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𝐿𝑒𝑎𝑛𝑑𝑟𝑜

Welche Wirkung ich auf Katelyn gehabt habe und scheinbar immer noch habe, ist mir erst Jahre nach unserer Trennung bewusst geworden. Früher habe ich ihr Handeln und ihr Verhalten unbewusst beeinflusst. Heute weiß ich um meine Fähigkeiten. Und ich  bin gewillt, sie einzusetzen.

Die Tanzfläche füllt sich immer mehr. Katelyn wird von allen Seiten angezettelt. Die Menschen feiern. Doch sie steht noch immer regungslos da und sieht zu mir hoch, als wartet sie auf einen Befehl von mir. Gleich werde ich sie erlösen, gleich werde ich ihr bedeuten, dass sie dort auf mich warten soll.

"Mr. Bishop, am Liefereingang gibt es Schwierigkeiten" entreißen eine Männerstimme mich meine Gedanken. Wer auch immer der Kerl ist, er fliegt raus! Hochkant. Ich wende mich von Katelyn ab und fahre aufgebracht herum. "Siehst du nicht, dass ich gerade beschäftigt bin?"

Beschwichtigend hebt der offensichtlich neue Kellner die Hände. "Ja, Sir. Natürlich, Sir."

Wer hat den Typen eingestellt? Wie kann es sein, daß hinter meinen Rücken abgelaufen ist? Und wo zum Teufel ist Allesandro? "Ich komme, sobald ich hier fertig bin, und dann klären wir, was los ist" mache ich dem Kerl unmissverständlich klar, dass er bereits jetzt bei mir verschissen hat. Er kann von Glück reden, dass ich mich gerade an etwas anderem festgebissen habe.

Angefressen ob der sinnlosen Störung wende ich mich widder der Tanzfläche zu und erstarren. Katelyn ist nicht mehr da! Mein Blick rast über die Menschenmenge, suche Nacht ihr, doch kann sie nicht finden. Sie ist weg. Ich habe sie erneut verloren. Katelyn ist mir durch die Finger gelitten. Oder war das alles vielleicht nur eine Fata Morgana? Wunschdenken? Eine Parodie auf mein verschissenes Leben? Wollte mein Hirn mir damit zeigen, dass ich etwas Reine, Unschuldiges noch immer nicht verdient habe, selbst wenn 7ch meine Zukunft in eine neue Richtung zu lenken versuche?

Das Leben hat mich schon oft gefickt. Doch noch nie war der Schmerz dabei so groß wir jetzt. Mein kaputtes inneres geht in Flammen auf. Die Stahlträger, die ich in mir eingezogen habe, damit mein abgefucktes Konstrukt nicht zusammenbricht, werden vom Feuer erfasst. Ich weiß nicht, wie lang sie dem immer größer werden Inferno standhalten können.

"Leandro?" Katelyns helle, fragenden Stimme ergießt sich wie ein Regenschauer über mich und löscht den inneren Brand in nur wenigen Sekunden. Tief ausatmend drehen ich mich zu ihr um. Ihr ungläubigen Blick lässt mich erschaudern. Katelyn mustert mich skeptisch von Kopf bis Fuß.

"Ja, ich bin es" antworte ich rhetorisch. Auf ihrer schönen geschwungenen Lippen legt sich ein zögerlich Lächeln. "Wie lang ist es her, dass...?" Sie lässt die Frage unvollendet. Schließlich weiß sie, dass sie nur vorgeschoben ist, um in eine Unterhaltung einzusteigen. An unsere Trennung wird sie sich ebenso gut erinnern können wie ich.

Ich werde den Tag niemals vergessen. Den traurige Blick in ihren Augen, die Verzweiflung und die gleichzeitige Vorfreude auf das, was sie nun würde tun können, ohne ein schlechtes Gewissen mir gegenüber haben zu müssen.

"15 lange Jahre" antworte ich dennoch. Katelyn kann meinem Blick nicht mehr standhalten. Sie senkt verschämt den Kopf. "Ich...freue mich...dich zu sehen" stammelt sie.

Sie wirkt noch immer zerbrechlich, als würde sie stets darum betteln, dass ich sie als fest in die Arme nehme, um sie zu stützen. Ich schließe die viel zu große Lücke zwischen uns, leg meine Finger unter ihr Kinn und zwinge sie dazu, mich anzusehen. "Ich habe nie aufgehört, an dich zu denken." "Wir waren noch Kinder, Leandro" Es klingt wie ein Seufzen "Das mit uns war kein Traum" entgegne ich heiser.

Früher waren wir unbelastet Kinder, die sich bedingungslos und über alle Grenzen hinweg geliebt haben. Wir waren eine Einheit. Ich hätte alles für Katelyn getan, was ich ihr bewiesen habe, als ich sie damals habe gehen lassen. "Doch, das war es, Leandro" Sie weicht einen Schritt zurück. In ihrer Miene zeichnet sich Leid ab. Es scheint, als wäre sie im den letzten Jahren nicht glücklich gewesen.

"Du hast das getan, von dem du dachtest, es wäre das Richtige für mich... von dem ich dachte, es wäre das Richtige für mich. Doch ich habe die Uni gehasst, Ich habe mich dafür gehasst, mich dir gebeugt zu haben, und ich habe dich dafür gehasst, dass du mich hast gehen lassen" Sie zwingt sich zu einem Lächeln. "Das alles war nur ein schöner Traum der nie hätte enden sollen. Doch er ist zu Ende, und nun stehen wir hier. Erwachsen und verändert" Katelyn streicht zärtlich über meinen schwarzen Anzugstoff.

Und ob ich mich verändert habe. Ich habe mich von einem netten Jungen aus den Slums in ein unberechenbaren Tier verwandelt. Eines, das einen Maulkorb bräuchte. Eines, das ohne zu fragen beißt. Eines, dass man nicht mehr bändigen kann. Eines, das sie nun, da ich sie wiedergefunden habe, nicht kampflos aufgeben wird.

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798 Wörter ❤

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