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Kristie saß weinend auf einem Sessel als wir den Morgensalon betraten. Die Wände des Zimmers waren mit antiken Stofftapeten in pastelligen Grüntönen und Blumenmustern geschmückt. Morgens schien hier aufgrund der Lage in Richtung Osten schon früh die Sonne durch die bodentiefen Fenster herein, was dem Raum besonders am Vormittag einen warmen Glanz verlieh. Diesem Umstand verdankte der Salon seinen Namen. Doch jetzt am winterlichen, grauen Nachmittag haftete auch den fröhlichen Tapeten etwas Graues und Trostloses an, das zu Kristies ungewohnt heftigem Gefühlsausbruch und zu den betretenen Mienen von Davids Familie und der beiden Polizisten, die ebenfalls anwesend waren, zu passen schien.

Ich konnte mir auf Kristies unbeherrschtes Schluchzen keinen Reim machen und ein Seitenblick auf David verriet mir, dass auch er nicht wusste, was los war. Kristies sonst so selbstbewusstes, überlegenes Auftreten war verschwunden. Sie wirkte wie ein Häufchen Elend mit den verquollenen Augen und dem verschmierten Make-up. Ihre elegant geschwungene Oberlippe bebte und sie presste sich, um Beherrschung bemüht, ein Taschentauch vors Gesicht. DI Jones saß neben ihr und reichte ihr ein weiteres Papiertaschentuch, weil das erste bereits vollkommen aufgelöst war.

„Kristie?" Davids Stimme hatte einen seltsamen Unterton angenommen, den Kristie veranlasste, den Kopf zu heben und ihn mit feuchten Augen, die im Licht der Deckenlampe aus altem Kristallglas feucht glänzten, anzublicken. Sie tupfte sich mit dem frischen Taschentuch über das Gesicht und wirkte schon etwas gefasster. Sie erwiderte Davids Blick einen Moment lang, dann fiel er auf mich.

„Es tut mir leid", sagte sie mit vom Weinen belegter Stimme.

Ich hörte ihre Worte, konnte sie aber sekundenlang nicht zuordnen. Vermutlich lag es an der Kreislaufschwäche von vorhin, dass ich noch ein bisschen langsam war. Davids Verstand funktionierte schneller.

„Du warst das? Verdammt Kristie!" Er starrte sie an, Fassungslosigkeit und Wut im Blick. „Ein Mordanschlag?! Sag, dass es nicht wahr ist... Die Pakete... Hast du das alles inszeniert, um Carolyn loszuwerden?"

Den letzten Satz schrie er, und zwar so laut, dass Kristie zusammenzuckte. Sein Körper war sichtlich angespannt. Die Hände waren zu Fäusten geballt und die Fingerknöchel traten weiß hervor, während an seinem Hals eine Ader pochte. Seine Brust hob und senkte sich unter tiefen, mühsamen Atemzügen. Er machte zwei Schritte in den Raum, dann schob sich ihm der zweite Polizist in den Weg. Zumindest nahm ich an, dass er ebenfalls Polizist war, denn der Mann in Zivil wechselte einen einvernehmlichen Blick mit DI Jones. Er trug ein sportliches dunkles Sakko zu Jeans und einem zerknitterten hellen Hemd. Sein dunkler Bürstenschnitt war an den Seiten ergraut und seine Nase sah aus, als wäre sie schon mal gebrochen worden. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte David wachsam.

„Sie sollten sich beruhigen", sagte er betont ruhig, wie aus einem Lehrbuch für Polizisten, während Kristie von ihrem Platz auf dem Sofa zu David aufblickte und dieser sie noch immer finster taxierte.

Davids Blick heftete sich auf den um Deeskalation bemühten Polizisten. „Ich soll mich beruhigen? Sie hat... –" Verdammt nochmal, wollen Sie sie nicht verhaften?!"

„Das wird nicht nötig sein", sagte der Polizist. „Miss Donner hat den Anschlag nicht verübt, denn sie hat für den besagten Zeitpunkt ein Alibi und auch die Pakte stammen sehr wahrscheinlich nicht von ihr. Miss Donner war gerade dabei, uns alles zu erzählen, also schlage ich vor, wir lassen sie ausreden."

David gab ein schnaubendes Geräusch von sich, nickte dann aber und trat einen Schritt zurück, näher zu mir. Ich griff nach seiner Hand und als sich seine Finger um meine schlossen, schien er sich ein wenig zu entspannen. Doch er fixierte noch immer Kristie und wartete auf die angekündigte Erklärung.

Love Christmas - A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt