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𝐾𝑎𝑡𝑒𝑙𝑦𝑛

Vier Stunden sind vergangen, seitdem ich Leandros Penthouse verlassen habe, und ich bin immer noch fassungslos. Wie konnte er mir nur so etwas antun? Würde er auch nur noch einen Funken Anstand besitzen, hätte er sich niemals mehr auf mich ein gelassen. Er hätte mich damals im Wish auf Abstand halten müssen. Nicht, weil er damals schon hätte wissen können, wer ich jetzt bin, sondern weil ihm klar war, wer er ist.

Wenn er mich wirklich liebt, so wie er es behauptet, hätte er alles daransetzen müssen, mich von solch einem gefährlichen Terrain fernzuhalten. Denn selbst wenn ich nicht beim FBI wäre, hätte er wissen müssen, dass ich damit nicht leben könnte.

Verzweifelt raufe ich mir die Haare, lasse mich auf mein Bett sinken und grübele weiter darüber nach, wie es nun weitergehen soll. "Es ist zu viel hätte, wäre, wenn" in meinen Über legungen. Was geschehen ist, ist geschehen. Es zählen nur die Fakten.

Leandro hat all die Jahre dasselbe für mich empfunden wie ich für ihn. Wir haben uns nie voneinander lösen können, und des halb verstehe ich auch, warum er sich selbst in große Gefahr begeben hat, um mir nahe sein zu können. Das war es, was ihn dazu ge trieben hat. Er hat nicht lange überlegt, son dern gehandelt. Leandro hat seine Gefühle sprechen lassen. Mir gegenüber hat er sich niemals als dieses Monster präsentiert, für das ihn alle halten und das er mit Sicherheit auch sein kann. Ich sehe auch noch viel Gutes in ihm. Ich habe ihm sofort geglaubt, dass er sich zurückziehen und mit der Eröffnung des Wishs einen neuen Lebensweg einschlagen wollte.

Leider hat er wie immer nicht weit genug gedacht. So kenne ich ihn. Er war felsenfest davon überzeugt, dass er alle Gräueltaten, die er begangen hat, hinter sich lassen kann. Es wird schon irgendwann genug Gras über die Sache gewachsen sein. Er kann alles vergessen und ein anständiges Leben führen.

Doch es gibt Dinge, die kann man nicht mehr ungeschehen machen. Egal, wie sehr man sich auch anstrengt. Leandro wird nie wieder auch nur einen Fuß in ein ehrliches, geregeltes Leben setzen können. Der Zug ist abgefahren. Schon vor vielen Jahren, als er sich dazu entschlossen hat, ins Drogenge schäft einzusteigen.

Noch dazu hat er die Rechnung ohne seinen Bruder gemacht. Hätte er mich nach meiner Meinung gefragt, hätte ich ihm sofort sagen können, dass man Jason gar nichts überlassen kann. Dieses Imperium, das er sich aufgebaut hat, erst recht nicht. Leandro mag schlau und gerissen sein, aber so lange er Jason im Genick hat, wird er sich davon nicht lösen können.

Oder ist er ihn am Ende vielleicht sogar schon losgeworden? Ich habe ihn nicht da nach gefragt, wie er seinen Bruder dazu gebracht hat, mich am Leben zu lassen, weil ich es nicht wissen wollte. Jetzt aber interessiert es mich doch. Obwohl, nein, es muss mir egal sein. Ich muss mich um mich kümmern, mir überlegen, wie es für mich weitergehen soll.

Die Türglocke unterbricht meine Überle gungen. Widerwillig erhebe ich mich, um sie zu öffnen.

"Wie um alles in der Welt siehst du denn aus?" Meine Schwester wirft einen entsetzten Blick auf das Hämatom an meiner Schläfe, drängt mich dann zur Seite und verschafft sich somit Zutritt zu meiner Wohnung.

"Was machst du hier?", frage ich irritiert und gehe gedanklich meinen Terminkalender durch. Waren wir verabredet? Habe ich etwas vergessen?

"Wir waren im Tick Tock verabredet, und zwar vor einer halben Stunde", antwortet Kaity gereizt.

Oh, verdammt. Stimmt. Lucia ist bei einem
Playdate, und Valeria hat mich gefragt, ob ich mich währenddessen mit ihr im Diner treffe. Oder?

Ich sehe aus dem Fenster. Es ist bereits dunkel. Nein, ich muss mich irren. Ange strengt grübele ich weiter.

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt