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Paddy umarmte Fee in der Garderobe und küsste sie. „Gute Heimfahrt. Schreib mir bitte, wenn ihr gut angekommen seid." „Machen wir. Ein schönes Konzert noch. Wir würden alle gerne bleiben!" „Das verstehe ich doch! Ich freue mich so, dass ihr extra hergekommen seid." Fee hätte fast gesagt, dass sie für ihn doch fast alles tun würde, aber sie verkniff es sich. Es hörte sich so kitschig an. „Ich liebe dich!" sagte sie stattdessen leise in sein Ohr. „Und ich liebe dich!" Noch eine Umarmung, ein Kuss und dann ging Fee. Sie fuhren mit der U-Bahn zu dem Parkplatz, auf dem sie das Auto abgestellt hatte und dann suchte sie sich mit Hilfe ihres Navis den Weg aus der Stadt. Sie war froh, als sie auf der Autobahn war. Sie kamen gut durch und Fee hing ihren Gedanken nach. Sie fuhr von der Autobahn ab auf die Bundesstraße und freute sich darauf, bald zu Hause zu sein, da sie langsam auch müde wurde.

Auf einmal ein lauter Knall und die Windschutzscheibe zerbarst. Fee riss instinktiv die Hände vors Gesicht um sich zu schützen. Das Auto fing an zu schleudern und Fee versuchte das Lenkrad festzuhalten und zu bremsen. Sie hörte lautes Hupen, sah grelle Lichter und dann krachte sie in die Leitplanke und das Auto wurde zurück auf die Straße geworfen und kam endlich zum Stehen. Fees Herz raste und sie konnte sich für einen Moment vor lauter Panik überhaupt nicht bewegen. Der ausgelöste Airbag, der ihr ins Gesicht geschlagen war, hatte ihr für einen Moment den Atem genommen. Die Fahrertür wurde aufgerissen und jemand beugte sich über sie. „Können Sie mich hören? Tut Ihnen etwas weh? Diese Arschlöcher!" „Meine Kinder!" Fee drehte sich nach hinten um. Der Mann, der nach ihr gesehen hatte, ging nach hinten. „Oh Scheiße," fluchte er leise. „Kannst du mich hören, Kleines? Beweg dich nicht, alles wird gut. Gleich kommen Ärzte und helfen euch, ja? Mäuschen, du bleibst auch ganz still sitzen." Fee konnte eine ihrer Töchter weinen hören und hastig schnallte sie sich ab. „Sie sollten lieber sitzen bleiben," rief ihr der Mann zu, aber sie ignorierte ihn. Fee rannte um das Auto herum zu Liese und sah nach ihr. Liese weinte und streckte ihre Arme nach Fee um. „Bitte lassen Sie den Gurt dran, das ist wirklich wichtig. Ich bin bei der Feuerwehr, ich weiß das. Wir warten auf den Rettungsdienst."

„Können wir etwas helfen?" Mehrere Leute kamen nun um zu helfen. „Ich habe eine Warnlampe aufgestellt und der LKW blockiert die Gegenspur. Wir können nur auf die Rettungskräfte warten. Die Kinder dürfen nicht bewegt werden!" Fee hielt Lieses Hand und beugte sich vor, um nach Lotte zu sehen. Fee erschrak. Lottes ganzes Gesicht war voller Blut und sie sagte nichts. „Atmet sie noch," fragte Fee ängstlich. „Ja, sie atmet noch. Ich kann nicht erkennen, wie schlimm die Verletzung ist. Ich heiße Florian und es wird alles gut!" Florian nickte Fee zu und sie versuchte ihm zu glauben. „Kann bitte jemand den Rettungsrucksack öffnen und mir eine Kompresse geben?" Er drückte die Kompresse auf eine Wunde an Lottes Kopf.

Fee hatte das Gefühl, dass es ewig dauerte, bis sie endlich Sirenen hören konnte. Es kamen Feuerwehrautos, Rettungswägen und Polizei kurz nacheinander. „Hier, ich glaube, die Kleine hat es am meisten erwischt. Sie ist die ganze Zeit nicht ansprechbar und blutet ziemlich." Florian winkte die Besatzung des ersten Rettungswagens zu sich. „Bitte lassen Sie uns zu Ihrer Tochter," sagte ein Sanitäter zu Fee. Sie trat zur Seite und sah zu, wie Liese vorsichtig aus dem Kindersitz geholt wurde. „Kommen Sie, Sie können bei einer Ihrer Töchter mitfahren." Ein Sanitäter nahm Fee am Arm und führte sie zu dem Rettungswagen, in dem Liese lag. In den anderen war ein Notarzt mit eingestiegen und die Türen waren schon geschlossen. „Ihre Tasche. Alles Gute!" Florian brachte Fee ihre Handtasche. „Danke!" Sie wusste, dass das Danke nicht genug war, aber sie konnte gerade nicht weiterdenken. Liese sah Fee ängstlich an, die sich neben sie setzte. „Wir fahren jetzt ins nächste Krankenhaus und dann werden Sie alle drei durchgecheckt. Wissen Sie was passiert ist?" Fee schüttelte den Kopf. „Die Windschutzscheibe war auf einmal kaputt und dann sind wir gegen die Leitplanke gefahren. Ich weiß es nicht genau. Oh mein Gott." Fee wusste, dass sie für Liese ruhig bleiben musste, aber die Panik und die Ungewissheit was mit Lotte war, machten sie verrückt. Im Krankenhaus angekommen wurde Liese sofort in ein Untersuchungszimmer gebracht. „Wie geht es Lotte, meiner anderen Tochter?" fragte Fee eine Schwester ängstlich. „Sie ist im Schockraum und wird versorgt." „Schockraum?" Vor Fees innerem Auge tauchten Horrorszenen aus Greys Anatomy und anderen amerikanischen Arztserien auf. „Bitte kommen Sie mit, ich bringe Sie in ein Untersuchungszimmer. Wir müssen Sie auch durchchecken." „Nein, ich möchte meine Töchter nicht alleine lassen. Bitte lassen Sie mich nach Lotte sehen." „Das geht nicht. Bitte kommen Sie jetzt mit. Sie müssen uns vertrauen. Wir kümmern uns um Ihre Töchter, versprochen." Fee wurde in ein Zimmer gebracht. „Gleich kommt ein Arzt zu Ihnen," sagte die Schwester und ging. Sie ließ die Tür angelehnt. „Wir müssen die Kleine eventuell verlegen. Je nachdem was das MRT zeigt. Ich kann noch gar nicht abschätzen, wie schlimm es ist. Ist der Kinderchirurg da?" „Ja, er ist auf Stand-by und kommt runter, sobald die Bilder vom MRT da sind." Die Stimmen entfernten sich und Fee hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Lotte, ihre Lotte. Es konnte nicht sein, dass es Lotte so schlecht ging. Fee ging auf den Flur, sie wollte zu Lotte. „Bitte, der Arzt kommt gleich." „Was ist mit Lotte? Warum muss sie verlegt werden?" „Ihre Tochter wird ins MRT gebracht und wenn die Ärzte sich die Bilder angesehen haben, dann kommt sofort jemand zu Ihnen und spricht mit Ihnen. Einen Moment noch, der Arzt kommt gleich zu Ihnen."

Fee ließ sich nur sehr widerwillig zurück in den Behandlungsraum schicken. Sie fühlte sich so hilflos, sie hatte solche Angst, sie wollte nicht alleine sein. Da fiel ihr Blick auf ihre Handtasche, die auf einem Stuhl stand. Mit zitternden Händen suchte Fee darin nach ihrem Handy. Das Display war zersprungen und Fee befürchtete schon, es könnte nicht mehr gehen, aber sie konnte Paddys Nummer wählen. Er ging nicht dran. Immer und immer wieder wählte sie seine Nummer. Sie hörte nicht auf, bis endlich abgehoben wurde. „Paddy, es ist etwas Schreckliches passiert." „Fee, hier ist Pino, Paddy ist noch auf der Bühne." Fee fing an zu schluchzen. „Fee was ist los?" „Wir hatten einen Unfall. Lotte, ich weiß nicht, was mit Lotte ist. Ich glaube, es geht ihr gar nicht gut. Bitte Pino, kann Paddy bitte herkommen? Ich brauche ihn. Bitte. Ich habe solche Angst." „Wo bist du?" „Ich weiß es nicht." Hilflos sah sich Fee um. Da entdeckte sie eine Mappe auf einem Schreibtisch. Sie las Pino vor, wie das Krankenhaus hieß und ihr fiel ein, dass es das Krankenhaus war, was ihrem Zuhause am nächsten lag. „Paddy kommt so schnell er kann." „Er soll bitte ganz vorsichtig fahren. Ihm darf nichts passieren." „Ich fahre ihn, ich passe auf. Fee, alles wird gut. Bitte versuch irgendwie ruhig zu bleiben." Pino legte auf und Fee hörte dem Tuten nach. Sie hatte solche Angst. „Frau Lorenz? Mein Name ist Dr. Roebe." Fee legte das Handy zur Seite und drehte sich zum Arzt. „Wie geht es meinen Töchtern?" „Sie werden noch untersucht, sobald wir etwas wissen, informieren wir Sie. Jetzt sehen wir uns Sie an. Tut das weh?" Der Arzt berührte behutsam Fees Wange. „Was? Nein, mir tut nichts weh." „Das ist wahrscheinlich der Schock. Bitte legen Sie sich auf die Untersuchungsliege. Ich reinige zuerst die Wunden im Gesicht und dann sehen wir uns den Rest an." Es fiel Fee sehr schwer ruhig liegen zu bleiben. Am liebsten hätte sie den Arzt angeschrien, dass er sich um Lotte und Liese kümmern sollte und nicht um sie. Ihr fehlte doch nichts, aber ihren Töchter. Aber Fee versuchte sich zusammen zu reißen. „Sollen wir jemanden für Sie benachrichtigen, oder haben Sie das getan?" Fee nickte. „Ich habe meinen ... au." „Entschuldigung. Sie haben Ihren Mann angerufen? Kommt er hierher?" „Ja, er kommt so schnell er kann." „Ich sage unten Bescheid, dass er dann direkt zu Ihnen gebracht wird." 

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