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𝐿𝑒𝑎𝑛𝑑𝑟𝑜

Vor der Trinity Church sammeln sich immer mehr Schaulustige. Es ist kaum ein Durchkommen. Jason parkt den Wagen mitten auf dem Gehweg. "Vielleicht sollten wir nicht zu nahe rangehen", meint er schulterzuckend. "Es ist mir so was von egal, was du machst, aber ich werde jetzt aussteigen und dorthin gehen", fauche ich aufgebracht. "Weißt du, wie gefährlich das ist? Was ist, wenn die Jimenez von jemandem gesehen wurden? Wir landen dann auf deren Liste, das ist dir hoffentlich klar." Jason deutet auf die unzähligen Bullen vor Ort. Ich scanne die Umgebung. Ich sehe kein FBI. Nur das NYPD. Es gibt also keinen Grund, anzunehmen, sie hätten diesbezüglich irgendeinen Verdacht. Und selbst wenn, wäre es mir scheißegal. Ich werde Kisha nicht allein dort liegenlassen. Ich reiße die Wagentür auf. "Deine Entscheidung. Kommst du nun mit oder nicht?" Jason steigt mit einem Stöhnen aus dem Wagen. "So machen wir alles nur noch schlimmer." Mit einem bitterbösen Blick deute ich auf das Geschehen. "Schlimmer? Was bitte könnte denn noch schlimmer werden als das dort?" Mein Bruder tritt einen Schritt zurück, verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich skeptisch. "Gut, wie du meinst. Du bist der Boss." "Nenn mich nicht so", zische ich, wende mich von Jason ab und gehe auf das Geschehen zu. Der Tatort ist durch ein gelbes Absperr band gesichert. Als ich endlich nahe genug herankomme und freie Sicht auf den Eingang der Kirche habe, legt sich in meinem Hirn ein Schalter um. Ich höre es förmlich klicken. All das Gute, das ich in mir heraufbeschworen habe, ist wie ausgelöscht. Meine Wut ist grenzenlos. Das Böse, das ich in mir trage, kann ich nicht länger kontrollieren. Es über nimmt die Oberhand und wird mich ab sofort wieder regieren. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht mehr verhindern. Wie ein wild gewordener Stier durchbreche ich die Absperrung und renne auf den mit wei Ber Folie abgedeckten Leichnam zu.
"Lassen Sie ihn. Sie ist unsere Schwester", höre ich Jason hinter mir rufen, da die Polizisten mich offenbar aufhalten wollen.
Atemlos sinke ich auf Knie und reiße mit zitternden Händen die Plane weg.
Kishas lebloser Körper lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Eiseskälte umfängt mich. Vorsichtig streiche ich ihr durch das blonde Haar, in dem Blut klebt. Ich hauche ihr einen Kuss auf die Stim und schließe sie dann fest in meine Arme. "Das ist ein Tatort, Sir, das dürfen Sie nicht", vernehme ich eine männliche Stimme Doch sie verschwimmt in meinem Gehörgang und ich ersticke sie mit einem lauten Schrei.
Ich flehe Gott um Gnade an. Nicht für mich oder Jason, sondern für Kisha. Sie hat es nicht verdient, so zu enden. Der Schmerz, der mich durchbohrt, ist grenzenlos. Er wird für immer bleiben. Er wird nie mehr verschwinden, sondern mich für den Rest meines verdammten Lebens daran erinnern, dass sie wegen unserer Vergehen gestorben ist. "Du weißt, was das für uns bedeutet." Jason kniet sich neben mich und streichelt zaghaft über Kishas Wange. "Du kannst jetzt nicht aufhören. Wir müssen uns rächen." "Das weiß ich", zische ich gereizt.

Ich halte Jasons Fehler sprichwörtlich in den Händen. Ich kann die zunehmende Kälte spüren, die von Kishas Körper ausgeht. Sie wird mich nicht mehr loslassen. Nicht, bis ich ihren Mörder gefunden und ihn zur Strecke gebracht habe. Das bedeutet Krieg. Jimenez hat mit dieser Aktion sein eigenes Grab geschaufelt, und ich werde derjenige sein, der ihn dort hineinbefördert, um danach lachend auf ihn zu pissen. "Er wird dafür bluten, das schwöre ich", flüstere ich Kisha ins Ohr. Ich schließe die Augen und nehme ihre Vollkommenheit in mich auf. Für einen kurzen Moment wird es still um mich herum. Ich nehme nur noch Kisha in meinen Armen wahr. Bilder aus der Vergangenheit rauschen durch meinen Kopf und spielen einen Film längst vergangener Zeiten vor meinem inneren Auge ab.

"Leandro, du musst wieder zu dir kommen", höre ich Jasons Stimme, reagiere aber nicht darauf  "Katelyn ist hier. Das verdammte FBI ist hier", murmelt er.
Mein altes Leben hat mich eingeholt. Ab diesem Punkt gibt es kein Zurück mehr. Sie wird herausfinden, wer ich wirklich bin. Und sie wird mich dafür abgrundtief hassen. Doch ich habe ihr längst das Herz gestohlen. Sie wird mich lieben. Und diese Liebe wird ihren Hass besiegen. Sansa wird sich auf meine Seite schlagen. Eine andere Option gibt es nicht.

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt