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Viel zu schnell war die Zeit mit Paddy vorbei und er startete wieder in sein anderes Leben. Für Fee, Liese und Lotte begann wieder der normale Alltag. In den letzten Tagen hatte Fee alle Gedanken an die Jobsuche versucht zu verdrängen, aber nun schrieb sie etliche Bewerbungen auf alles was auch nur irgendwie in Frage kam.

Fee und Julia trafen sich ab und zu nach dem Kindergarten auf dem Spielplatz im Dorf. Hier lernte Fee nach und nach immer mehr Mütter kennen. „Kinder und Hunde sind doch einfach der beste Weg um neue Leute kennenzulernen," stellte Julia lachend fest. „Ja, das stimmt." „Kinder habe ich ja, aber noch keinen Hund. Wobei Paddy theoretisch einen Hund hat." „Echt?" „Ja, einen total süßen braunen Retriever. Er ist bei Bekannten untergebracht, weil Paddy ja immer so viel unterwegs ist." „Aber jetzt bist du ja da, also könntet ihr ihn theoretisch zurückholen, oder magst du keine Hunde?" „Doch ich mag Hunde sehr gerne. Aber ich suche ja gerade einen neuen Job und wenn ich dann wieder mehr arbeite, dann wird es schwierig." „Wie sieht es denn aus mit deinen Bewerbungen?" „Schlecht. Bis jetzt habe ich immer nur Absagen bekommen. Die letzten Abende habe ich etliche neue Bewerbungen geschrieben." „Wie lange kannst du denn noch im Dorfladen arbeiten?" „Ich weiß es nicht. Die vorherige Kollegin hat schon zweimal ihre Elternzeit quasi verlängert." „Oh so Ungewissheit mag ich ja gar nicht." „Ich auch nicht. Das macht mich total nervös." „Aber es ergibt sich bestimmt was. Ich höre mich auch um. Hier wird auch viel so unter Bekannten vergeben." „Ja, das ist ja überall so."

Fee stresste das Thema langsam.

Sie war ziemlich erleichtert, als sie eine Woche später zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Aber das Gespräch war nicht so toll. Die Arbeitszeiten waren mit dem Kindergarten und vor allem ab dem nächsten Jahr mit der Schule nicht ganz so gut zu vereinbaren, die Bezahlung war nicht toll und der Chef war ihr nicht so wahnsinnig sympathisch. Aber Fee hatte auch keine Alternativen. Von ihren anderen Bewerbungen hatte sie noch nichts gehört und was sollte sie sonst machen? Fee hätte sehr gerne mit Paddy darüber gesprochen, aber sie wusste genau, dass er sagen würde, sie solle auf keinen Fall eine Stelle annehmen, die ihr nicht zusagte und dass sie sich keine Sorgen ums Geld mache sollte. Aber das war nicht Fee. Es war ihr wichtig, dass sie finanziell auf eigenen Beinen stand. Fee bat sich also Bedenkzeit aus und fuhr nach Hause.

Am nächsten Tag bat sie ihre Chefin Jutta in ihr Büro. „Fee, es tut mir so leid, dass es dieses Hin und Her gab. Also, ich würde dir sehr gerne etwas anbieten. Anna hat sich entschieden, doch für zwei Jahre zu Hause zu bleiben. Es ist wohl doch anders mit zwei Kindern, als sie es sich vorgestellt hat. Und daher hat sich der Vorstand zusammengesetzt und beschlossen, dass wir dir sehr gerne einen Zweijahresvertrag anbieten möchten. Also wenn du es dir vorstellen kannst. Und wir wollten fragen, ob du es dir vorstellen könntest auch mehr Stunden zu arbeiten und ..." „Ja, sehr gerne." Fee brauchte gar nicht nachzudenken. Denn der Job, der sich für sie zuerst so nach einem Verlegenheitsjob angefühlt hatte, war inzwischen etwas, dass ihr wirklich Spaß machte. „Oh, das freut mich aber. Ich erstelle dir einen Arbeitsvertragsentwurf, auch mit deinem neuen Gehalt und so und dann setzten wir uns noch einmal zusammen." Fee verließ an diesem Tag den Dorfladen mit einem sehr erleichterten Gefühl. Sie sagte sofort den anderen Job ab, denn dieser hatte sich ja sowieso gar nicht gut angefühlt. Jutta hatte noch gesagt: „Wir verstehen natürlich total, wenn sich für dich etwas Besseres ergeben sollte, aber wir hoffen, dass du uns ein bisschen erhalten bleibst." Fee hatte erst einmal gar nicht das Bedürfnis, sich weiter nach etwas anderem umzusehen. Sie mochte ihre Kollegen, sie mochte die Kunden und sie mochte das Aufgabenfeld, dass sehr vielfältig war. Nun, da sie einen festen Job hatte, wollte sie gern auch Mitglied im Verein des Dorfladens werden, so wie alle ihre Kollegen. Aber das hatte sich vorher falsch angefühlt, als sie nur eine Aushilfe gewesen war.

Fee erzählte Paddy am Telefon von den Veränderungen. „Das freut mich. Du hörst dich richtig glücklich an." „Das bin ich auch. Zum einen mag ich die Arbeit wirklich, was ich ja am Anfang nicht gedacht habe und zum anderen bin ich so froh, dass ich jetzt etwas Festes habe, denn es kamen einfach immer nur Absagen." Fee spürte durchs Telefon, dass er fast das gesagt hätte, was sie wusste, dass er sagen würde, aber er ließ es. „Wenn dich das glücklich macht, dann freue ich mich sehr für dich!" sagte Paddy.

Von nun an fühlte es sich für Fee ganz anders an in die Arbeit zu gehen. Nun war es nicht mehr nur ein Aushilfsjob, sondern es war ihre Arbeit. Sie konnte jetzt 30 Stunden die Wochen arbeiten und war damit ziemlich ausgelastet. Aber sie wollte sich und ihre Töchter wirklich selbst finanzieren. Alles andere wäre ihr einfach total falsch vorgekommen. Paddy hatte ja eh das Haus gekauft und sie musste dafür und für die Nebenkosten gar nichts zahlen. Sie konnte also zum ersten Mal in ihrem Leben richtig sparen. Und das tat Fee. Sie wusste nicht genau wofür, aber es war ihr sehr wichtig. Sie war noch nie ein verschwenderischer Mensch gewesen, dafür hatte sie auch nie die Mittel gehabt, aber bisher war es einfach immer relativ eng gewesen, da sie alles alleine hatte zahlen müssen. Aber trotzdem fühlte sich Fee verantwortlich dafür, Paddy absolut nicht auf der Tasche zu liegen. 

Fee hatte so früh selbstständig sein müssen und war ja nicht nur für sich, sondern auch für Tim verantwortlich gewesen, dass sie sich absolut nicht vorstellen konnte, sich von jemand anderem abhängig zu machen. Sie wusste, dass Paddy sehr gerne für sie und ihre Töchter sorgen würde, aber schon alleine die Vorstellung fühlte sich absolut falsch an. Auch ihre Eltern hatten ihr immer beigebracht, dass man als Frau dafür sorgen sollte, finanziell nicht von einem Mann abhängig zu sein und das hatten sie ihr auch vorgelebt. Aber Fee dachte lieber nicht an ihre Eltern, es war einfach zu schmerzhaft. 

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