14.

709 39 13
                                    

„Möchtest du ein Glas Wein?" „Sehr gerne. Das Essen war sehr lecker." Die beiden setzten sich auf die Couch und stießen mit den Weingläsern an. „Vielen Dank für deine Gastfreundschaft Fee." „Sehr gerne." Paddy nahm einen großen Schluck Wein und stellte das Glas dann auf den Couchtisch. Er rutschte unruhig hin und her und Fee sah ihn verwundert an. „Fee, darf ich dich mal was fragen?" „Ja klar." Ihre Verwunderung nahm noch mehr zu, als er nichts sagte, sondern noch einmal einen Schluck Wein trank. „Gibt es einen Mann in deinem Leben?" „Nein, gibt es nicht." Fee war von dieser Frage sehr erstaunt. „Okay. Ich – ähm ...." „Deine Frau?" fragte Fee unsicher. Die Situation überforderte sie. Auf einmal fühlte sich die Stimmung zwischen ihnen seltsam angespannt an. Paddy knetete seine Hände und setzte sich aufrechter hin. „Meine Frau. Ja, also ... Wir sind schon eine ganze Weile getrennt, also geschieden. Sie .... Sie lebt in Belgien." „Okay." Durch Fees Kopf schossen verschiedene Gedanken. Warum trug er dann diese drei Ringe? Warum behauptete er in der Öffentlichkeit verheiratet zu sein? Warum?

Paddy stand auf. Er studierte die Bücher in ihrem Bücherregal, als wäre es das Spannendste und Wichtigste auf der Welt. Fee beobachtete ihn. Warum hatte er gefragt, ob es einen Mann in ihrem Leben gab? Warum tat er so, als wäre er verheiratet, wenn er es nicht war? Warum war er hier? Ihr Herzschlag beschleunigte, als sich der Gedanke in ihren Kopf schlich, dass er wegen ihr hier war. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und sah süß aus, mit seinen verwuschelten Haaren. Süß? Fee ertappte sich bei diesem Gedanken, der durch ihren Kopf schoss.

Paddy setzte sich neben sie, diesmal näher und sah sie ernst an. „Fee, darf ich dich küssen?" Fee nickte. Was sollte sie sagen? Sehr, sehr gerne dürfe er sie küssen. Das Herz schlug ihr bis in den Hals. Sie war mit einem Mal so wahnsinnig aufgeregt. Paddy legte eine Hand in ihren Nacken und zog sie leicht näher zu sich heran. Er näherte sich ihren Lippen und sie spürte den Hauch seines Atems darauf. Ganz behutsam legte er seine Lippen auf die ihren. Seine Lippen waren ganz warm und er vertiefte den Kuss. Er zog sie noch näher zu sich heran. Der sanfte Kuss wurde intensiver und Fee spürte ein Kribbeln im Bauch. Paddy änderte den Kusswinkel und aus einem vorsichtigen, zärtlichen Kuss, wurde ein sehr intensiver Kuss. So viele Gefühle wurden schlagartig geweckt. Fee wurde ganz heiß. Sie zog ihn näher zu sich heran und ...



„Mama?" Die entgeisterte Stimme ließ die beiden auseinander fahren. Paddy sah den jungen Mann erstaunt an, der im Türrahmen stand und die beiden Erwachsenen fassungslos anstarrte. „Tim!" Fee sprang auf und eilte auf ihren Sohn zu. Sie umarmte ihn und sah ihn dann ein wenig verlegen an. Es war ihr sehr unangenehm, dass er sie in diesem Moment überrascht hatte. Sie versuchte die Verlegenheit zu überspielen. Bei einem Blick auf Paddy musste sie ein Grinsen unterdrücken. Die Situation war so surreal. Paddy sah so vollkommen verwirrt aus. „Entschuldigung. Paddy, das ist Tim, mein Sohn. Tim, das ist Paddy, ein – ähm – sehr guter Freund." Fee wusste nicht, wie sie sich ausdrücken sollte. Sie wusste ja nicht einmal, was sie waren. Das gerade war so neu und so verwirrend.

Paddy stand auf und hielt Tim die Hand hin. Dieser schüttelte die Hand und sah dann fragend zwischen seiner Mutter und Paddy hin und her. „Tim, ist das toll, dass du hier bist. Ich dachte, du kommst erst Ende nächster Woche zurück." „Ja, aber irgendjemand hat ja nächste Woche Geburtstag und da dachte ich mir, ich habe so viele Überstunden gesammelt, dass ich früher komme. Aber wenn ich ungelegen komme, dann ..." „Nein, auf keinen Fall. Ach wie schön." Fee umarmte ihren Sohn noch einmal. Dabei musste sie sich auf Zehenspitzen stellen, denn er war ein ganzes Stück größer als sie.

„Hast du Hunger?" Tim fing an zu lachen. „Sie denkt immer, dass ich verhungere, wenn ich nicht hier bin," sagte er grinsend zu Paddy. „Das ist so ein Mütter-Ding glaube ich." „Du bist dieser Michael Patrick Kelly, oder?" „Schuldig." Paddy setzte sich wieder auf die Couch. Fee merkte ihm an, dass er sich unwohl fühlte. Tim setzte sich in den Sessel. „Möchtest du auch ein Glas Wein, Tim? Oder lieber etwas anderes?" „Gerne einen Wein. Den könnte ich brauchen." Der Vorwurf war nicht zu überhören. Fee beschloss, ihn zu ignorieren. Sie ging in die Küche und stöhnte, als sie hörte, wie Tim Paddy ohne Umschweife fragte: „Du und meine Mutter?" Paddy antwortete ganz ruhig: „Deine Mutter ist eine tolle Frau!" „Ja, ich weiß." Tim wollte noch etwas sagen, aber Fee stellte ihm das Weinglas hin und sagte in sehr bestimmten Ton. „Tim, es geht dich nichts an!" Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder, als er ihren Blick sah. „Und jetzt erzähl mal, wie ist es?" An Paddy gewandt, erklärte sie. „Tim macht gerade ein Praxissemester. Er ist in London bei einer Bank." „Ich studiere International Business und mache mein Praktikum bei einer Investmentbank." „Das hört sich spannend an," sagte Paddy. Die sichtbare Anspannung war von ihm abgefallen und er saß wieder bequemer. Fee setzte sich neben ihn.

Die ganze Situation fühlte sich immer noch seltsam an. Sie wollte zwar hören, was Tim erzählte, aber in ihrem Kopf ratterten unzählige Gedanken wegen des Kusses. Was bedeutete der Kuss? Warum hatte Paddy sie geküsst? Waren sie jetzt ein Paar? Fee versuchte diese Gedanken zur Seite zu schieben, damit sie ihrem Sohn besser zuhören konnte.

Tim erzählte ganz begeistert von seinen Eindrücken aus London. „Bist du denn auch mal in der Bank?" fragte Fee lachend, denn bis jetzt hatte er nur von Partys, Ausstellungen und allem möglichen anderen erzählt. „Ja klar, sogar ziemlich viel. Es ist eine coole Erfahrung, aber definitiv nichts für mich. Dieser ganze Stress und die Arschkriecherei, sorry Mama, das ist nichts für mich. Ich will auf keinen Fall irgendwo arbeiten, wo ich Leuten das Geld aus der Tasche ziehen muss und gegen meine Kollegen kämpfen muss, um den größtmöglichen Bonus zu bekommen. Nein, das ist nicht meine Welt." „Aber du wolltest doch unbedingt dahin." „Ja, das wollte ich. Denn jetzt weiß ich mit Sicherheit, dass es nichts ist, was ich will. Aber das Geld schadet nicht" Tim grinste seine Mutter frech an. „London ist ja auch sehr teuer," warf Paddy ein. „Oh ja, das stimmt. Es ist echt krass, was ein Drink, oder auch Essen gehen dort kostet. Kennst du dich in London aus?" „Ich habe mein letztes Album in London aufgenommen und sechs Monate dort gelebt." „Echt? Das ist ja cool." Tim und Paddy tauschten sich über London aus und Fee hörte ihnen zu. Wie seltsam. Ihr Sohn schien Paddy sofort akzeptiert zu haben.

Fee war immer sehr vorsichtig damit gewesen, wen sie ihren Kindern vorstellte. Es hatte nicht viele Partner in ihrem Leben gegeben. Dafür hatte sie gar nicht die Zeit gehabt. Und nur bei zwei Männern hatte sie das Gefühl gehabt, dass es etwas Ernstes sein könnte. Der letzte war Dembé gewesen, der Vater ihrer Töchter. Und jetzt Paddy. Aber Paddy und sie, sie wusste ja selbst gar nicht, wo das hin führen würde. Vielleicht hatte er sie ja nur aus einer spontanen Laune heraus geküsst. Aber der Kuss hatte sich sehr, sehr gut angefühlt.

„Mama?" „Ja? Entschuldigung." „Paddy hat gerade erzählt, dass er dich und Lieselotte zu einem Konzert eingeladen hat. Er hat gefragt, ob ich auch mit möchte. Wäre das für dich okay?" „Ja natürlich. Ich wusste nicht, dass das deine Musik ist?" „Keine Ahnung. Aber ich möchte mir das schon ansehen." Da war der Unterton wieder. Fee sah Tim warnend an. Sie wusste, dass er auf sie aufpassen wollte, aber er grinste sie betont unschuldig an. „Ich bin sehr neugierig." „Das kann ich mir vorstellen!" Fees Ton war leicht scharf. Paddy legte ihr eine beruhigende Hand auf den Oberschenkel. Tim und auch Fee sahen auf diese Hand. Paddy zog sie schnell zurück. „Ich freue mich, wenn Tim mitkommt." „Danke schön. Mama ist mein Zimmer fertig oder soll ich etwas mit nach oben nehmen?" „Es ist fertig. Schlaf gut." „Danke, ihr auch." Der Blick, den Tim ihnen beiden zuwarf, sprach Bände. 

Bleib bei mir - Bitte!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt