Wiedersehen

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Während all dies im Landhaus nahe Rouen passierte, war Ana mit ihrem Helikopter auf dem Weg in die Stadt im Nordwesten Frankreichs. Die Normandie von oben bei schönstem Sonnenschein zu betrachten konnte sie gar nicht richtig genießen. Sie musste sich aufs Fliegen konzentrieren.

Am frühen Morgen hatte ihr Telefon geklingelt. Der Leiter der Sprachschule war am Apparat und bat Ana umgehend zu kommen. Was genau mit Phoebe passiert war, wollte er nicht sagen. Sie sei körperlich soweit in Ordnung sagte man ihr, aber wohl verstört und am weinen. Ana hatte alles stehen und liegen gelassen, in Minuten eine Betreuung für CJ organisiert, war zum Flugfeld gerast und in ihrem Helikopter gestiegen. Wie immer musste sie unfreiwillig an Christian denken. An ihren ersten Flug mit Charlie Tango. Was Christian wohl dazu sagen würde, dass sie nun einen solchen Vogel selbst fliegen konnte? Bauklötze würde er staunen und ihr es sofort verbieten selbst zu fliegen. Viel zu gefährlich. Wenn er wüsste, dass sie oft mit ihren beiden Kindern mit dem Heli flog, er würde wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen.

Auf der Fahrt zum Flugfeld hatte Ana schnell ihre Assistentin instruiert, ihr einen Wagen zum Flugfeld nach Rouen zu bestellen. In genau diesen stieg sie nun. Ein flotter Audi TT. Audi. Und wieder musste Ana an ihren Mann denken. Ihr Mann. Ja, sie waren immer noch verheiratet. Jedenfalls hatte sie nie ein Dokument unterschrieben, dass ihre Ehe beendet hätte. Und außerdem hatte Christian es ihr versprochen. Keine Scheidung. Und trotzdem hatte er viele seiner Versprechen gebrochen. ‚In guten wie in schlechten Tagen', wieder stieg die Wut in ihr auf. Aber was nütze es, er war nicht hier, weigerte sich beharrlich mit ihr ein persönliches Gespräch zu führen. Selten Emails waren alles, was er Ana zugestand. Sie verbat sich weiter über ihren Mann nachzudenken.

Keine viertel Stunde später stand Ana vor dem Landhaus indem sich die Sprachschule befand. Den silbernen Mercedes bemerkte sie nur am Rand. Sie betrat das Haus und traf auf eine Horde wild herum laufender Kinder und Jugendlicher. Da sie erst vor zwei Tagen Phoebe hier abgegeben hatte, wusste sie wo das Büro des Direktor war und schlug sofort ihren Weg dorthin ein.

Auf ihr Anklopfen reagierte niemand, aber Ana konnte deutlich Stimmen von innen vernehmen. Also öffnete sie die Türe und machte sich bemerkbar.

„Entschuldigung...." Ihre Stimme versagte. Sie erkannte den großen Mann, in dessen Augen sie gerade sah.

„Taylor."
„Ana."

Er war nicht minder überrascht. So schnell hatte er nicht mit ihr gerechnet. Er ging auf Ana zu und zog sie in seine Arme.

„Es ist so gut Dich zu sehen." flüsterte er ihr ins Ohr.

Ana hatte sich leicht versteift in seinen Armen. Wenn er hier war, dann war Christian auch da. Und als hätte er ihre Gedanken gelesen sagte Jason: „Christian ist mit den Kindern im Büro. Er ist so glücklich."

Glücklich? Ana standen die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Sie starrte Taylor an.

„Ted ist auch hier Ana. Er macht auch diesen Sprachkurs. Das ist so ein wunderbarer Zufall." Langsam lies er Ana wieder frei. Er hatte ihren Herzschlag gespürt. Sie war aufgeregt.

„Ana, egal was Du glaubst zu wissen, es ist nicht so. Christian wird es Dir erklären. Hör ihm bitte zu, auch wenn es Dir schwerfällt."

„Ich weiß nicht Jason. Es tut alles so weh. Ich weiß nicht, ob ich das kann."

„Bitte Ana, hör ihm zu. Er liebt Dich und die Kleine sowieso. Wir haben in den ganzen Jahren die halbe Welt auf den Kopf gestellt um Euch zu finden. Glaub mir, es ist so. Ich hab Dich noch nie angelogen."

„Nein dass hast Du noch nie. Aber ich versteh das alles nicht." Ana konnte man ihre Angst ansehen. Die Worte seiner Mails rasten wie wild in ihrem Kopf. Alles soll ganz anders sein? Sie war doch nicht blöd und die Mails von Christian und von Grace hatte sie sich doch nicht ausgedacht.

Anrufe mit ungeahnten FolgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt