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𝐿𝑒𝑎𝑛𝑑𝑟𝑜

Katelyns Kopf hängt schief. Ihre Augen sind geschlossen. Über ihre Stirn rinnt ein ein zelner Blutstropfen. Jason hat die Pistole aus ihrem Mund gezogen und sie ihr gegen die Schläfe geschlagen.

"Mit dieser Aktion hast du den Bogen über
spannt!" "Du hast den Bogen überspannt", knurrt Jason, ohne sich zu mir umzudrehen. Er steht auf, hält die Waffe aber weiterhin auf Katelyn gerichtet. "Sie ist ohnmächtig. Wenn ich sie jetzt erledige, bekommt sie es nicht ein mal mehr mit. Mehr kann ich nicht tun."

"Dir ist klar, dass ich nicht scherze, oder?"
Meinem Bruder scheint nicht bewusst zu sein, dass ich abdrücke, sollte er seine Drohung wahrmachen. Ohne Skrupel.

Wie in Zeitlupe, die Glock weiterhin auf Katelyn gerichtet, stellt er sich hinter sie. Jetzt kann ich ihm endlich in die Augen sehen. Sein. Blick ist so düster und erschreckend psychotisch wie nie zuvor. Mir wird klar, dass ich es diesmal nicht so einfach schaffen werde, ihn zu besänftigen. Er sieht sich in seiner Existenz bedroht. Er braucht ein Ventil für sein eigenes Versagen, und er denkt, er hätte in Katelyns
Tod eines gefunden. "Du würdest es wirklich fertigbringen, mich kaltzumachen? Ihretwegen?" Seine Stimme klingt rau, skeptisch und sogar ein wenig ängstlich. Er weiß, dass er in der Falle sitzt. Auch, dass ich es bin, der darüber entscheidet, was aus ihm wird.

"Die Probleme, die wir am Hals haben, sind nicht ihre Schuld, sondern deine. Das willst du scheinbar nicht verstehen. Hättest du den Streit mit Jimenez nicht provoziert, würden wir jetzt nicht hier stehen. Die Bullen würden weiterhin im Dunkeln tappen, unser Geschäft und unsere Leben wären nicht in Gefahr. Das alles ist DEINE SCHULD." Ich ziele zwischen seine Augen. "Und bei Kishas armer Seele, ich schwöre dir, ich..." "Das ändert aber nichts daran, dass sie ein Bulle ist", fällt er mir ins Wort. Seine Verzweiflung ist nicht mehr zu überhören.

"Hättest du sie mit deinen dämlichen Akti onen nicht zu uns geführt, wäre das niemals zu einem Problem geworden", erwidere ich wütend. "Im Gegenteil. Wir hätten es sogar für uns nutzen können."

"Aber nun ist es eins, und es muss gelöst werden. So wie wir es immer tun." Jason atmet hörbar aus. "Ich werde meine Entscheidung nicht ändern."

"Ich meine auch nicht. Und vielleicht drücke ich ja schneller ab als du. Dann bist du erledigt, und sie kann weiterleben." Ich gehe noch näher auf ihn zu. "Glaubst du wirklich, dass sich unsere Lage ändert, wenn du sie umbringst? Ganz im Gegenteil. Ihr Verschwinden wird noch viel mehr Fragen aufwerfen und das FBI ohne Umwege zu uns führen. Und weißt du...?"

"Ja, weil alles meine Schuld ist", unter bricht er mich gereizt. "Wenn ich sie laufen lasse, alarmiert sie sofort ihre Kollegen. Damit würden wir es nicht besser machen."

Ich zucke schief grinsend die Schultern. "Dann ist dir wohl jetzt endlich klar, was du angerichtet hast." Jason fährt sich mit der freien Hand übers Gesicht. "So eine verdammte Scheiße."

"Ich habe gesagt, dass ich das regele!" Ich trete noch näher an ihn heran, halte ihm den Lauf meiner Glock an die Schläfe. "Wie kommst du überhaupt dazu, mir nicht mehr zu vertrauen? Was habe ich getan, was dein Verhalten mir gegenüber rechtfertigt?"

Ich spiele auf Zeit und kann nur hoffen, dass er mir abkauft, dass ich in Bezug auf Katelyn bereits einen Plan in der Tasche habe. Habe ich nicht, aber er muss es glauben. Ich weiß nicht, wie es weitergehen wird, sollte ich es schaffen, sie hier rauszubringen. Wenn er das merkt, war es das.

"Du hast also vor, sie laufen zu lassen. Wieso? Was hast du vor?", hakt er nach.
"Ich habe immer einen Plan, Herrgott!",
schreie ich. Das ist der Moment, in dem Jason ein knickt. "Du musst die Sache mit Jimenez klären. So wie das jetzt läuft, kann das nicht weitergehen." "Nichts anderes hatte ich vor."

Jason schüttelt den Kopf. "Du verstehst nicht richtig... Ich will, dass du bleibst. Gib dein blödsinniges Vorhaben auf, ein recht schaffener Bürger zu werden, und komm zurück. Du bist der Anführer. Der Einzige, der das hier alles führen kann."

Mein kleiner Bruder schafft es nicht ohne mich. Und das ist nicht allein seine Schuld. Ich habe ihn zu wenig gelehrt, habe ihm zu viel freie Hand gelassen. Es war der größte Fehler, den ich jemals begangen habe. Wie konnte ich nur glauben, dass er den Clan übernehmen könnte? Ich war zu egoistisch. Je weiter ich zurückblicke, desto klarer wird mir, dass ich der Schuldige bin. Nicht er. "Also gut. Ich bleibe. Aber nur, wenn du
endlich die Knarre runternimmst." Damit habe ich mein Schicksal besiegelt. Ich werde es niemals schaffen, ein ehrbarer Mann zu werden. Der König des Untergrunds. Das ist der einzige Titel, den ich bis an mein Lebensende tragen werde.

Jason beäugt mich noch eine Weile
schweigend, ehe er schließlich die Waffe sichert und sie in seinem Hosenbund verstaut. Erleichterung durchströmt mich. Das lasse ich mir jedoch nicht anmerken. "Und wie geht es jetzt weiter?", fragt er.

"Du wirst sie jetzt schnellstmöglich losbin
den und auf den Rücksitz meines Autos legen. Und am besten so vorsichtig, dass sie dabei nicht aufwacht. Ich will nicht, dass sie herausfindet, wo unsere Lagerhalle ist", trage ich ihm auf.

Wie konnte er nur so blöd sein und sie hier herbringen? Unglaublich. Jason ist an Dummheit nicht mehr zu überbieten.

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt