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𝐿𝑒𝑎𝑛𝑑𝑟𝑜

Jason rauft sich die Haare. "Sie?", schreit er.
Ich sehe dem Taxi hinterher, in dem Katelyn sitzt, reagiere erst auf ihn, als es aus meinem Blickfeld verschwunden ist. "Das geht dich nichts an!", herrsche ich ihn
an. "Und wie mich das etwas angeht." Jason zieht die Brauen zusammen. Das Blau seiner Augen wird glasklar, wie die Eisdecke eines zugefrorenen Sees. Diesen Gesichtsausdruck zeigt er immer, wenn er kurz vorm Durchdrehen ist. Und wenn mein Bruder durchdreht, bringt er zum Beispiel den Sohn des Mexika nerclanchefs um. Ich packe Jason am Oberarm, zerre ihn zu meinem Wagen und zwinge ihn einzusteigen. "Was macht die Schlampe wieder hier? Ich dachte, sie ist in L.A.?", fragt er, als ich auf der Fahrerseite einsteige. "Hör endlich auf, sie so zu nennen!" Jason nennt fast alle Frauen so, was mich wenig bis gar nicht interessiert. Allerdings weiß er, wie wütend ich werde, wenn er es bei Sansa tut. Damit hat er mich schon früher im mer zur Weißglut getrieben.

"Seit wann ist sie wieder hier?" Jason lehnt sich im Ledersitz zurück, verschränkt die Arme und sieht mich abwartend an.
"Wir haben uns durch Zufall vor ein paar Tagen im Wish getroffen. Sie lief über die Tanzfläche und ..." "Und jetzt lässt sie sich wieder von dir ficken, und du führst sie zum Dank in ein über teuertes Fischrestaurant aus." Jason klopft mir auf die Schulter. "Respekt, Bruder. Du hast es echt drauf", zischt er herablassend.
Jason hat Katelyn nie an meiner Seite akzeptiert, da sie für ihn nichts anderes als eine Rivalin war. Der Platz an meiner Rechtenge hört seiner Meinung nach ihm. "Sie gehört zu mir. Ist das klar?" Stock sauer wische ich seine Hand von meiner Schulter.
Jason lacht hämisch. "Ich kann es mir bereits bildlich vorstellen, wie du ihr erzählst, was du jetzt tust, und sie fragst, ob sie deine Königin werden will und ob sie es sich zutraut, unser Königreich mitzuregieren." Ich lege die Hände ans Lenkrad. Nur zur Sicherheit, ansonsten könnte es passieren, dass ich ihm doch noch an die Gurgel springe. "Du hast es immer noch nicht verstanden. Ich mache Schluss mit dem ganzen Scheiß Sobald die Sache mit den Jimenez geklärt ist, werde ich ..." "Wirst du was? In die Rolle des anständigen Clubbesitzers schlüpfen?", fällt er mir ins Wort. "Nein, schon klar. Damit kannst du Katelyn bestimmt beeindrucken. Es ist nur die Frage, was sie davon hält, wenn sie erfährt. wie du dir das Wish finanziert hast." Jasons Blick ist voller Zorn. "Du solltest dir langsam klarmachen, dass du nicht da wärst, wo du bist, hättest du sie damals nicht verlassen, oder denkst du vielleicht, sie hätte es zugelassen, dass du zum größten und gefürchtetsten Kartellboss ganz New Yorks mutierst?" Kopf schüttelnd tippt er mir gegen die Brust. "Du weißt, dass ich recht habe. Ohne deine damalige Entscheidung wärst du nach wie vor nichts weiter als ein Junge aus der Gosse." "Und du genauso. Das ist es doch, was dich daran nervt", kontere ich scharf. Leider und das gebe ich nicht gern zu  muss ich Jason recht geben. Wäre Katelyn nicht gegangen, wäre ich mit Sicherheit nicht so weit auf die schiefe Bahn geraten, hätte aber auch niemals das, was ich jetzt habe. Es war Schicksal, dass alles so gekommen ist. Jetzt kommt es nur noch darauf an, sich den Umständen anzupassen. "Sie ist weder gut für unsere Geschäfte noch gut für dich. Du musst sie wieder loswer den", fordert Jason energisch. Er darf niemals erfahren, dass Katelyn für das FBI arbeitet, sonst ist sie tot. "Das ist mein Problem", ist mein letzter Kommentar zu dem Thema. "Erzähl mir lieber warum du mich gesucht hast und was es Dringendes gibt." Jason presst die Kiefer so fest aufeinan der, dass seine Wangen zittern. "Ich habe ge hört, dass die Jimenez bereits bei den Italie nern waren. Sie sind uns also auf der Spur." "Woher weißt du...?" Ich unterbreche mich kurz und winke ab. "Ach ja, ich vergaß. Du hast ja jetzt was mit den Nudelfressern am Laufen." "Sei lieber froh, dass ich meine Fühler in alle möglichen. Richtungen ausstrecken kann." Ich?" Ich deute erst auf mich, dann auf ihn. Du hast Carlos umgebracht. Nicht ich." "Du weißt doch genau, wie das ablaufen wird" argumentiert er fast gelangweilt. "Die Mexikaner finden heraus, wer es war, und bestrafen dann den Ranghöchsten von uns. Und das bist nun mal du." Ich lache spöttisch. "Da liegst du falsch. Eduardo wird mir das nehmen, von dem er denkt, es sei mir das Wichtigste im Leben." Ich verschränke die Arme vor der Brust. "Und was denkst du, könnte das sein?", frage ich nur rhetorisch, denn Jason weiß ebenfalls, dass Eduardo ihn killen wird, wenn er ihn in die Finger bekommt. "Und was weißt du sonst noch?", hake ich nach.
"Viel zu wenig", antwortet er säuerlich. Ich stecke den Schlüssel ins Zündschloss.
"Dann sollten wir den Italienern einen Besuch abstatten und fragen, wie viel sie wirklich wis sen." Jason hält mich davon ab, dass ich den Motor starte. "Warte, du willst zu Peruzzi?" "Hast du eine bessere Idee?" Jason zieht den Autoschlüssel wieder ab. "Nein, das werde ich nicht zulassen. Du bist in der Szene nicht umsonst als das Phantom bekannt. Alle haben Respekt vor dir, vor allem, weil sie nicht wissen, wie du aussiehst, und sie sich deshalb niemals sicher sein können, ob du nicht bereits hinter ihnen stehst. Wenn du diesen Vorteil verspielst, wird man uns bald die Poleposition streitig machen." "Was soll dann werden? Warten wir einfach ab, bis Eduardo auftaucht, um dich abzuknallen?"
Jason atmet tief durch und gibt mir den Schlüssel zurück. "Ich werde allein zu Peruzzi gehen." "Und du glaubst ernsthaft, dass der dich anhört?" Jason Vorhaben in allen Ehren, aber er weiß genauso gut wie ich, dass man bei Peruzzi nicht einfach reinspaziert. Der An führer der italienischen Mafia in New York lässt Bittsteller erst lange beobachten, bis sie eine Audienz in seinen heiligen Gemächern bekommen, die er als abgeranzte Pizzeria tarnt. "Ich lasse es darauf ankommen." Jason zuckt die Schultern. "Wünsch mir Glück, Bruder. Mehr erwarte ich nicht von dir", sagt er und steigt dann aus.

Er hat den größten Fehler seines Lebens begangen. Egal, was er auch versucht, er wird ihn nicht mehr gutmachen können. Eduardo wird schon sehr bald wie eine Feuerwalze über uns ziehen. Es ist alles nur noch eine Frage der Zeit, bis er herausfindet, wer seinen Sohn umgebracht hat, und dann wird er sich rächen. Jeder von uns würde in diesem Fall ge nauso handeln. Jimenez wird uns treffen, vermutlich härter, als wir es uns bisher ausmalen können, und dann sind wir gezwungen, zurückzuschlagen. Der Krieg zwischen unseren beiden Clans ist entbrannt, und keiner kann ihn mehr stoppen.

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt