28.

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In den nächsten Wochen telefonierten Fee und Paddy oft und sie musste sich zwingen, ihn nicht zu sehr zu fragen, wie es ihm ging, denn er mochte das überhaupt nicht. Sie machte sich Sorgen um ihn, aber er wollte ihre Sorge nicht. Umso mehr war Fee erleichtert, dass es ihm wieder gut zu gehen schien, als er das nächste Mal zu Besuch kam.

„Bevor meine Sommertour beginnt, habe ich zwei Wochen frei. Hast du Lust mit den Kindern mit mir wegzufahren?" Paddy zeigte Fee den Zeitraum im Kalender und sie sah gleich im Dienstplan nach, ob es möglich war. „Ja, sehr gerne." „Super, dann organisiere ich uns was, okay? Gibt es was, wo du gar nicht hinmöchtest?" „Also ich möchte nicht gerne so weit fliegen mit den beiden." „Okay, lässt du dich überraschen, oder möchtest du vorher wissen, was ich plane?" Fee zögerte. Sie hätte eigentlich gerne alles gewusst, aber Paddy machte den Eindruck, als würde er so gerne alles planen und sie dann damit überraschen, dass sie sich auf die Überraschung einließ.

„Es ist so schönes Wetter heute, wollen wir ans Meer fahren?" „Sehr gerne." „Pack Badezeug ein," sagte Fee gutgelaunt. „Ich habe keine Badesachen dabei," sagte Paddy enttäuscht. „Dann müssen wir dir auf dem Weg zum Meer wohl noch eine Badehose besorgen." Gesagt, getan. Fee hielt an einem Sportgeschäft im nächsten größeren Ort und Paddy holte sich eine Badehose. Liese und Lotte hopsten ganz aufgeregt auf ihren Kindersitzen im Auto auf und ab.

Am Strand angekommen, suchten sie sich einen Platz in den Dünen und Fee pustete die Schwimmflügel für ihre Töchter auf. „Huh ist das kalt," sagte Paddy ein wenig erschrocken, als er die Temperatur des Meeres an seinen Beinen spürte. „Das wird schon. Wir bleiben ja auch nicht ewig drin." Fee watete mit Lotte an der einen und Liese an der anderen Hand ins Meer. Sie liebte das Meer. Die Mädchen juchzten und stürzten sich furchtlos den Wellen entgegen. „Nicht so wild. Bleibt bitte bei mir." Paddy blieb nicht lange im Meer, sondern sah lieber, in ein Handtuch gewickelt, vom Strand aus zu, wie die anderen drei herumplantschten. „Also auf jeden Fall wird das Meer wärmer sein, wo wir hinfahren." Fee verkniff sich einen Kommentar. Im Mai war das Meer nun mal nicht so wahnsinnig warm, aber als Kind und Teenie war sie manchmal sogar im Winter geschwommen.

Aber auch Fee war jetzt ganz kalt und sie wickelte sich dankbar in ihr Handtuch, dass Paddy ihr hinhielt. Gemeinsam trockneten sie die Mädchen ab und zogen ihnen schnell etwas Trockenes an. „Und jetzt ein Eis!" „Ein Eis?" fragte Fee erstaunt. „Ja, schwimmen und ein Eis, das gehört zusammen." „Da habt ihr natürlich recht," sagte Paddy ganz selbstverständlich. Die vier gingen also ein Stück am Strand entlang, bis sie zu einem Kiosk kamen. Paddy kaufte ihnen allen ein Eis und sie setzten sich ein Stück entfernt in den Sand, um es genüsslich zu essen. „Oh Liese, dein ganzes Gesicht ist ja schon voller Eis," seufzte Fee. „Ich hole Servietten," sagte Paddy. Er ging zurück zum Kiosk und Fee konnte Lottes Eis gerade noch retten, bevor es in den Sand fiel.

Fee hörte laute Stimmen und sah auf. Paddy stand vor dem Kiosk, umringt von einer Gruppe Frauen, die aufgeregt auf ihn einredeten. „Nein, ich möchte jetzt kein Foto machen. Bitte entschuldigt, aber ich bin privat hier." Paddy hörte sich sehr genervt an. Er marschierte durch den Strand davon und drehte sich einmal um, als er merkte, dass eine Frau hinter ihm her ging. Fee konnte nicht hören, was er sagte, aber sie konnte bis hier sehen, dass er wütend war.

„Was wollen die Frauen von Paddy?" fragte Liese nicht gerade leise. „Warum geht er einfach weg?" fragte Lotte und fing an zu weinen. „Kommt, wir gehen an unseren Platz. Bitte seid leise, ich erkläre es euch nachher." Aber natürlich wollten die Mädchen es gleich wissen. Fee konnte sie kaum ablenken und sie hoffte sehr, dass niemand gehört hatte, was ihre Töchter gesagt hatten.

Fee packte alle Sachen zusammen und hatte große Mühe Liese und Lotte dazu zu überreden zum Auto zu gehen. Die beiden stritten sich und heulten und Fee war sehr froh, als sie Paddy im Auto sitzen sah. Er stieg aus und ging ihnen entgegen. Dabei sah er sich vorsichtig um. „Tut mir leid. Ich hätte es besser wissen müssen." „Was besser wissen?" „Naja, hier in der Touri-Region zu einem Kiosk zu gehen. Ich habe einfach nicht nachgedacht." Paddy hörte sich so genervt an, dass Fee sich einen Kommentar wie: „Das ist doch nicht so schlimm." lieber verkniff.

Zum Glück hielt Paddys schlechte Laune nicht lange an. „Paddy, was wollten die Frauen von dir?" fragte Liese neugierig, als sie im Garten saßen. „Ihr wart doch mal bei mir auf einem Konzert. Wisst ihr das noch? Wisst ihr was ein Konzert ist?" fragte Paddy. „Ja, da steht man auf der Bühne und singt und andere schauen zu." „Ja genau. Und das mache ich ja. Und weil ich auf der Bühne stehe und manchmal auch im Fernsehen zu sehen bin, kennen viele Leute mein Gesicht. Und manchmal, wenn ich unterwegs bin, dann erkennt mich jemand und möchte mit mir reden und ein Foto haben und so etwas. Und manche Leute mögen es nicht, wenn man Nein sagt. Heute zum Beispiel die eine Frau am Strand. Die war wütend, weil sie gedacht hat, dass ich ein Foto mit ihr machen muss, weil sie mich doch erkannt hat. Und dann war sie traurig und hat mich geschimpft." „Das ist ja blöd." „Das stimmt. Wisst ihr was ganz wichtig ist? Dass ihr niemanden, der euch nach mir fragt, etwas erzählt. Vielleicht kann ich euer Geheimnis sein?" Paddy sah die Mädchen ganz wichtig an und fing an zu flüstern. Fee grinste über Paddys Optimismus. Vierjährige, die ein Geheimnis bewahren konnten, waren ihr noch nicht begegnet. Aber sie fand es toll, wie er ihnen das erklärt hatte.

„Es tut mir leid, dass ich dich mit den Mädchen alleine gelassen habe," sagte Paddy später zu Fee, als die Kinder spielten. „Das ist okay." Fee schoss der Gedanke durch den Kopf, was er wohl machen würde, wenn er mal irgendwann alleine mit ihnen unterwegs sein würde. Aber sie wusste, dass er die beiden nie alleine lassen würde. Es war irgendwie eine seltsame Situation für sie gewesen. Auch wenn ihr Kopf natürlich wusste, dass er nicht nur sich, sondern vor allem auch sie und ihre Töchter damit hatte schützen wollen, dass er weggegangen war, so hatte es sich für einen kurzen Augenblick doch angefühlt, als würde er sie verleugnen. Aber natürlich hatte Fee von Anfang an gewusst, dass er sein Privatleben geheim hielt. Und sie würde es ja auch nicht anders wollen, aber es zum ersten Mal zu erleben, war trotzdem seltsam gewesen.

Fee lächelte Paddy an und gab ihm einen Kuss. Sie wollte ihm die Sorgenfalten von der Stirn wischen und es ihm so leicht wie möglich machen. Sein Leben war bestimmt so schon kompliziert genug und da brauchte mit Sicherheit nicht seine neue Freundin, die irgendwie herum zickte. Fee grinste darüber, dass sie seine neue Freundin war. Dieser Begriff hatte etwas von Teenagern. Aber im Grunde hat sich da gar nicht so viel geändert. Paddy löste in ihrem Bauch ein Kribbeln aus und sie würde am liebsten so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Paddy legte ihr den Arm um und sie gingen gemeinsam ins Wohnzimmer und spielten mit Liese und Lotte.

Abends musste sich Paddy schon wieder verabschieden und davon fahren. „Nächstes Wochenende kann ich tagsüber kommen, da bin ich für zwei Termine in Hamburg." „Das ist toll!" Fee freute sich darauf, ihn zu sehen, aber nur für einen Tag war auch kurz. Dieses ständige Kommen und Gehen fiel ihr nicht immer so einfach. Vor allem, weil Fee automatisch alle ihre Planungen nach ihm richtete. Ob sie mit jemand anderem etwas ausmachte oder nicht, war immer davon abhängig, ob Paddy da war, oder nicht. Aber anders war es nun einmal gar nicht möglich. Und wenn Fee ganz ehrlich war, dann war das Kribbeln ein bisschen größer, wenn man sich nicht immer hatte, als wenn man die ganze Zeit aufeinander klebte. Aber manchmal nervte es auch einfach nur.

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