auf all seine Fragen? War sie es wirklich? Eigentlich hatte er keine Zweifel.

Plötzlich vernahm er einen Laut seines Handys. Eine Nachricht von Ted. „Sie ist es zu 100-Prozent!" Ein Smily zierte die Nachricht. Er schien irgendwas herausbekommen zu haben. Eine zweite Nachricht folgte der ersten.

„Mum ist in England."

„Taylor, offensichtlich versteckt sich Ana in England. Jedenfalls konnte Ted das herausbekommen. Wir werden endlich Antworten bekommen."

„Christian, bleib bitte ruhig. Bedräng die Kleine nicht. Sie wird sich kaum an Dich erinnern. Und Du weißt nicht, was Ana ihr über Dich erzählt hat."

Wieder gab das Handy einen Laut von sich. „Sie besitzt einen Verlag für ‚erotische' Romane. Strange."

Christian musste schmunzeln. Irgendwie passte das. Er hatte eine kleine Sexgöttin geschaffen. Ihm kam eine Idee und er nahm sein Tablet in die Hand. Eine Suchanfrage. Was hatte Ted gesagt, wie nannte sich seine Prinzessin: Grace Hardy. Also versuchte er es mit ‚Rose Hardy' und tatsächlich wurde er fündig.

„Taylor wir haben sie." Er schob seinem Freund und Sicherheitsmann das Tablet hin. Auf den Bildern war unverkennbar Ana zu erkennen. Aber außer ein paar Fotos von Buchpräsentationen und von der verlagseigenen Webseite war nichts über Ana zu finden. Sie schien ihr Privatleben völlig aus der Öffentlichkeit heraus zu halten, obwohl gerade erst ein Buch aus ihrem Verlag auf den Bestseller Listen ganz oben stand und ein Bestseller aus den vergangenen Jahren gerade mit Jamie Dornan in der männlichen Hauptrolle verfilmt wurde. Ana schien ein Näschen für gute Stoffe zu haben. Hatte sie schon immer. Grey Publishing zehrte immer noch davon. Ana hatte in den wenigen Jahren ihrer Ehe und als Inhaberin des Verlages viele gute Autoren gefunden und dauerhaft an den Verlag gebunden. Immer wieder standen die Romane ganz oben auf den nationalen und internationalen Bestseller-Listen.

Auf die Schnelle versuchte er mehr über den Anas neuen Verlag heraus zu bekommen. Da ihm aber die Möglichkeiten fehlten, beauftragte er Welch per Email mit den Nachforschungen.

Offensichtlich sicherte der Verlag ihr ein gutes Auskommen und somit auch das Leben von seiner geliebten Prinzessin. Etwa drei Jahre nach dem Verschwinden von Ana und Phoebe hatten seine Leute Dinge herausgefunden, die den Verdacht nahe legten, dass Ana und er mit einer Intrige getrennt wurden. Unter anderem konnten sie nachweisen, dass die Mail niemals von Ana gekommen war. Die Worte, die ihn so getroffen hatten, gar nicht von Ana kamen.

Anrufe mit ungeahnten FolgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt