Kapitel 10

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Nach dem Essen wollte Luis nur noch ins Bett. Haru half ihm beim Umziehen, damit er seinen Fuß nicht belasten musste.
Klara wollte noch mit Leona und Haru an den Strand, also wünschte ich ihnen eine gute Nacht und lief zu meinem Zelt.

Erstmal zog ich mir einen Hoody an, denn je später es wurde, desto kühler wurde es.
Haru hatte mir eine Kiste Wasser und Softgetränke in mein Zelt gestellt. Zusätzlich fand ich noch einen Korb, welcher mit großer Wahrscheinlichkeit von Klara gefüllt worden war. Darin befand sich Schokolade, Knabbereien, Weingummis, Kekse und auch etwas Obst.
Mit einer Tüte Chips und einer Rhabarberschorle in den Händen, machte ich mich auf die Suche nach Chris und den anderen. Irgendwie sehnte ich mich nach ihrer Gesellschaft.

Zwischen den Zelten hatte jemand eine Feuerschale aufgebaut, in welcher ein gemütliches Feuer brannte. Drumherum saßen viele Jugendliche, auch Hoon, Jamilian, Prem und Chris. Ich setzte mich zu ihnen, öffnete die Chipstüte und stellte sie in unsere Mitte.
Kurz erzählte ich ihnen, dass es Luis besser ging, da kam ein Mädchen mit einer Gitarre auf und zu.

"Kannst du bitte was auf der Gitarre spielen, Chris?", fragte sie schüchtern. Man sah im Hintergrund ihre Freundinnen kichern. Anscheinend war sie überredet worden Chris anzusprechen.
"Wie heißt du denn, hmh? Ich muss doch wissen für wen ich spielen soll!", zwinkerte Chris ihr zu.
"Rana!", kam es schüchtern von dem zarten, dunkelhaarigen Mädchen, dessen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, zurück.

Chris nahm ihr die Gitarre ab.
"Jungs, kennt ihr "Sound of silence"?", schaute er uns fragend an. Tatsächlich nickten wir alle.

"Auf Wunsch von Rana spiele ich euch ein paar Lieder auf der Gitarre. Danach macht ihr euch bitte fertig und geht in eure Zelte. Alles klar?"
Einige Kids murrten zwar, es stimmen aber alle zu.
Chris stimmte das Lied an und wir begannen zu singen.

Einige der Mädchen hingen regelrecht an unseren Lippen. Es war mir irgendwie unangenehm von ihnen so extrem beobachtet zu werden.

Dieses Gefühl jedoch, endlich wieder zu singen, übertraf einfach alles. Ich spürte jeden Atemzug. Wie sich die Töne in meinem Resonanzkörper bildeten und diesen über meine Lippen verließ. Wir fünf harmonierten sowas von gut, als ob wir schon immer zusammen Musik gemacht hätten.

Viel zu schnell war das Lied zu Ende. Man applaudierte uns und einige riefen: "Zugabe!"
Chris spielte direkt weiter.
Country Roads, House of the rising sun und Let it be konnten sogar die meisten Jugendlichen mitsingen. Es klang einfach toll.
Sogar aus dem Bereich der Wohnwagen und Wohnmobile hörten wir immer wieder neue Stimmen mit einsteigen.

"Gesang ist wirklich eine tolle Art der Kommunikation und so niederschwellig, dass wirklich jeder mitmachen kann und dazu macht es mich glücklich!", murmelte ich lächelnd zu mir selbst.

"So ihr Lieben, macht euch bereit für das letzte Lied!", kündigte Chris an.
Uns flüsterte er zu: "Habt ihr einen Vorschlag?"
"Halleluja, von Rufus Wainwright!", flüsterte ich und fing einfach zu singen an.
Chris stimmte mit der Gitarre ein und nach und nach sangen wir wieder zu fünft.
Beim "Halleluja" hörten wir wieder viele andere mit einstimmen. Es war Gänsehautstimmung pur.
Chris wünschte nach diesem Lied allen eine gute Nacht und erinnerte daran die Nachtruhe einzuhalten.

Ich wollte gerade aufstehen, da wurde ich von Hoon zurückgehalten.
"Wow, Niki, einfach nur wow!!"
Ich war verwirrt.
"Worauf willst du hinaus, Hoon?"
Er hielt mir sein Handy vor meine Nase und ließ ein Video laufen. Zu sehen war nicht viel, da es schon recht dunkel war. Ich erkannte mein vom Feuer beleuchtetes Gesicht und hörte mich und die anderen singen.

"Ja, wir hören uns definitiv gut zusammen an!", bestätigte ich ihm lächelnd.
"Nein! Du hörst dich verdammt gut an!", erklärte Jamilian.
"Deine Stimme ist so einzigartig, man hört sie sofort raus!", kam noch von Prem hinterher.
"Und dann haust du mal eben so ohne Begleitung das "Halleluja" raus... unglaublich!", kam beeindruckt von Chris.
"Ach quatsch, ich hab doch nur mit euch gesungen...", erklärte ich verlegen.
"Das war doch nichts."
"Das haben die Mädchen aus Ranas Gruppe glaube ich anders gesehen. Ich bin sicher die ein oder andere hat schon jetzt einen Crush auf dich!", grinste Hoon mich an.
Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Die anderen lachten nur über meinen Blick.

"Ich hoffe nicht...", seufzte ich nur, nahm die Chipstüte und meine Flasche und stand nun endgültig auf.
"Wo willst du hin?", fragte Prem neugierig.
"Ich hol aus dem Zelt meine Zahnbürste, Waschzeug, Pyjama und Bademantel und suche dann die Gemeinschaftsduschen."
"Wir holen auch eben unser Zeug, dann treffen wir uns hier und zeigen dir den Weg!", erklärte Chris. Ich nickte ihm zu und ging los.

Ich freute mich auf eine heiße Dusche nach diesem anstrengenden Tag und packte meine Sachen in eine Tasche.
Zehn Minuten später gingen wir gemeinsam zu den Duschen.
Es tat so gut, als das warme Wasser über meinen Körper rieselte. Ich wusch mir die Haare, putzte mir direkt die Zähne und genoss einfach die mich umgebende Wärme. Nach etwa zehn Minuten schnappte ich mir mein Badetuch, trocknete erst meine Haare, dann mich ab, zog meine Boxershorts und meinen Pyjama an und den Bademantel darüber. Den Rest räumte ich wieder in meine Tasche. Gemeinsam mit den anderen Vieren lief ich wieder zurück.
Wir wünschten uns eine gute Nacht und verschwanden in unseren Zelten.

Ich räumte meine Tasche weg, befestigte das Badetuch zum trocken an einem  Karabiner. Meinen Bademantel schmiss ich einfach neben meinen Schlafsack und kuschelte mich in denselben. Mit dem Rauschen des Meeres in den Ohren glitt ich in einen erholsamen Schlaf.

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