Paddy kam und Paddy fuhr wieder davon. Mal waren die Abstände dazwischen kürzer, mal länger. Das war ihr Alltag. Fee schaffte es langsam dieses ungute Gefühl, dass sie immer auf ihn wartete, davon zu schieben. Ihr war allmählich klar geworden, dass dies nun einmal die Situation war, in der sich ihre Beziehung mit Paddy befand und entweder sie fand einen Weg damit umzugehen, oder sie musste es beenden, wenn es sie zu sehr belastete. Alleine daran zu denken, dass Paddy aus ihrem Leben verschwinden könnte erfüllte sie mit Schrecken. Und die Idee, dass sie ihn absichtlich aus ihrem Leben warf, war so unvorstellbar, dass Fee sie sofort ganz weit wegschob. Sie war doch glücklich mit Paddy. Und wenn sie ihn nicht ganz haben konnte, dann eben so.
Aber als er sie einmal besuchte, da sagte Paddy etwas, dass Fee verdeutlichte, dass sie es war, die einen Denkfehler gehabt hatte. Sie sprachen gerade über den bevorstehenden Abschied von Juli, der Fee immer noch sehr zu schaffen machte. „Vielleicht ist es ja dann ein bisschen wie eine Fernbeziehung. Jedes mal wieder ein kleines bisschen neu und aufregend, aber trotzdem vertraut und man fühlt sich angekommen." Bei Paddys Worten schlug Fees Herz höher. Er fühlte sich bei ihr angekommen. Das bedeutete ihr unendlich viel und sie wusste, dass das etwas war, was er nicht einfach so sagen würde. „Fee, ich liebe dich!" Paddy legte ihr eine Hand in den Nacken und zog sie noch näher zu sich heran, um sie küssen zu können. „Ich dich auch!" sagte Fee zwischen zwei Küssen. Sie hatte ihn ganz. Das war ihr bei seinen Worten bewusst geworden. Dass war Paddy, dass war das Leben mit Paddy. Einen Paddy der immer da war, jeden Tag, den gab es nicht und wenn, dann wäre er wahrscheinlich ziemlich unglücklich, oder zumindest nicht der Paddy, den sie liebte. Er war und blieb ein Reisender, ein Vagabund. Zwar hatte er jetzt ein Zuhause und er hatte sie, aber er würde immer unterwegs sein. Er hatte selbst gesagt, dass er keine Wurzeln hatte und sie hätten ihn wahrscheinlich auch nur behindert. Das letzte was Fee wollte, war ihn irgendwie einschränken. Sie liebte ihn so wie er war. Sie liebte ihn so, so sehr.
Als Paddy zwei Tage später wieder davon fuhr, blieb Fee eine ganze Weile in der Tür stehen und sah dem Auto nach, als es schon längst um eine Kurve verschwunden war. Sie war traurig, dass er fahren musste, aber sie freute sich auch jetzt schon sehr darauf, dass er bald wieder kommen würde. Unbewusst legte sie eine Hand auf ihr Herz. Dieser Mann machte sie so unendlich glücklich. Sie waren jetzt eineinhalb Jahre zusammen und irgendwie fühlte es sich gleichzeitig immer noch so neu und aufregend an und andererseits hatte Fee doch das Gefühl, dass sie schon viel länger zusammen waren. Nur zögernd ging sie wieder zurück ins Haus. Sie wollte dieses tolle Gefühl am liebsten noch länger festhalten und sich nicht um die Arbeit kümmern müssen.
Aber es half ja nichts. Als Fee ihr Büro betrat, blieb sie erstaunt stehen. Darin stand ein Mann, dessen Gesicht sie zwar irgendwie kannte, aber nicht genau zuordnen konnte. Er stellte sich als Herr Dräger vor, Vorstand des Trägers des Tagungshauses. „Frau Lorenz, es freut mich sehr, Sie persönlich kennen zulernen. Man hat mir immer nur in den höchsten Tönen von Ihnen vorgeschwärmt." Fee bot ihm einen Kaffee an und sie setzten sich an den kleinen Besprechungstisch, der in ihrem Büro stand.
Später wusste Fee gar nicht mehr so ganz genau, was Herr Dräger ihr alles erzählt hatte. Sie wusste nur noch, dass er sich nach dem relativ kurzen Gespräch mit den Worten: „Wir bedauern dies alles zutiefst, hoffen jedoch sehr auf ihr Verständnis und bitten Sie um eine schnelle, unkomplizierte Abwicklung des Tagungshauses und ihres Auszuges." Dann ging er und ließ eine fassungslose Fee zurück. Es dauerte eine ganze Weile bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie entschuldigte sich mit Kopfschmerzen bei ihren Kollegen und ging nach Hause. Nach kurzem Zögern rief sie Paddy an. „Hi. Fee, ich habe gleich ein Interview, kann ich dich zurückrufen?" „Ja, bitte, es ist ein bisschen wichtig." „Okay, ich melde mich so schnell ich kann, versprochen." Tatsächlich dauerte es keine Viertelstunde, bis Paddy zurück rief. Da sprudelte alles aus Fee heraus und Paddy versuchte vergeblich etwas zu sagen. „Stopp, Fee, langsam, ich verstehe gar nichts." Er brüllte fast, damit sie ihn hörte. „Es tut mir leid." Fee kämpfte verzweifelt gegen die Tränen, die unbedingt kommen wollten und sie am Reden hinderten. „Okay, also jetzt nochmal von vorne." „Der Vorstand war heute da und hat mir gesagt, dass das Tagungshaus in vier Wochen schließt. Es ist schon verkauft worden und mein Haus auch, es gehört ja dazu. Wir sind also alle arbeitslos in vier Wochen und ich habe nichts, wo ich mit Liese und Lotte wohnen kann und ..." Fee schluchzte auf. „Das tut mir sehr leid Fee. Ich weiß ja, wie sehr du an dem Haus hängst und wie gerne du deine Arbeit machst. Aber ich verspreche dir, dass wir eine Lösung finden, ja?" „Ich habe schon nach Wohnungen oder Häusern geschaut, während ich auf deinen Rückruf gewartet habe. Aber es gibt nicht viel und ich habe zwar so viel gespart wie möglich, aber es ist nicht so wahnsinnig viel und es gibt hier auch gar keine Jobs. Ich kann mit den beiden nicht in einem Hotel arbeiten und ..." „Fee, jetzt atme bitte einmal tief durch. Mach dir keine Sorgen um Geld. Das ist deine kleinste Sorge, okay? Ich bin für dich da. Und ich helfe dir etwas zum Wohnen zu finden und um Geld mach dir erst einmal keine Gedanken. Es tut mir so leid, ich wäre jetzt gerne für dich da, aber ich habe jetzt einen Termin nach dem anderen. Ich melde mich bei dir, sobald ich kann." Fee hatte im Hintergrund schon gehört, dass mehrmals jemand Paddy gebeten hatte zu kommen. „Danke." „Bis nachher." Fee hörte eine Weile dem Tuten nach. Sie fühlte sich von ihm im Stich gelassen und wusste gleichzeitig, dass das unfair war. Er war für sie da. Das hatte er gesagt und das meinte er auch so. Sie war nicht alleine. Nur weil er jetzt gerade in – sie wusste es nicht – war, hieß nicht, dass er sie alleine ließ.
Fee nahm sich noch einen Moment für sich selbst, um sich zu sammeln, um die Spuren der Tränen zu beseitigen und um tief durchzuatmen. Dann ging sie zurück ins Tagungshaus und rief alle ihre Mitarbeiter zusammen. Das Entsetzen war groß und Fee versuchte zu trösten so gut sie konnte. Sie nahm Kontakt mit dem zuständigen Arbeitsamt auf und wandte sich dann an die Zentrale. All die Fragen, die ihr vor lauter Schock nicht eingefallen waren, als der Vorstand da gewesen war, stellte sie jetzt. Was war mit den bereits gebuchten Kursen? Was war mit dem Inventar des Tagungshauses? Fee forderte von dem Träger des Tagungshaues die Kommunikation zu übernehmen. Sie weigerte sich schlichtweg irgendjemanden darüber zu informieren, außer ihre Mitarbeiter für die sie sich verantwortlich fühlte. Nun, da sie etwas tat, fühlte sie sich besser.
Als Fee ihre Töchter abholte, beschloss sie spontan mit ihnen an den Strand zu fahren. Ihr war nach Meer. Sie brauchte das Rauschen, sie brauchte den Wind und den weiten Raum. Sie holte ihren Töchtern ein Eis und gemeinsam gingen sie über den Strand zum Waser. Fee setzte sich in den Sand. „Mama, bist du traurig?" Liese legte ihre kleine, eisverschmierte Hand auf Fees Schulter und hielt ihr ihr Eis vor die Nase. Fee schleckte einmal daran und bemühte sich um ein Lächeln für ihre Tochter. „Danke Süße. Ja, ich bin traurig. Ich muss euch etwas erzählen." „Ist jemand tot?" „Nein, nein, Gott sei dank nicht." Fee lächelte ihre Töchter an. Sie hatten ja Recht. Es war niemand gestorben. „Nein, aber das Tagungshaus macht zu. Ich kann also nicht mehr da arbeiten und wir müssen leider aus unserem Haus ausziehen." „Ziehen wir weg, so wie Juli?" „Ich weiß es noch nicht. Wisst ihr, ich hab es heute erst erfahren, aber in vier Wochen müssen wir schon aus dem Haus raus sein und das wird bestimmt ganz schön stressig." „Warum können wir nicht in unserem Haus wohnen bleiben? Es ist doch so schön?" Fee versuchte ihre Töchter zu trösten und Optimismus zu verbreiten, den sie gar nicht fühlte. Momentan konnte sie keine wirkliche Lösung sehen. Als ihnen zu kalt wurde, fuhren sie zurück nach Hause. Es fühlte sich für Fee seltsam an, zu wissen, dass es bald nicht mehr ihr zu Hause sein würde.
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Bleib bei mir - Bitte!
FanfictionMichael Patrick Kelly spielt ein kleines Konzert. Fee ist total aufgeregt. Sie wird ihm zum ersten Mal in ihrem Leben begegnen. Wie er wohl ist? Die Begegnung entwickelt sich ganz anders, als Fee sich das vorgestellt hat ....