Montags fuhr Fee nach der Arbeit nervös zum Krankenhaus. Paddy hatte die Biopsie hinter sich und wartete schon auf sie. Er wollte nicht länger im Krankenhaus bleiben. Sie fuhren schweigend nach Hause. Es gab keine Worte. Sie konnte nichts sagen, was ihm half und er schien zu schlafen.
Das Warten war sehr kräftezehrend und die Nerven lagen blank. Die Stimmung im Hause Kelly war extrem angespannt. Paddy hatte Angst, Fee hatte Angst und die Kinder wussten überhaupt nicht was los war. Sie spürten natürlich, dass etwas nicht stimmte, aber sie wussten nicht, was es war.
Fee war vollkommen verzweifelt. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht richtig für Paddy da war. Sie wollte ihn so gerne unterstützen, aber sie wusste einfach nicht wie. Wie konnte man für jemanden da sein, der auf eine Krebsdiagnose wartete? Fee konnte diese Gedanken nicht mehr ertragen. Sie ging in die Kapelle und betete inständig dafür, dass Paddy gesund wurde, dass es kein Krebs war. Sie betete schließlich aber auch mit rasendem Herzklopfen dafür, dass Paddy nicht leiden musste, wenn es wirklich Krebs war und dass sie an seiner Seite stark sein konnte.
„Fee?" Sie sah nicht auf, als sie Paddys fragende Stimme hörte. Er setzte sich neben sie in die Kirchenbank und nahm ihre Hand. „Ich habe so große Angst!" flüsterte er leise. „Ich weiß, ich wünschte ich könnte sie dir abnehmen." „Du bist doch für mich da. Ich bin froh, dass ich nicht alleine bin." Paddy fing laut an zu schluchzen und Fee zog ihn in ihre Arme so gut sie konnte. „Ich habe so schreckliche Angst. Endlich bin ich so glücklich und jetzt? Ich habe Angst euch alleine zu lassen und ich weiß, dass du das natürlich schaffst, aber ich habe einfach so schreckliche Angst vor allem." Fee strich Paddy über den Rücken. Sie wusste, dass es für diese Angst keine Worte gab. Sie musste diese Angst aushalten.
„Fee, wenn ich wirklich sterben muss, dann ..." Fee hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, sie wollte nicht hören, dass Paddy sich Gedanken über seine Beerdigung gemacht hatte. Dass es eine Liste mit den wichtigsten Kontakten, auch mit den Kontaktdaten seiner Geschwister in der obersten Schublade seines Schreibtisches gab. Dass dort auch die Passwörter für alle seine digitalen Geräte hinterlegt waren, dass er mit Pino am nächsten Tag klären würde, was mit seinem musikalischen Erbe passieren wollte. Fee wollte es nicht hören. Es machte es so schrecklich real, dass Paddy sich das alles überlegt hatte. Sie würde diese Informationen nicht brauchen, sie würde sie nicht brauchen.
Am nächsten Tag, es war ein Samstag, kam Pino. Er umarmte Fee zur Begrüßung und hielt sie einen Moment länger fest als üblich. Stundenlang saßen er und Paddy zusammen. „Ist es okay, dass Pino heute übernachtet? Wir brauchen noch ein bisschen und ich kann heute nicht mehr." „Natürlich ist das in Ordnung. Ich sehe nach dem Essen gleich nach, ob das Gästezimmer okay ist." „Danke Fee, ich kann aber sonst auch gerne irgendwo in der Nähe übernachten." „Nein, nein." „Ich lege mich hin." Paddy sah sehr erschöpft aus und Fee und Pino sahen ihm nach, wie er die Treppe nach oben ging. Fee schossen unvermittelt Tränen in die Augen, die sie fieberhaft wegblinzelte. Sie kümmerte sich schnell wieder ums Essen. Es war seltsam mit Pino, Liese und Lotte zusammen beim Abendessen zu sitzen, aber ohne Paddy. Er lag oben im Bett und Fee hatte ihm etwas zu Essen nach oben gebracht.
Nachdem Fee Liese und Lotte ins Bett gebracht hatte, ging sie zögernd nach unten ins Wohnzimmer. Sie wusste, dass Pino dort saß und sie hatte keine Ahnung, über was sie sich mit ihm unterhalten sollte. Aber es ging. Sie mieden das eine Thema, das trotzdem den ganzen Abend unausgesprochen durch den Raum zu wabern schien. Stattdessen unterhielten sie sich über verschiedenste andere Themen. Nur als sie sich zum ins Bett gehen verabschiedeten, war die Sorge um Paddy plötzlich nicht mehr zu verschweigen. „Fee, ich bin nicht unbedingt jemand, der großartig betet oder so, aber ich bete jeden Tag dafür, dass Paddy gesund wird! Wenn irgendetwas ist, ich bin da, ja? Ich wünschte, ich könnte euch irgendwie helfen." „Ich weiß, dass es Paddy beruhigt, wenn er weiß, dass du dich gut um seine Musik kümmerst, wenn ..." Fee biss sich fest auf die Zunge, sie würde jetzt nicht weinen.
Pino nickte und Fee sah, dass auch er feuchte Augen hatte. „Er kann sich sehr glücklich schätzen, dass er so eine tolle Frau an der Seite hat. Fee, ich war am Anfang ja echt skeptisch und ich habe euch mehrfach in Frage gestellt, bitte entschuldige, dass ich das so platt sage, aber ich weiß jetzt, dass Paddy genau die richtige Frau geheiratet hat. Er war, nein er ist sehr, sehr glücklich mit dir und euren Töchtern. Und dass du jetzt für ihn da bist, dass er dich fest und sicher an seiner Seite weiß, das hilft ihm sehr. Er liebt dich wirklich sehr!" Fee sah Pino mit großen Augen an. „Versuch zu schlafen Fee." „Du auch." Pino ging nach oben und Fee beschäftigte sich noch ein bisschen damit aufzuräumen. Pinos Worte klangen nach. Sie hielten Fee wach. Was, wenn sie nicht fest und sicher genug an Paddys Seite war. Was, wenn sie zu schwach war?
Sonntags besprachen sich Pino und Paddy nach dem Frühstück weiter. Fee hatte das Gefühl, dass es Paddy ein bisschen besser ging. Sie wusste, wie wichtig ihm seine Musik war und wahrscheinlich hatte ihn das Thema sehr beschäftigt in der letzten Zeit, was damit passieren würde. Fee spielte gerade mit Liese und Lotte Monopoly, als es an der Tür klingelte. Sie öffnete und war vollkommen erstaunt Thomas mit einem großen Blumenstrauß vor der Tür stehen zu sehen. „Was willst du hier?" fragte sie nicht gerade freundlich. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich dich betrunken angerufen und so einen Müll geredet habe." Thomas' Jungencharme wirkte heute auf Fee etwas bemüht, aber er wirkte aufrichtig zerknirscht. „Du hast mir echt Angst gemacht, damit, dass du gesagt hast, dass Tim einen Unfall hatte und ..." „Es tut mir leid. Fee, es geht mir gerade nicht so gut und ich wollte ..." „Thomas, es ist gerade echt kein guter Zeitpunkt." „Fee, bitte, ich vermisse ..." „Paddy ist ganz schwer krank," platzte Liese heraus. Fee hatte gar nicht bemerkt, dass sie ihr gefolgt war. „Liese!" fauchte sie sie an und diese rannte schnell zurück ins Haus. Thomas ließ den Blumenstrauß sinken und sah Fee offensichtlich zum ersten Mal bewusst an. „Bist du auch krank?" Er machte einen Schritt auf sie zu und hob die Hand, wie um ihr über das Gesicht zu streichen. Fee trat schnell einen Schritt zurück. „Thomas, bitte geh jetzt." „Aber Fee ..." Mit einem Mal stand Pino neben Fee. „Es ist besser, wenn Sie jetzt gehen." „Wer sind Sie?" „Pino ist ein Freund. Thomas, bitte!" Thomas zögerte sichtlich, aber dann hielt er Fee den Blumenstrauß hin. „Ich hoffe wirklich, dass es Paddy bald besser geht. Es tut mir leid. Ich mache zurzeit alles falsch. Bitte entschuldige, dass ich hier so unangemeldet aufgetaucht bin. Ich ..." Er schüttelte den Kopf und ging zu seinem Auto. Fees Ärger auf ihn war verpufft. Er tat ihr irgendwie auch leid, aber sie konnte sich jetzt nicht auf ihn konzentrieren. Pino schloss die Haustür und nahm Fee den Blumenstrauß ab. „Wer war das?" fragte er. „Tims Vater, er – ach das ist eine komplizierte Geschichte, ist ja auch egal. Hauptsache er fährt wieder." „Fee? Alles okay?" Paddy stand im Flur und sah seine Frau an. „Ja, das war Thomas. Er wollte sich entschuldigen, weil er sich neulich am Telefon blöd benommen hat." „Wie blöd?" „Ist doch egal. Ich muss jetzt Liese und Lotte beim Monopoly abzocken."
Da hörte Fee ein Schluchzen aus dem Wohnzimmer und ihr fiel schuldbewusst ein, wie sie Liese über den Mund gefahren war. „Liese, es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe. Aber wir haben doch besprochen, dass wir nicht erzählen, dass Paddy krank ist. Wir wollen doch nicht, dass sich alle Sorgen machen. Wir wissen ja noch gar nicht so genau, was er hat und erst müssen die Ärzte das ja herausfinden, damit sie dann wissen was er für Medizin braucht." „Es tut mir leid, ich habe es vergessen," sagte Liese kleinlaut. „Das ist nicht schlimm, okay? Aber es ist wirklich wichtig, dass ihr das in der Schule oder so nicht erzählt, ja? Und es tut mir so leid, dass wir gerade nicht so viel Zeit oder Geduld für euch haben." „Das ist schon okay. Bald ist Papa ja wieder gesund und dann ist alles wieder gut." Fee zog ihre Töchter für eine feste Umarmung an sich. Als sie aufsah, sah sie, dass Paddy mit Tränen in den Augen in der Tür stand. Sie winkte ihn her und er setzte sich zu ihnen auf den Boden und legte die Arme um seine drei Frauen. „Ich habe euch so lieb!" „Und wir dich auch." Lotte fiel Paddy um den Hals und fing an zu weinen. „Oh mein Mäuschen." Paddy wiegte sie in seinen Armen hin und her. „Ich verspreche euch, dass ich alles dafür tun werde, damit wir hier noch ganz lange glücklich sind, ja?" „Das musst du schwören!" Paddy schwor also und Fee sah mit klopfendem Herzen zu. „Pino und ich müssen jetzt noch ein kleines bisschen besprechen, aber wir sind bald fertig, ja?" Als Paddy gegangen war, umarmte Lotte ihre Mutter fest und sagte voller Überzeugung: „Papa wird gesund, Mama, das weiß ich!" Fee schossen Tränen in die Augen und sie versuchte sie herunterzuschlucken. „Er hat es geschworen," setzte Liese hinterher und Fee nickte. Ja, er hatte es versprochen.

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Bleib bei mir - Bitte!
FanfictionMichael Patrick Kelly spielt ein kleines Konzert. Fee ist total aufgeregt. Sie wird ihm zum ersten Mal in ihrem Leben begegnen. Wie er wohl ist? Die Begegnung entwickelt sich ganz anders, als Fee sich das vorgestellt hat ....