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𝐾𝑎𝑡𝑒𝑙𝑦𝑛

AIs wir am Tatort ankommen und ich sehe, wer neben dem Leichnam kniet, wird mir kurz schwarz vor Augen. Ich verharre in meiner Bewegung und beobachte das Unfassbare mit offenem Mund. Leandro krallt sich schreiend am Opfer fest. Jason kniet neben ihm. Seine Hand liegt ruhig auf Leandros Schulter. Das muss Kisha sein.

Einige Kollegen des NYPD stehen um die beiden herum und versuchen, sie davon zu überzeugen, den Leichnam loszulassen, da sie den Tatort verunreinigen.
"Was ist das denn für ein Mist?", höre ich Ethan schimpfen. Er will auf das Geschehen zu rennen, doch ich halte ihn davon ab. Fragend dreht er sich zu mir um, erkennt, dass es mir gerade nicht besonders gutgeht, und fängt mich gerade
noch so auf, ehe es mir den Boden unter den Faben wegreißt.
"Was ist mit dir los?", fragt er erschrocken "Es ist... ich... Lass mich das regeln, okay", stammele ich atemlos. "Du kennst sie?", hakt Ethan skeptisch nach. Schwer schluckend nicke ich. "Lass mich nur kurz durchatmen." Meinem Kollegen gefällt es zwar nicht, aber er lässt mich los.
Ehe ich mich dem grausamen Anblick nähere, suche ich nach den richtigen Worten, doch ich finde keine. Was soll man dazu auch sagen? "Katelyn, reiß dich zusammen und mach dei nen Job", spreche ich mir selbst Mut zu. Dann straffe ich die Schultern und setze mich entschlossen in Bewegung. Ich zeige den Kollegen meine Marke und bitte sie, ein Stück beiseitezutreten." Ich kümmere mich darum." Sie nehmen nickend Abstand. Gleich darauf gesellt Ethan sich zu ihnen und schart sie um sich, um mit ihnen zu sprechen. Das ver schafft mir ein wenig Luft. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich neben Leandro auf die Knie gehe und versuche, seinen Blick einzufangen. "Es tut mir unendlich leid, aber du musst sie jetzt loslas sen." "Sie ist unsere Schwester, Wir können sie so lange halten, wie wir wollen", fährt Jason mich von der Seite an. "Das verstehe ich, aber es ist ein Tatort. Ihr zerstört Beweise", erkläre ich ruhig. "Ihr wollt doch, dass wir den Mörder eurer Schwester finden, also müsst ihr uns jetzt unsere Arbeit machen lassen." "Arbeit? Was machst du überhaupt hier?" fragt Jason mit einem solchen Hass in der Stimme, dass es mir übel aufstößt. "Was hat das FBI hier zu suchen?"

Leandro löst sich von Kishas Leichnam. Vorsichtig legt er sie vor sich ab, beugt sich über sie, fährt über ihr Gesicht, um ihre offenen Augen zu schließen, und haucht ihr noch einen letzten Kuss auf die Stirn.
"Sie kam aus der Kirche. Sie leitet den Kirchenchor... Wer in Gottes Namen erschießt eine junge Frau, die aus einer Kirche kommt?", fragt er mit so einer Verzweiflung in der Stimme, dass es mir einen stechenden Schmerz ins Herz jagt.
"Das wissen wir noch nicht, aber wir werden es herausfinden. Versprochen", sage ich ruhig und bestimmt. Jason deutet auf meine Marke. "Ihr müsst doch schon irgendwas vermuten. Warum seid
ihr sonst hier?", fragt er spitzzüngig.
Er hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er für die Polizei nichts übrighat. Leandro erhebt sich schwerfällig, zieht seinen Bruder mit in den Stand, würdigt mich dabei aber keines Blickes. "Wir sollten jetzt gehen. Es wartet eine Menge Arbeit auf uns." "Ich kann das gern für euch übernehmen, wenn ihr wollt. Einem meiner Nachbarn gehört ein Bestattungsinstitut", biete ich meine Hilfe an und stehe ebenfalls auf.
"Wie praktisch", zischt Jason gereizt.
"Wir sollten jetzt wirklich gehen", wieder. holt Leandro Seine Stimme zittert dabei, droht, zu brechen.

Ich würde ihn gern in den Arm nehmen, ihm Trost spenden, aber ich erkenne, dass ich ihm damit nichts Gutes tun würde. Er ist gefangen in seiner Trauer und dem Unverständnis, warum seine Schwester auf diese Weise sterben musste. Das Beste, was ich im Moment tun kann, ist, die Sache so schnell wie möglich aufzuklären, damit er seinen Frieden damit machen kann.

Ich sehe den beiden noch nach, bis sie aus meinem Blickfeld verschwunden sind, dann gehe ich zu Ethan.
"Sollten das wirklich die Jimenez gewesen
sein, dann haben sie die Falsche erwischt,
oder das arme Mädchen war ihnen einfach
nur im Weg", bemerke ich. "Bist du dir da sicher?", hakt Ethan skeptisch nach.
"So sicher wie das gottverdammte Amen in
der Kirche", entgegne ich. "Aber wir müssen ihren Mörder finden, das bin ich den beiden schuldig."

Ich habe Leandro etwas versprochen, und das werde ich auch halten. Das hätte nicht passieren dürfen. Kisha war seine kleine Prinzessin. Ob er sich davon jemals wieder erholen wird, wage ich zu bezweifeln. Leandro wird ein gebrochener Mann sein. Und ich kann nur versuchen, ihm so gut es geht beizustehen. Hoffentlich lässt er mich jetzt überhaupt noch an sich heran.

| NYC King - Du wirst mich Lieben |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt