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„Sehr geehrte Gäste in unserem Café, es freut uns sehr, dass ihr euch dazu entschlossen habt, auch heute erneut an unserem wöchentlichen Projekt teilzunehmen.
Heute haben wir einen besonderen Gast, der freundlicherweise für unseren eigentlichen Sänger einspringen konnte.
Heute werden wir der verehrten Stimme von Bang Chan lauschen dürfen, der das Theme „Sad Songs" vertreten wird.
Wie immer bitte ich erst um Applaus am Ende der gesamten Performance, lasst uns also jetzt anfangen.
Vielen Dank!"

Es benötigte keine weiteren Worte, denn es wurde noch leiser im Café als vorher.
Im Augenwinkel sah ich Changbin, Jisung und Hyunjin, welche mir motivierend die Daumen entgegenstreckten und mir somit Glück wünschen wollten.
Konnte ich auch gut gebrauchen.

Die Songs heute erforderten einzige High Notes, also konzentrierte ich mich, begann zu spielen und ließ die Welt um mich herum verblassen.
Mein Finger tanzten über die Tasten, erschufen Melodien und ließen alle die Musik fühlen.

Dann spielte ich weiter und fing an zu singen.
Das hingestellte Mikrofon verteilte die Musik und meine Stimme im gesamten Café und ich verschwand irgendwo zwischen den Tönen.
Ehe ich mich versah, endeten mehrere Lieder, allerdings war ich nicht müde und meine Stimme in höchster Freude darüber, wieder so viel machen zu können.

Ich beendete die Notenseite, ehe mir vertraute Noten entgegenblickten.
„Hate to admit it" war jetzt an der Reihe.
Als Abschluss für den heutigen Abend.
Ich würde das schon schaffen.
Ich wollte es schaffen.
Es tat mehr als gut, zu singen, was mal fühlt, mal ein wenig ungefilterter zu sein.
Echter.
Näher.
Realer.
Genau wie das Lied.

Die Menschenmenge schien den Atem zu halten, als ich wieder anfing zu singen und diesmal wirklich alles herausließ.
Alles fühlte.
Alles spürte.
Den Schmerz, der mich seit mehr als einem Jahr begleitete.
Den Kummer, welcher mich plagte und die Selbstzweifel, die mich nachts wach hielten.

Unsere Trennung hat in mir vieles hochgeholt, was jahrelang überschattet wurde.
Was jahrelang in den Schatten gedeiht und gewachsen ist.
Meine Stimme sang, ich spielte und dann hatte ich das Gefühl zu bersten.
Den Schmerz herauszujagen und dabei zu zerbrechen.
Denn trotz meiner Zweifel hatte ich stets nur das Positive in ihm gesehen.
Jetzt sah ich auch das Positive in mir.
Das, was ich alles überwunden hatte.
Unter anderem auch, dieses Lied zu spielen.

Es tat mehr als gut.
Sungie hatte recht.
Ich hab ihnen eine reingehauen.
Nicht Minnie, aber meinen schlechten Gefühlen.
Zumindest ein kleines Stück.
Und das war ein befreiendes Gefühl.
Wie als ich damals als Kind geschwommen bin wie ein verrückter, freier Fisch.
Raum, Zeit und Unbeschwertheit.
Das fühlte ich alles.
Auch meine Schuldgefühle waren da.
Meine Erinnerungen.
Aber auch meine Kämpfe für mich selber.

Ich beende das Lied, beruhigte mich wieder und blieb dann in einer Position über dem Klavier ausgeharrt.
Ich bewegte mich nicht, genauso wenig taten es die Zuhörer.
Aus Respekt, nahm ich an.
Auch aus Frieden nach dem Lied. Zumindest hoffte ich das.
Es verstrichen Minuten, die sich genau richtig anfühlten.
Nicht zu schnell oder zu langsam.

Und dann fing jemand an, zu klatschten.
Es war Sungie, unsicher darüber, ob es jetzt schon ginge, klang es auch sehr leise und fragend.
Changbin stieg auch ein, gab jedoch alles und klatschte wie die Hölle.
Jinnie folgte und nach und nach die anderen.
Sie wurden aus der Trance gerissen und klatschten, um mir ihre Wertschätzung zu zeigen.
Ihre Gefühle, was meinen Auftritt betraf.
Und ich schätze es.
Sehr sogar.

Mein Blick wanderte über all die Leute, ehe er hängen blieb.
An den Augen, die einem Welpen glichen.
Weit aufgerissen starrten sie mich an.
Ich könnte auch heute noch in diesem Braun versinken.
Und dann sah ich es.

Eine Träne.
Langsam, als ob es falsch wäre, kullerte sie seine Wange herunter.
Eine weitere folgte.
Und noch eine.
Ich blinzelte, um meinen eigenen Tränenschleier zu verdrängen, konnte in dem Moment gar nicht war haben, was ich sah.
Weinte er?
Warum weinte er?
Er sollte nicht weinen?

Ich stand da, während alle weiterhin klatschten, doch Minnies Tränen brachten mich so aus dem Konzept.
Ich hatte ihn in den Jahren unsere Beziehung so selten weinen sehen.
Genauso selten hatte er mich weinen sehen.
Weil wir einfach irgendwie keinen Grund dazu hatten, voreinander zu weinen.
Ich starrte ihn an, wusste nicht so recht, was ich tun sollte.

Langsam erhob ich mich, streckte eine Hand zögerlich in seine Richtung, als er plötzlich wieder in der Realität landete.
Er blinzelte schnell und hob eine Hand an sein Gesicht, erst um seine Tränen zu berühren, dann um seinen Schluchzer zu ersticken.
Er presste sich die Hand vor den Mund, kniff die Augen zusammen und krümmte sich.

Dann drehte er sich um, bewegte die Menschen um ihn auseinander, baute sich seinen eigenen Fluchtweg nach draußen.
Ich musste doch-
„Vielen Dank für diese unglaubliche und emotionale Performance, Bang Chan!
Ich bin sehr berührt worden, ihr aber auch, oder?
Ich hoffe zumindest, dich hier noch einmal willkommen heißen zu dürfen, mein Lieber. Vielen Dank!"

Seokjin hatte das Mikro genommen und die Rede abgehalten, allerdings lag meine gesamte Aufmerksamkeit bei Seungmin.
Auch mir liefen jetzt vereinzelte Tränen die Wangen herunter, jedoch wusste ich nicht so recht wieso.
Seungmin flüchtete weiter durch die Menge, die sich langsam auflöste, sodass es noch weniger auffiel, als er förmlich davon stürmte.
Sanft packten dann noch zwei Hände meine Schultern, zwangen mich so, mich umzudrehen und Changbin ins Gesicht zu sehen.
Sein stolzes Lächeln schwand schnell, als er meinen verwirrten Blick begegnete.

„Minnie.. Er.. Weint.. und ich.. äh nein, nein, äh..", stotterte ich vor mich hin.
Mein Gegenüber schien sich wohl aber schneller zu fassen als ich und überblickte die Situation.
„Du willst ihm hinterher, oder?
Geh schon, vielleicht klärt ihr das dann ja.
Als ich Minnie das letzte Mal hab weinen sehen, war der Grund nicht wirklich toll."

Er stieß mich sanft in Richtung Ausgang, in die Richtung wo Seungmin hin geflüchtet ist.
Während ich mich umdrehte und mich an Menschen vorbeiquetsche, wobei ich instinktiv hofft, die Jungs würden Hannie hier raus bugsieren, schwirrten mir Fragen im Kopf herum.
Wann hatte Seungmin vor Changbin geweint und warum weinte er jetzt?

Mein Beschützerinstinkt zog mich zu ihm und so sehr ich es vermeiden wollte, es ging nicht.
Wenn er es mir ins Gesicht sagen würde, vielleicht würde es dann aufhören.
Diese Gedanken für ihn.
Diese Erinnerungen.
Ich riss die Tür vom Café auf und kühle Herbstluft wehte mir ins Gesicht und in meine Haare, die daraufhin noch verwirrter auf dem Kopf lagen.

-...>^<...-

Ich lasse es jetzt einfach mal darauf ankommen lol
Bin gespannt, ob am Ende irgendwas Schlüssiges herauskommt
Hugs to you
<3

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Hate to Admit it // SeungChanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt