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Am nächsten Morgen wurde Liese zur OP-Vorbereitung abgeholt. Fee begleitete ihre Tochter zum Ultraschall und bis zur OP-Schleuse. Sie ging zurück zur Intensivstation. Paddy wartete im leeren Zimmer schon auf sie. „Bei Lotte wird noch einmal ein MRT und eine Hirndruckmessung gemacht und dann entscheiden sie, wie es weitergeht. Ich habe ihnen gesagt, dass Torben sich melden wird und dass sie ihm alle Ergebnisse geben sollen" „Oh Paddy, wie kann das alles sein?" „Ich weiß es nicht." „Können wir vor dem OP warten? Ich möchte so nah wie möglich bei Liese sein." „Ja natürlich. Der Arzt hat ja gesagt, dass es nur eine halbe Stunde dauert und du dann zu ihr in den Aufwachraum darfst." Die beiden setzten sich auf die Wartestühle vor dem OP-Bereich. Dort saßen schon andere Eltern die genauso ängstlich aussahen, wie Fee sich fühlte. Alle waren so mit sich selbst beschäftigt, dass niemand auf Paddy achtete. Fee war so dankbar, dass er da war, sie wusste nicht, was sie ohne ihn gemacht hätte.

„Ich bin gleich wieder da." Paddy strich Fee beim Aufstehen über den Kopf. Sie sah auf die Uhr. Sie warteten schon fast eine Stunde. Warum dauerte das so lange? Fee war sich sicher, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie versuchte sich zu beruhigen und stand auf um ein paar Schritte zu gehen.

„Fee!" „Thomas?" Ungläubig starrte Fee ihren Ex-Freund an, der auf sie zukam. Sie fiel ihm weinend um den Hals. „Was machst du hier?" fragte sie schluchzend. „Tim hat mich angerufen und mir gesagt, was passiert ist. Wie geht es Liese und Lotte? Wie geht es dir?" Thomas ließ sie los und strich ihr über die Wange. „Es geht ihnen nicht gut. Oh Thomas." Fee schlug weinend die Hände vors Gesicht und Thomas zog sie in eine tröstende Umarmung. „Fee?" Thomas ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Paddy hörte sich verwirrt an und in seiner Frage lag ein Ton, den Fee nicht deuten konnte. „Hallo, ich bin Thomas, Tims Vater." Thomas trat auf Paddy zu und hielt ihm die Hand. Paddy schüttelte die angebotene Hand. „Michael Patrick." „Können wir irgendwo hin, wo wir nicht ..." Thomas zeigte auf die Leute um sie herum, die sie sehr neugierig ansahen. Paddy führte sie um die Ecke, wo noch eine Sitzgruppe stand, die leer war. „Was machst du hier?" fragte er nicht besonders freundlich. „Ich bin in München für einen Geschäftstermin und Tim hat mich gestern Abend angerufen. Er hat gefragt, ob ich ihm ein Ticket hierher buchen kann. Und ich habe ihm gesagt, dass ich in München bin und dass ich heute herkomme und sehe wie es euch geht und ob ich irgendwie helfen kann." „Tim kann doch nicht herkommen." „Fee, er macht sich große Sorgen um euch. Er landet heute Abend, ich hole ihm vom Flughafen ab." „Das ist gut," sagte Paddy. Er griff nach Fees Hand, aber sie stand auf. Sie wusste, warum er das sagte und das wollte sie nicht hören. Sie versuchte alles, um diese Gedanken nicht zuzulassen. Sie hörte wie Paddy Thomas leise ein wenig erzählte, was mit Lotte und Liese war. Sie wollte es nicht hören. Fee ging wieder Richtung OP-Bereich. „Herr und Frau Lorenz?" hörte sie eine Stimme und eilte weiter. „Ja?" „Es gab Komplikationen bei der Operation Ihrer Tochter. Wir mussten den Bauchraum öffnen um die Blutungen stoppen zu können. Den Blutverlust haben wir über Blutkonserven ausgeglichen. Ihre Tochter kommt gleich in den Aufwachraum, dann können Sie zu ihr." Paddy war gleich zu Fee gekommen und hatte ihr den Arm umgelegt. Der Arzt verschwand wieder und Fee drehte sich in Paddys Arme. „Nein," weinte sie. „Das kann alles nicht wahr sein." Paddy strich ihr tröstend über den Rücken und Fee spürte, dass er sich genauso hilflos fühlte wie sie. „Kommt, setzt euch noch einmal hin." Thomas führte sie zurück in die kleine Warteecke, wo sie nicht beobachtet wurden. Er holte ihnen Wasser zu trinken und setzte sich zu ihnen. „Es tut mir so leid. Wenn ich irgendetwas tun kann, dann müsst ihr es nur sagen. Kann ich euch irgendetwas abnehmen oder ... ich weiß auch nicht." „Danke, dass du gekommen bist Thomas." „Natürlich. Fee, du weißt doch, dass du dich immer melden kannst, oder?" „Ja, das weiß ich." Thomas sah Paddy ernst an. „Keine Sorge, Fee und ich sind nur gute Freunde. Das was uns verbindet, wird ein Leben lang halten, nicht nur, weil wir Tims Eltern sind. Ich hätte dich gerne unter anderen Umständen kennengelernt. Es tut mir sehr leid, dass ich euch nicht unterstützen kann. Auf keinen Fall möchte ich euch stören, oder euch im Weg sein. Wenn es nichts gibt, was ich jetzt für euch tun kann, dann fahre ich nach München. Und nach meinen Terminen hole ich Tim ab und dann kommen wir hierher. Ich werde uns in der Nähe zwei Zimmer reservieren." „Danke." Fee stand auf, als sich Thomas verabschiedete und umarmte ihn. Auch wenn sie gerade vollkommen durcheinander und fix und fertig war, so wusste sie sehr wohl zu schätzen, dass Thomas extra hergefahren war. Jetzt musste er die Strecke nach München wieder zurückfahren und dann würde er abends noch einmal zurückfahren. „Fahr bitte vorsichtig," sagte sie leise zum Abschied.

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