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„W- was?", stammelte ich überrumpelt. „Ich kenne dich doch überhaupt nicht." 

Ich war müde und mir war kalt und er sah zu gut aus, um nicht mein Misstrauen zu wecken. Plötzlich kamen mir die ganzen Warnungen in den Sinn, mit denen ich aufgewachsen war. Männer wollen nur das eine. Geh nie mit einem fremden Mann mit. Pass auf, wem du vertraust. Gib nicht zu viel von dir preis. Okay, für einige dieser gutgemeinten Ratschläge, dir mir meine Eltern während meiner Teenagerzeit, nach der Sache mit Sandra und ihrer ungeplanten Schwangerschaft, mit auf den Weg gegeben hatten, war es längst zu spät. Außerdem war ich erwachsen und sollte mich eigentlich auf mein eigenes Urteil und mein Gefühl verlassen. Aber das war nicht so einfach, wenn man den halben Abend in einer Toilette eingesperrt gewesen war. Ich war durch den Wind, um nicht zu sagen verzweifelt. Er war mein Retter, aber machte ihn das zu einer vertrauenswürdigen Person? Ich glaubte, ja. Dennoch zögerte ich, denn alte Muster sterben langsam. Außerdem beschäftigte mich, ob er nicht Schwierigkeiten bekommen würde, wenn er mich im Schloss übernachten ließ, auch wenn der Schlossherr beim Skifahren in der Schweiz war, oder sonst wo.

"Du kannst mich doch nicht so einfach dort einquartieren. Ich meine, was sagen deine Arbeitgeber dazu?"

"Das geht schon in Ordnung. Es ist schließlich ein Notfall.", versicherte er mir mit diesem souveränen Ausdruck, der es mir schwer machte, Gegenargumente zu finden. "Ich wohne auch dort und sonst ist niemand da."

"Ich weiß nicht, ob es das unbedingt besser macht", murmelte ich verunsichert. 

Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. "Ich werde schon nicht über dich herfallen", versprach er mir feierlich.

Ich blickte kurz in seine lächelnden Augen. Natürlich würde er das nicht. Dafür wirkte er tatsächlich zu nett. Davon abgesehen sah er viel zu gut aus, um einer Frau wie mir überhaupt Beachtung zu schenken. Besonders im Moment. Die Spuren meiner Heulattacke, die ich während meiner Gefangenschaft in der Toilette gehabt hatte, waren mir garantiert noch deutlich anzusehen und wegen der Mütze, die ich den ganzen Abend getragen hatte, sah mein Haar plattgedrückt und hoffnungslos unordentlich aus. Von der Kälte waren meine Wangen und meine Nasenspitze rot, meine Lippen spröde. Nein, ich stellte garantiert keine Probe für seine Selbstbeherrschung dar. Ein Teil von mir fand das beruhigend und der Rest - nun ja ich war nicht aus Stein, bedauerlich.

Doch am größten war im Moment bei mir die Sehnsucht nach einer Dusche, einer warmen Dusche. Doch die würde ich hier wohl nicht bekommen, denn wenn die Heizung ausgefallen war, gab es bestimmt auch kein warmes Wasser. Dennoch zögerte ich. 

Er musterte mich und eine fahrige Handbewegung verriet mir, dass er so langsam die Geduld mit mir verlor. „Wenn es so weiterschneit bist du morgen früh eingeschneit. Wahrscheinlich bist du bis dahin aber steifgefroren, dann braucht es dich natürlich nicht mehr zu kümmern."

Das klang so übertrieben, dass ich lachen musste und auch an seinen Mundwinkeln zupfte wieder dieses Lächeln, das das Grübchen zum Vorschein brachte. Plötzlich war mir gar nicht mehr so kalt.

"Carolyn, pack jetzt dein Zeug", fuhr er fort. "Hier kannst du ohne Heizung nicht bleiben."

Ich blickte mich um und machte eine kurze Bestandsaufnahme meiner Sachen. Auch wenn er mit seiner Prophezeiung übertrieben hatte, war die Vorstellung, alleine hier in der Kälte zu bleiben, ziemlich abschreckend.  

"Okay, ich brauche nur einen Moment." 

Ich warf meine Sachen, die ich erst am Mittag ausgepackt hatte, schnell zurück in den Koffer. 

„Störe ich da wirklich keinen?", fragte ich, als ich den Koffer aus dem Schlafzimmer zog und wieder vor David stand, der im Wohnzimmer auf mich gewartet hatte. Er hatte sich erneut über einen der Heizkörper geneigt und untersuchte diesen konzentriert.

Love Christmas - A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt