38.

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Fee schlich schließlich nach unten, als ihre Töchter schliefen. Leise setzte sie sich mit einem Buch in den Sessel und vertiefte sich in die spannende Biografie. „Hey, sorry." Stöhnend setzte sich Paddy auf. „Alles gut. Magst du gleich nach oben gehen und weiterschlafen?" „Nein. Ich war nur auf einmal so müde." Paddy streckte die Hand nach Fee aus und sie setzte sich neben ihn. „Hast du Hunger? Es ist noch etwas da?" „Später. Ach, ich habe dich so vermisst."

Nur zu dankbar kuschelte sich Fee in Paddys Arme. Er zog sie ganz fest an sich und sie sog seinen Duft tief ein. Wie wundervoll geborgen es sich anfühlte, so behütet zu sein. Fee kamen wieder die Tränen. In ihrem Inneren tobte so ein Wirrwarr an Gefühlen. Sie konnte überhaupt nichts davon greifen. Es fühlte sich an, als würde sie einfach überrollt. „Was ist denn los meine Fairy? Geht es dir nicht gut?" „Doch, es geht mir sehr gut. Ich bin so froh, dass du hier bist. Danke, dass du gekommen bist, obwohl du doch so müde sein musst." Paddy wollte Fee ansehen, aber sie verbarg ihr Gesicht lieber an seiner Brust. Sie wollte nicht, dass er ihre nassen Augen sah. „Aber irgendetwas stimmt doch nicht. Warum hast du vorhin geweint?" „Weil ich mich so gefreut habe, dass du da bist und weil ich die letzten Tage so dumme Gedanken hatte." „Was denn für dumme Gedanken?" Paddy hörte sich besorgt an. „Fee, jetzt sieh mich doch bitte mal an. Was ist denn los?" Er zog sie von seiner Brust weg und sie musste ihn ansehen. „Du weinst ja wieder. Bitte sag mir doch, was los ist." „Nichts, ich war einfach nur doof. Frauen halt." „Nein, das glaube ich nicht." Fee fühlte sich so hilflos. Egal was sie sagte, Paddy konnte es eigentlich nur falsch verstehen. Sie verstand es ja selbst nicht, wie also sollte er es verstehen können?

Auf einmal hielt sie es nicht mehr neben ihm auf. Fee stand auf und ging in die Küche. Sie räumte den Tisch ab und machte sauber. Paddy folgte ihr. Er lehnte sich an die Arbeitsplatte und sah ihr einfach wortlos zu. Viel zu schnell war sie fertig und sah sich hilflos um. „Fee!" Ihr Name fühlte sich wie ein Vorwurf an. „Was findest du nur an mir?" Fee hob die Arme und ließ sie hilflos wieder sinken. Paddy blieb stehen und sah sie ernst an. „Ich liebe dich!" Er sagte das so voller Überzeugung, dass Fee einen Kloß im Hals hatte. „Glaubst du mir das nicht? Passt irgendetwas zwischen uns nicht? Fee, was ist denn nur los?" „Ich bin doch nur eine kleine – Irgendwas und du, du stehst auf Bühnen. Du begeisterst Menschen. Alle lieben dich, alle himmeln dich an. Du reist durch die Welt und ich – ich war noch nirgends. Ich war immer nur hier. Du weißt so viel, du kannst so viele Sprachen und ich – ich weiß nichts, ich ..." „Das ist doch Unsinn! Tut mir leid, dass ich das so sage, aber das ist einfach totaler Bullshit. Du bist eine so tolle Frau. Du hast ein riesengroßes Herz. Du bist der wärmste, liebevollste Mensch, den ich kenne. Als ich krank war, hast du mich in dein Haus, in dein Leben aufgenommen. Du hast ganz tolle Kinder, das hast du ganz toll gemacht. Ich bewundere dich dafür, was du schon alles geschafft hast und dass die meiste Zeit alleine." „Du bewunderst mich?" unterbrach Fee Paddy fassungslos. „Ja, du bist so stark!" „Ich?" Fee verstand überhaupt nichts mehr. „Ja, du hast Tim alleine groß gezogen. Du hast dir dieses Leben hier aufgebaut. Du leitest ein Tagungshaus mit Angestellten. Du hast ganz alleine Liese und Lotte bekommen und du bist so positiv, so fröhlich. Dabei war es mit Sicherheit alles andere als einfach. Und von wegen du weißt nichts, du kennst dich mit Pflanzen aus, du hast so viele Bücher gelesen, du ..." Fee schüttelte nur noch den Kopf. Sie war vollkommen überfordert von allem.

„Fee, stellst du uns in Frage?" Paddy hörte sich sehr besorgt an. Fee sah ihn erschrocken an. „Nein, ja, ach ich weiß nicht. Als du weg warst, da habe ich mich gefragt, warum ich? Du könntest doch so viel tollere Frauen haben, welche die besser aussehen, ohne so viel Ballast. Welche, die nicht immer nur mit den Kindern zu Hause herumsitzen. Die mit dir reisen könnten, mit denen du spannende Dinge erleben könntest, die ..." „Aber ich möchte doch dich! Fee, ich habe mich in dich verliebt, so wie du bist. Ich möchte dich nicht anders haben. Und Liese, Lotte und Tim gehören doch jetzt auch in mein Leben." „Aber du musst immer hierherkommen." „Und ich komme sehr gerne hierher." Fee traute sich gar nicht mehr Paddy anzusehen. Er hielt sie jetzt mit Sicherheit für vollkommen hysterisch und bescheuert.

„Fee, ich habe mir diese Fragen alle schon gestellt." „Ja?" Erstaunt sah sie ihn an. „Ja natürlich habe ich mich gefragt, warum du? Warum habe ich mich in dich verliebt? Ich wollte gar keine Frau in meinem Leben und schon gar keine mit Kindern, aber da warst du und ich wollte dich. Ich wollte dich so sehr. Ich habe so viel an dich gedacht. Ich wäre am liebsten immer bei dir gewesen. Und wenn ich nicht hier bin, dann vermisse ich dich, dann vermisse ich euch. Würde ich gerne manchmal nur etwas mit dir machen? Ja klar. Aber das können wir ja machen, wenn wir das möchten. Aber ich liebe dich! Ich liebe auch Liese und Lotte und Tim ist mir auch sehr ans Herz gewachsen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du diese Zweifel hast?" „Weil sie auf einmal da waren und dann haben sie sich in mich hineingefressen und du warst doch in Amerika und ..." Fee konnte nicht ausdrücken, was sie bewegt hatte. „Du hast die Fotos aus Kalifornien geschickt und ich habe mich gefühlt wie das Mega-Landei und ..." „Ich stehe auf Landeier," sagte Paddy grinsend. Er zog Fee in seine Arme und küsste sie heftig. „Wir vertreiben jetzt diese ganzen blöden Gedanken."

„Jetzt hätte ich Hunger," sagte Paddy lachend. „Ich hole dir was." Fee holte Paddy etwas zu essen und genüsslich aß er im Bett. „Ist alles gut zwischen uns?" fragte Fee ganz leise. „Ja, ich denke schon. Würdest du gerne mehr reisen?" „Ich wollte immer viel reisen, aber dann kam Tim und es ging nicht mehr. Und dass ich das so denke, ist so falsch." „Ich glaube, es ist ganz normal. Wir können doch reisen. Sag mir, wohin du möchtest und wir fliegen bei der nächsten Gelegenheit hin." „Gerade bin ich super gerne hier. Aber irgendwann möchte ich mal Paris sehen." „Das kriegen wir hin, auf jeden Fall!" Fee konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Die Sorge, dass sie durch ihre schwachsinnigen Zweifel irgendwas kaputt gemacht haben könnte, beschäftige sie sehr lange. Sie war fast erleichtert, dass Lotte nicht schlafen konnte und legte sich zu ihr, um sie nach einem Alptraum zu trösten. 

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