Kapitel 33

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In dieser Nacht träumte ich von tanzenden Kraken, die mich nicht loslassen wollten.
Gerädert von diesem wirren Traum wachte ich auf.
Ich blinzelte noch müde, blickte jedoch direkt in sanfte, braune Augen, welche mich beim Aufwachen beobachteten.
Ich musste sofort lächeln, robbte näher an Key heran und legte meinen Kopf auf seine Brust. Sein Herz schlug etwas schneller und meins schien mit seinem um die Wette schlagen zu wollen. Was für ein irres Gefühl. Da konnte der Traum nicht gegen ankommen!
Ich traute mich mit meiner Hand nach seiner zu greifen und hielt diese einfach nur fest. Mit seiner anderen Hand strich er mir sanft über den Rücken, meinen Hals entlang, bis auf meinen Kopf. Dort blieb seine Hand und kraulte durch meine Haare.
Genüsslich räkelte ich mich, ließ Keys Hand los und machte anstalten aufzustehen.

"Wohin willst du?"
Keys Morgenstimme bereitete mir tatsächlich eine Gänsehaut.
"Zur Toilette, danach eine Runde laufen, für die Show üben und danach duschen und frühstücken!", erwiderte ich seine Frage.
"Dann komm ich mit! Ich lass dich nicht mehr aus den Augen! Die Situation gestern war mir zu creepy!", stellte Key direkt klar. Dem hatte ich nichts entgegen zu setzen.

Wir zogen uns bequeme Klamotten an, liefen zum nächsten WC und machten uns danach mit ein paar Dehnübungen warm.
"Durch den Wald oder direkt hier die Treppe zum Strand runter?", wollte ich von Key wissen.
"Lass uns hier am Strand starten und dann wieder durch den Wald zurück laufen.", entschied dieser. Somit liefen wir los.

"Wo möchtest du denn nacher proben?", erkundigte er sich, dabei schaute er sich in der Gegend um.
"Gute Frage, da ich nicht so auf dem Präsentierteller üben möchte, bin ich mir noch nicht sicher. Viele Möglichkeiten gibt es hier nicht, ungesehen zu proben. Ich möchte aber eh zwei Choreos tanzen und zu einer dritten sogar singen, welche ich eigentlich in- und auswendig kann.", erläuterte ich Key entspannt.
"Ich werde einfach meine Kopfhörer dabei aufsetzen, dann erkennt zumindest niemand, welche Lieder es sind. Es wird auf den Basketballplatz hinaus laufen, denke ich."
"Ganz schön raffiniert, mein Lucifer! Ich hoffe doch, du wirst bei meinem Auftritt mit mir auf der Bühne stehen und unsere Choreo noch können?"
Ich schmunzelte amüsiert.
"Mal sehen, falls ich bei meinem Auftritt nicht von der Bühne falle, gerne!"
Key schubste mich beim Laufen etwas zur Seite, so das ich fast durchs Wasser gelaufen wäre. Zum Glück konnte ich der Welle und Key davon laufen.

Es war wie immer sehr befreiend am Strand entlang zu laufen, den Blick schweifen zu lassen und dazu noch in Gesellschaft eines Menschen den man gerne hat.
Ich blickte zurück, um nach Key zu schauen. Doch er war schon dabei mich einzuholen.

"Ich zeig dir gleich wie du dich abrollen kannst, wenn du von der Bühne fällst!"
Mit diesen Worten rannte er mich um und rollte mit mir über den Strand.
Wie zwei panierte Schnitzel rangen wir nun miteinander im Sand und lachten und kicherten lauthals, aus vollem Herzen, denn zwischendurch fingen wir an unser gegenüber zu kitzeln, bis wir, vom herumalbern erschöpft, nebeneinander liegen blieben. Jedoch waren unsere Hände verschränkt.
Ich war in diesem Moment einfach nur glücklich.

Rana gähnte und streckte sich. Sie hatte wunderbar geschlafen. Heute würde endlich das Paket mit ihren Tanzklamotten ankommen. Auf ihre Mutter konnte sie sich immer verlassen. Jamilian und sie würden sich an den Strand zurückziehen, um dort zu proben. Allerdings brauchte sie dafür vorerst nur ihre Zimbeln und Jamilian einen Ersatz für die Trommel. Was für eine Fügung.

Noch nie hatte sie sich so wohl in Gegenwart eines Jungen gefühlt. War er dieser Eine? Ihre Jiddah (Oma) hatte ihr einmal erzählt, das es keine lange Zeit brauchte um diese eine wichtige Person zu finden. Es konnte eine kurze Begegnung sein und dann wüsste sie es, da es sich unkompliziert anfühlen würde. Sie meinte auch zu Rana, dass diese Person ihr die Stärke verleihen würde, welche sie in diesem Moment benötigte.
Sie fühlte sich sicherer.
Sie fühlte sich stärker als je zuvor.
Sie fühlte zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie lebte.

Gloria lag zwischen Nelly und Jacky. Sie kicherten leise, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Letzte Nacht am Lagerfeuer hatten sich die drei unwarscheinlich gut mit Luis unterhalten.
Er war echt nett und hatte ihnen, ohne die Choreographie gesehen zu haben, schon sehr geholfen.
Nelly hatte ihn gestern gefragt, ob er heute mit ihnen gemeinsam schauen könnte wo es noch hakte und er hatte ihnen zugesagt.

In ihrem Gespräch hatten sie erfahren, dass Luis schon seit fünf Jahren tanzte und bald einen wichtigen Auftritt hatte. Sie waren beeindruckt, denn Luis sah erstmal nicht danach aus. Er wirkte eher wie der brave Junge, welcher ein Musikinstrument spielte und Bücher las und nicht wie ein extrovertierter Tänzer, welcher er eigentlich war.

Gloria musste feststellen, dass sie mal wieder nur auf das Äußere geachtet hatten. Sie mussten sich diese Oberflächigkeit echt abgewöhnen.
Sam färbte wirklich zu sehr auf sie ab. Wo waren ihre eigenen Meinungen und Ansichten geblieben?
Sie hatte sich gestern mit Jacky und Nelly geschworen diese "Freundschaft" mit Sam zu überdenken und Abstand von ihr zu nehmen.
Diese entspannte Atmosphäre gestern am Lagerfeuer, auch mit Rana, welche ihnen sehr offen und herzlich, entgegen kam, obwohl sie zu Beginn sehr fies zu ihr waren, war ungewohnt für die drei Freundinnen, aber sie hatten es wirklich genossen.

Prem, Hoon und Jamilian hatten am Abend zuvor mit Chris besprochen, dass sie dieses Mal für ihn die Brötchen organisieren wollten. So waren sie schon ziemlich früh mit ihrer Morgenroutine fertig und zeitig unterwegs zum Kiosk, um die bestellten Kisten für die Truppe abzuholen.
Am Versorgungszelt warteten schon Chris und die anderen Gruppenleiter auf die Brötchenlieferung, um diese an die Jugendlichen zu verteilen.

"Guten Morgen Chris! Sollen wir unsere Brötchenration schon mitnehmen? Du isst doch wieder mit uns, oder?" wollte Prem von ihm wissen.
"Klar könnt ihr unsere Brötchen schon mal mitnehmen! Sobald ich hier fertig bin komme ich wieder zu euch rüber! Ich bringe dieses Mal eine Thermoskanne mit heißem Wasser mit, für Tee oder Kaffee!"
Er packte die Brötchen in einen großen Stoffbeutel und reichte diesen Prem.
Prem, Jamilian und Hoon winkten ihm zum Abschied und machten sich auf den Weg zum Zelt, um das Frühstück vorzubereiten.

Key nahm meine Hand und wir schlenderten vom Wald zurück zu unserem Zelt, um unsere Dusch- und Anziehsachen zu holen. Wir sahen wirklich wie zwei panierte Schnitzel aus, denn Schweiß und Sand wurde zu einer echt anziehenden Mischung.
Immer noch kichernd und herumalbernd liefen wir Richtung Duschen.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jemand ganz schnell die Tür der Wertstoffsammelstelle schloss, machte mir aber nicht wirklich Gedanken darüber, denn Key lenkte mich schon wieder ab.

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