David
Am Empfang des Krankenhauses fragte Carolyn nach der Zimmernummer ihrer Großmutter und ich folgte ihr, nachdem sie die Auskunft erhalten hatte, zum Fahrstuhl. Wir stiegen ein und nach uns noch einige andere Leute, so dass wir nebeneinander ganz hinten an der Wand standen, während sich die Türen mit einem Surren wieder schlossen und sich der Aufzug nach oben bewegte.
„Danke", flüsterte sie, zu mir aufblickend. Ihr Blick war zaghafter, als vorhin, als sie sich hatte umarmen lassen, aber das war wohl nicht verwunderlich, nach allem, was heute geschehen war, vielleicht noch geschehen würde.
„Kein Problem."
Ihr Blick richtete sich wieder nach vorne auf den Rücken eines Pflegers im blauen Kittel. Vielleicht war es Zufall, weil wir so nah beeinanderstanden, oder Magnetismus, wer weiß das schon so genau? Jedenfalls berührte meine Fingerspitzen ihre Finger. Als ich spürte, wie eiskalt sie waren, schloss ich meine warme Hand ohne nachzudenken darum, hoffte, dass ich ihr damit ein bisschen Halt geben konnte. Ich hörte sie zitternd Luft holen, ihre Finger zuckten, als wollte sie sie mit entziehen, aber das tat sie erst, als wir im richtigen Stockwerk den Fahrstuhl verließen.
Der Geruch nach Putz- und Desinfektionsmitteln biss mir in die Nase, als wir den langen, tristen Krankenhausflur entlanggingen. Wir waren allein und unsere Schritte halten laut auf dem Linoleum, während wir an unzähligen nummerierten Zimmertüren vorbeigingen. Das Zimmer, in dem ihre Großmutter lag, war noch ein ganzes Stück entfernt. Ich hasste Krankenhäuser. Alles erinnerte mich an das Krankenhaus, in das mein Dad nach seinem Herzinfarkt eingeliefert worden war. In dem er gestorben war. Ich wusste nur zu gut, wie Carolyn sich fühlen musste.
„Ich bin da, ja?", flüsterte ich ihr im Gehen zu.
„Ja."
Ich konnte das kleine Wort kaum hören und mir blieb nur zu hoffen, dass ihr meine Gegenwart ein bisschen Trost und Zuversicht spendete.
Wir bogen um eine Ecke, wo sich ein kleiner Wartebereich mit hellblauen, abgenutzten Polsterstühlen und einem kleinen Tisch mit einer staubigen Kunstblume in einem beigen Übertopf darauf befand.
„Dad", sagte Carolyn und ging auf einen mittelgroßen, untersetzten Mann mit grau meliertem Haar, zu, das sich an den Schläfen bereits zurückzog. Er breitete die Arme aus und zog Carolyn an sich. Ein bisschen unbeholfen tätschelte er ihr mit großen, abgearbeiteten Händen den Rücken. Es sah aus, als wäre die Geste ungewohnt für ihn.
„Wie geht's ihr?", hörte ich Carolyn gedämpft fragen.
„Ich weiß es noch nicht, Schatz. Die Schwester sagt, wir sollen hier warten."
„Wo sind die Jungs?"
„Sandra ist noch mit Luke beim Röntgen. Sam ist auch mitgegangen. Es ist wahrscheinlich nur ein verstauchtes Handgelenk, aber die Ärzte wollen sicher gehen. Mom ist noch beim Arbeiten. Sie kann einen Tag vor Weihnachten nicht früher gehen."
Carolyn nickte verständig und löste sich langsam aus der Umarmung ihres Vaters. Der hob den Blick und musterte mich fragend. „Und Sie sind?"
Ich trat vor und hielt Carolyns Vater die Hand hin. „Ich bin David. Ein Freund von Carolyn. Ich habe sie hergefahren. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Montrose."
„Das ist nett von Ihnen." Mr Montrose hatte einen kräftigen Händedruck, wirkte aber ansonsten ziemlich verstört. Ganz offensichtlich erkannte er mich nicht, worüber ich gerade wirklich froh war.
Einen Moment lang standen wir drei unschlüssig herum. Carolyns Vater wirkte müde und niedergeschlagen und Carolyn sah auch nicht besser aus.
„Setzt dich doch zu deinem Dad. Ich habe auf dem Weg hierher einen Snackautomaten gesehen. Soll ich dir was mitbringen?"
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Love Christmas - A Cinderella Story
RomanceCarolyn ist für alle da: Ihre alleinerziehende Schwester und deren Zwillinge, die pflegebedürftige Großmutter und ihren Chef, für den Überstunden nichts zählen. Für sich selbst bleibt keine Zeit. - Bis sie ihre beste Freundin zu einem vorweihnacht...