86.

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In dieser Nacht hatte Fee lauter Alpträume. Sie träumte davon, dass Paddy sie vor dem Altar stehen ließ. Dass Thomas auf einmal in der Kirche stand und versuchte die Hochzeit zu verhindern. Dass statt Paddy auf einmal Thomas am Altar stand. Dass Paddy ihr vorwarf ihn gar nicht zu wollen, sondern nur seinen Namen, sein Geld. Fee wachte in den frühen Morgenstunden vollkommen gerädert auf und schlich sich leise aus dem Schlafzimmer. Sie setzte sich mit einem Glas Wasser in den Wintergarten und sah in den Garten. „Fee? Alles in Ordnung?" Sie schrak hoch und sah Torben in der Tür stehen. „Ja, ich habe nur blöd geträumt." „Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir setze?" „Nein, natürlich nicht. Sehr gerne. Ich freue mich über Gesellschaft." „Bist du nervös wegen heute?" „Ja, ziemlich." „Das verstehe ich nur zu gut. Ich wäre in der Nacht unserer Hochzeit am liebsten abgehauen." „Du? Aber du warst doch so ruhig und sicher und du hast Juli ja auch gefragt und ..." „Ja, aber trotzdem. Diese Verantwortung, diese Endgültigkeit, diese Veränderung, dass alles hat mir auf einmal total viel Angst gemacht."

Fee seufzte und sprach dann aus, was sie so beschäftige: „Ich habe von Thomas geträumt, in verschiedensten Rollen." „Ah okay." „Was okay?" „Naja, du und Thomas, ihr wart das perfekte Paar und viele von uns haben immer geglaubt, dass ihr wieder zueinander findet. Also bis er Katrin geheiratet hat. Aber manchmal auch noch danach. Ihr seid einfach irgendwie trotz allem noch eine Einheit geblieben. Nicht nur wegen Tim. Euch verbindet einfach viel. Aber du und Paddy, ihr wirkt so glücklich. Ich habe euch ja jetzt schon länger nicht mehr zusammen gesehen. Soll ich dir sagen, was ich zuerst gedacht habe? Was will Fee denn mit diesem Musiker? Und was will dieser Musiker mit Fee? Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ihr zwei wirklich zusammen passt. Aber dann, als wir alle noch oben gewohnt haben, da habe ich euch ja ein paar Mal gemeinsam erlebt und dass ihr euch liebt, das merkt man total. Auch gestern Abend war es deutlich. Er sieht dich so an, als wärst du etwas wahnsinnig Besonderes, also nicht, dass du das nicht bist, aber weißt du, was ich meine?" „Ich verstehe was du sagen willst. Wer hätte gedacht, dass wir zwei mal mitten in der Nacht zusammen sitzen und so eine Unterhaltung führen." „Ich nicht," lachte Torben. „Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich von Thomas geträumt habe," gab Fee leise zu. „Verstehe ich. Aber ich denke, dass dein Unterbewusstsein vielleicht damit abschließen will, oder so. Auf jeden Fall wirst du morgen vor dem Altar stehen und deinen Paddy heiraten. Wenn mir vor ein paar Jahren jemand gesagt hätte, dass ich auf der Hochzeit von einem von der Kelly Family dabei sein würde, dann hätte ich ihn für komplett bescheuert gehalten." „Ich auch," lachte Fee. „Danke. Ich brauchte jetzt einfach jemanden, der sich meinen Blödsinn anhört." „Fee, wir kennen uns schon so lange." „Erschreckend lange, ja." „Also kannst du mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich glaube, dass es das Richtige ist. Ich habe dich schon sehr lange nicht mehr so glücklich gesehen. Halte das Glück fest!" „Danke Torben."

„Ich glaube, ich kann noch nicht schlafen, möchtest du ein Glas Wein oder irgendetwas?" „Ich kann auch nicht schlafen. Aber lieber keinen Alkohol für mich. Irgendjemand hat gesagt, dass morgen äh heute ein wichtiger Tag ist." Fee fühlte sich nun viel entspannter. Torben holte sich ein Glas von dem Rotwein, der noch übrig war und setzte sich wieder zu Fee.

„Weißt du, ich habe neulich Thomas angerufen und ihm zum Geburtstag gratuliert. Und da habe ich ihm erzählt, dass wir heiraten werden und da war er total komisch für einen Moment. Und er hat gefragt, ob es falsch war, dass wir damals nicht geheiratet haben." „Dann ist es ja klar, dass dich das beschäftigt. Bist du denn der Meinung, dass es falsch war?" „Zwischendurch war ich das, ja. Wir haben uns ja dagegen entschieden, weil wir nicht nur heiraten wollten, weil ich schwanger geworden bin, aber manchmal ja, da wäre es mir schon lieber gewesen. Aber dann haben wir den Alltag nicht geschafft und irgendwann war es zu spät und dann war Thomas ja auch weg und ..." Fee hörte auf. Torben hatte das alles ja hautnah miterlebt, warum sollte sie es ihm noch einmal erzählen. „Ich weiß nicht, ob es langfristig etwas geändert hätte. Vielleicht hättet ihr ein bisschen länger um eure Beziehung gekämpft und Thomas wäre es vielleicht ganz so leicht gefallen zu gehen, aber ..." Torben biss sich auf die Lippe. „Sorry, das ist meine Meinung. Ich fand es damals nicht in Ordnung, dass er dich im Stich gelassen hat, aber das weiß er auch. Aber jetzt ist jetzt und ihr seid jetzt beide glücklich. Und morgen wirst du eine tolle Hochzeit haben und den Mann heiraten den du liebst. Und ich freue mich, dass ich, also dass wir an diesem Tag mit dabei sein können." „Du und Juli ihr gehört doch zu den allerwichtigsten Menschen in meinem Leben." „Das ist schön. Ich glaube, Juli hat zwischendurch sehr mit unserem Umzug gehadert. Sie hat dich und eure Freundschaft sehr vermisst." „Ja, ich auch. Ich war am Anfang voll sauer auf dich!" „Oh je." Torben hob die Hände wie schützend vor das Gesicht. „Dann müssen wir uns wohl Mühe geben, damit wir uns öfter sehen. Es ist zwar ein Stück von Stuttgart zu euch, aber natürlich viel, viel Näher als in unsere alte Heimat." „Fehlt es dir manchmal?" „Ja. Ich vermisse das Meer. Keine Ahnung, ob wir für immer in Stuttgart bleiben. Aber ihr werdet ja vielleicht auch nicht für immer hier bleiben, oder?" „Keine Ahnung. Es gefällt mir erstaunlich gut. Am Anfang konnte ich es mir überhaupt nicht vorstellen hier zu leben, ohne Meer und so. Aber inzwischen sind wir echt angekommen. Die Mädchen haben Freunde gefunden und fühlen sich im Kindergarten wohl. Und sogar ich fühle mich hier wohl."

Torben stellte sein Weinglas zur Seite und setzte sich aufrechter hin, so als wolle er etwas wichtiges sagen. „Was ist denn hier los? Haben wir die Einladung zu einer Party verpasst?" Fee sah erstaunt Paddy und Juli an, die das Wohnzimmer gemeinsam betraten. Torben sprang von dem Sessel auf, auf dem er gesessen hatte und warf sich neben Fee auf die Couch. Er legte ihr den Arm um und grinste die beiden an. „Ach Mensch, ihr stört. Fee und ich wollten uns noch einmal so richtig nah sein, bevor sie morgen jemand anderem gehört." Lachend gab er ihr einen Kuss auf die Wange und setzte sich dann wieder in den Sessel. Er zog Juli auf seinen Schoß und Paddy setzte sich neben Fee. „Alles gut?" „Ja, alles gut," sagte sie mit einem Lächeln. Sie gab ihm einen Kuss und nahm seine Hand. „Ich konnte nur nicht schlafen. Und Torben anscheinend auch nicht." Zu viert saßen sie noch eine Weile im Wohnzimmer und unterhielten sich über alles Mögliche, bis sie alle anfingen zu gähnen. „Wir sollten langsam wieder ins Bett gehen, sonst sind wir morgen alle zu müde, um Ja zu sagen." „Ich muss ja zum Glück nichts machen. Ich hab schon." Torben küsste Juli überschwänglich und die beiden gingen händchenhaltend wieder nach oben. „Geht's dir wirklich gut?" fragte Paddy noch einmal. „Ja, wirklich."

Im Bett kuschelte sich Fee eng an Paddy. Sie sog den Duft seiner Haut ein und kuschelte sich eng an ihn. Ja, sie wollte ihn heiraten und nur ihn. Alles andere war ein Anfall von nostalgischer Erinnerungsverwirrung gewesen. Sie liebte nur Paddy, der Rest war längst vergangene Vergangenheit. Wahrscheinlich war es normal, dass die Vergangenheit noch einmal hochkam, wenn sich im Leben so etwas Entscheidendes änderte. Er zog sie noch enger an sich heran und Fee genoss das Gefühl der Geborgenheit. 

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