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𝐾𝑎𝑡𝑒𝑙𝑦𝑛

"Es lief alles nach Plan" lüge ich, ohne rot zu werden. Leandro nickt zwar, glaubt mir aber offensichtlich kein einziges Wort. "Seit wann bist du wieder in New York?"

"Seit einem halben Jahr" antworte ich ehrlich, schäme mich aber sofort wieder. "Wenn ich gewusst hätte, das...dann hätte ich..." "Nein, das hättest du nicht" fällt er mir ins Wort. "Unsere Trennung war an keine Abmachung geknüpft".

Er meint nicht, was er sagt, das sehe ich an seine nervös Zuckungen Mundwinkeln. "Entschuldige, es ist nicht leicht und... " Ich sehe mich suchend um "Ich sollte mich langsam wieder zu meiner Begleitung gesellen, sonst gibt sie noch eine Vermisstenanzeige auf".

Leandros Blick wird augenblicklich mörderisch. So habe ich ihn noch nie erlebt. Gänsehaut jagt mir über den Körper. "Eine Freundin" erkläre ich hastig. Ich sehe ihm die Erleichterung an, obwohl er sich darum bemüht, sie nicht zu zeigen. Mit einem gezwungenermaßen Lächeln räusperte er sich. "Wie wäre es, einen du es dir mit deiner Freundin in der VIP-Lounge dort gemütlich machst". Er deutet schräg hinter uns. "Sobald du sie denn gefunden hast" "Das ist wirklich nett, aber wir wollten gerade gehen" lehne ich sein Angebot dankend ab.

Es ist nicht so, dass ich es nicht wollen würde, aber je länger ich in seiner Nähe bin, desto unwohler fühle ich mich. Der Trennungsschmerz, der mich ein ganzes Jahrzehnt begleitet hat, flammt unaufhaltsam wieder in mir auf und löst Empfindungen in mir aus, die ich nicht mehr bereit bin zu ertragen. "Es hat mich wirklich gefreut, aber ich muss jetzt" verabschiede ich mich und wende mich zum Gehen. "Ich werde dich nicht mehr gehen lassen". Leandro packt mich unsanft am Handgelenk. Sein Griff ist so fest, dass ich mich erschrocken von ihm losreiße.

Aufgewühlt ob es Übergriffe fahre ich zu ihm herum und werde von seinem heroischen Blick paralysiert.

"Lass mich dich auf einen Kaffee einladen" fordert er mit Nachdruck in der Stimme. Ich weiß nicht, ob es das schlechte Gewissen ist, das ich immer noch ihm gegenüber hege, oder doch eher das respekteinflößende Gefühl, das er in mir entfacht, dass ich ohne zu zögern zusage.

"Morgen Nachmittag. Fünf Uhr im 𝐒𝐮𝐧𝐟𝐥𝐨𝐰𝐞𝐫" nenne ich ihm einen Termin. Es ist jenes Café, in dem wir früher oft zusammengesessen sind, unsere gemeinsame Kunst, in der wir uns jeder eine heiße Schokolade namens Black & White in dem noblen Szenecafé mitten in Manhattan leisten könnten.

Leandro nickt zufrieden. "Ich werde da sein" sagt er und nähert sich mir so weit bis kaum noch ein Blatt Papier zwischen uns passt. Er legt die Hand in meinen Nacken und haucht mir einen Kuss auf die Stirn. "Ich werde dich nicht mehr gehen lassen" wiederholt er und es klingt bedrohlich. Sein warmer Atem lässt die kleinen Schweißperlen auf meiner Stirn versiegen. Stattdessen beginne ich zu frösteln. Ich schließe für eine Sekunde die Augen erinnere mich wieder an jene Zeiten zurück in deine wir glücklich miteinander waren. Leandro hat sich nicht nur äußerlich verändert er ist auch innerlich nicht mehr derselbe. Früher hat er mich mit seiner liebevollen, ruhigen Art in seinen Bann gezogen. Heute fließt er mir Respekt und vielleicht sogar ein wenig Angst ein.

Dennoch ist mir eines klar: Ich bin niemals wirklich von ihm losgekommen und werde es wohl auch nie. Das ist die bitterer Erkenntnis dieses Abends die mich von nun an für den Rest meines Lebens begleiten wird.

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562 Wörter ❤

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt