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Paddy war für ein paar Tage weg um zu arbeiten. Aber er kam für ihren ersten Hochzeitstag zurück. Sie ließen Liese und Lotte bei Barbara und fuhren in die Berge. Hand in Hand wanderten sie stundenlang, kehrten auf einer Alm ein und genossen die Zweisamkeit. „Am liebsten würde ich in den Bergen leben. In einer Hütte ganz weit weg von allem.," sagte Paddy seufzend. Er ließ den Blick über die wunderschöne Berglandschaft schweifen und hörte sich so sehnsuchtsvoll an. „Und du würdest dich nach ein paar Wochen so langweilen." Fee grinste. „Und ich mich auch." „Ja wahrscheinlich. Aber vielleicht können wir ja ein bisschen öfter in die Berge fahren." „Sehr gerne. In Kanada war ich auch wandern, da habe ich mir das auch gedacht. Ich würde auch sehr gerne mal die Zugspitze sehen." „Das lässt sich einrichten." Paddy zog Fee für einen Kuss sich heran und sie schmiegte sich anschließend eng an ihn. Sie hätte stundenlang hier sitzen können. Sie waren von der Alm aus noch ein Stück weiter bergauf gegangen und saßen nun auf einer versteckten Bank mit einem ganz tollen Blick über Berge und ein Tal. In der Ferne konnte man noch die Glocken der Kühe hören und es war einfach total idyllisch. „Fee. Ich liebe dich! Bleib bei mir, bitte, für immer, ja?" Paddy hatte sich aufgerichtet und sah seine Frau ernst an. Fees Herz schlug ihr auf einmal bis in den Hals. „Ich liebe dich auch!" sagte sie. Es machte sie nervös, dass er sich so ernst anhörte. „Ich habe mir die letzten Tage viele Gedanken gemacht. Du hast Recht. Im Alltag geht viel verloren. Und das Letzte was ich wollte, war dir das Gefühl zu geben, dass du mir nicht mehr wichtig bist!" Paddy hielt Fee eine kleine Schachtel hin. Als Fee die Schachtel öffnete fand sie darin eine Kette mit mehreren Anhängern. Einem doppelten verschlungenen L, einem Herzen und einem Unendlichkeitszeichen. „Die ist wunderschön." „Damit du immer weißt, dass ich dich unendlich und für immer liebe! Ich weiß, es hört sich schrecklich kitschig an, auf Englisch klang es in meinem Kopf besser." Paddy lächelte verlegen. Fee nahm die Kette aus der Schachtel und legte sie sich um ihren Hals. Sie war sehr gerührt von diesem Geschenk und hatte keine Worte. Ein Kuss musste ausdrücken, was sie fühlte.

Es war ein wunderschöner Tag und Fee hätte ihn am liebsten festgehalten.


Paddy war wieder arbeiten und Fee blieb zu Hause in ihrem Alltag. Aber sie blieben richtig in Kontakt und es fühlte sich nicht mehr erdrückend an, sondern wieder so wie es sein sollte. Nur war Fee in ihrem Alltag nach wie vor nicht wirklich glücklich, aber sie nahm sich Julis Ratschlag zu Herzen, dass man Veränderungen nicht mit Gewalt erzwingen konnte, sondern dass sich alles so fügen würde, wie es sein sollte.

Die Sommerferien standen vor der Tür und Fee hatte schon längst beschlossen mit Liese und Lotte ans Meer zu fahren. Sie freute sich wahnsinnig darauf, dass Juli mit ihrer Familie für zehn Tage dazu kommen würde und Barbara mit ihren Kindern für eine Woche. Und Paddy würde zwischen seiner Sommer-Open-Air Tour auch herkommen.

Oh diese frische Luft. Fee stand am Strand und hatte das Gefühl, endlich wieder richtig atmen zu können. Sie fühlte sich frei, als wäre sehr viel Stress von ihr abgefallen. Lächelnd beobachtete sie Liese und Lotte die sich von den Wellen jagen ließen. Sie rannten zum Wasser hin und wieder weg. Erschrocken zuckte sie zusammen als sie jemand von hinten umarmte. Aber sofort erkannte sie den Geruch, die Berührung und lehnte sich glücklich an Paddy an. „Wie schön, dass du da bist," sagte Fee leise. „Ich wollte euch eigentlich vom Flughafen abholen, aber ich habe es zeitlich nicht hinbekommen." „Egal, Hauptsache du bist da!" Fee drehte sich um und küsste ihren Mann zärtlich. „Ich hab dich so vermisst," sagte er in den Kuss hinein. „Ich dich auch." Fee fragte nicht wie lange er bleiben konnte, denn es war egal. Er war da. Er war extra hergekommen. Sie genoss seine Umarmung, seinen Kuss, seine Wärme, ihn. „Papa, Papa, du bist da!" Fees Herz wurde ganz warm, als ihre Töchter auf Paddy zu rannten und ihn stürmisch umarmten. Er war ihr Papa und er liebte sie so sehr. Er war zwar nicht der klassische Papa, der immer da war. Aber er war der beste Papa den sie sich für ihre Töchter wünschen könnte. Er liebte sie über alles. Dessen war Fee sich wieder sicher. Sie hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, weil sie so an ihm gezweifelt hatte. Fast hätte sie alles weggeworfen. Ihre überstürzte Reise nach Kanada hatte in ihr vieles wieder zurechtgerückt. Und auch wenn es nicht ganz richtig gewesen war was sie gemacht hatte, so hatte sie doch das Gefühl, dass auch Paddy wieder bewusst geworden war, was er an ihr, an seiner Familie hatte. Und Fee wusste es auch was sie an ihm hatte. Hatte sie doch jeder konkretere Gedanke an eine Zukunft ohne ihn in pure Panik versetzt. Nein, sie konnte und wollte sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.

„Alles in Ordnung? Du siehst so ernst aus." „Im Gegenteil. Ich bin gerade so glücklich. Vor allem, weil du da bist. Ich habe gerade daran gedacht, dass ich mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen kann." „Zum Glück. Die Vorstellung, dass du, ihr nicht mehr in meinem Leben sein könntet, ist schrecklich." Paddy küsste Fee und hielt sie fest. Fee erwiderte seine Umarmung und hätte ihn am liebsten nicht mehr losgelassen. Sie liebte ihn so sehr.

Die Sommerferien taten nicht nur den Kindern gut, sondern auch Fee. Sie genoss die Weite der Landschaft, die intensive Zeit mit Freunden und die Freizeit ohne Alltagsstress. Endlich hatte sie das Gefühl zur Ruhe zu kommen. „Du brauchst einfach einen anderen Job, du bist doch total überqualifiziert für diesen Dorfladen," sagte Juli entschlossen. „In Niederbayern gibt es halt nicht interessante Jobs wie Sand am Meer. Genauso wenig wie es sie hier gegeben hat." Fee wollte sich im Urlaub nicht mit diesem Thema beschäftigen.

So sehr Fee es auch genoss Zeit mit Juli und mit Barbara und ihren Familien zu verbringen, so war sie doch überglücklich, als sie zum Ende ihres Urlaubs noch ein paar kostbare Tage mit Paddy, Liese und Lotte alleine hatte. Inständig wünschte sie sich diese Zeit einfach anhalten zu können.

„Das ist ein richtiger Marmeladenglasmoment," sagte Paddy, als er und Fee engumschlungen bei Sonnenuntergang auf der Terrasse ihres Hauses saßen. „Ein was?" fragte sie in erstaunt. „Ein Marmeladenglasmoment. Ein Moment der so schön ist, dass man ihn aufbewahren möchte. Neulich habe ich diesen Ausdruck irgendwo gehört und ich fand ihn so schön. Das bedeutet, dass man sich vorstellt schöne Momente in einem Marmeladenglas zu sammeln und wenn es einem gerade nicht so gut geht, dann kann man das Glas aufmachen und sich die schönen Momente anschaun." „Das ist echt schön. Dann fangen wir jetzt an Marmeladenglasmomente zu sammeln. Und das hier ist wirklich einer." „Ich liebe dich Fee!" Paddy zog seine Frau für einen innigen Kuss zu sich heran und Fee genoss dieses Gefühl der absoluten Verbundenheit und Liebe. Oh ja, diesen Moment und dieses Gefühl musste sie sich irgendwie bewahren.

Viel zu schnell waren die kostbaren gemeinsamen Stunden schon wieder vorbei. Fee und die Mädchen fuhren zum Flughafen und Paddy zu seinem nächsten Konzert. „In den Herbstferien kommen wir wieder hierher," versprach Fee ihnen und sich. Sie musste sich diese Auszeiten fest vornehmen und planen, denn dann machte sie es auch.

Ein bisschen wehmütig war Fee schon, als sie im Flugzeug nach Süden saß. Aber die Freude von Liese und Lotte darauf, ihre Freunde wiederzusehen, steckte auch Fee an. Sie fühlte sich in ihrer neuen Heimat ja sehr wohl. Aber das Meer war auch toll. Schade, dass man nicht alles haben kann. 


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